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Trigger - Dorn, W: Trigger

Titel: Trigger - Dorn, W: Trigger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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und das Huhn fügte hinzu: »Da ist bloß Wald, mehr nicht. Bis zum nächsten Ort sind es bestimmt zehn Kilometer«, was die Dicke mit einem »Wenn nicht mehr« bekräftigte.
    »Haben Sie unterwegs ein Mädchen in einem Kleid gesehen, etwa zehn Jahre alt?«

    »Nö«, grunzte die Dicke. »Ich …«
    »Ihre Tochter?«, fiel ihr das Huhn ins Wort. »Hat sie sich verlaufen?«
    Ellen stand auf, wobei sie sich am Baumstamm entlang hochschob. »Nein, ich dachte nur, ich hätte hier vorhin ein Mädchen gesehen.«
    Das Huhn kicherte. »Ja, ja, wenn man allein im Wald ist, kann man hin und wieder die verrücktesten Sachen sehen. Zumindest glaubt man, dass man sie gesehen hat. Und dann war’s doch nur ein Baum oder ein Reh. Aber jetzt müssen wir weiter, ehe die Muskulatur auskühlt.«
    Wo du Recht hast, hast du Recht, dachte Ellen und sah dem ungleichen Paar hinterher. Allerdings war sie sich nicht sicher, womit sie dem Huhn mehr Recht gab: mit der auskühlenden Muskulatur oder mit den seltsamen Erscheinungen, die man im Wald haben konnte. Dann wurde ihr schlagartig übel, und sie erbrach sich neben dem Baum, an den sie sich gestützt hielt.
    Als Ellen auf dem Personalparkplatz der Waldklinik angekommen war, bereute sie erstmals, diesen niedrigen Zweisitzer zu fahren, von dem manche Beifahrer – allen voran Chris – schon gelästert hatten, man brauche einen Schuhlöffel, um überhaupt einsteigen zu können.
    In der Tat wäre ihr nun ein übergroßer Schuhlöffel, ein Kran oder dergleichen sehr willkommen gewesen, um einigermaßen schmerzfrei aussteigen zu können. Trotzdem schaffte sie es.
    Mark fuhr einen schwarzen Volvo V70. In dessen Laderaum hatte sowohl Ellens Gepäck als auch das der beiden anderen Kollegen locker Platz gehabt, als sie damals zu der
Fortbildung über Antipsychotika gefahren waren. Es war eine lustige Fahrt gewesen, sie hatten viel gelacht, besonders über den Vanille-Stinker an Marks Rückspiegel, der irgendwann einen Freiflug aus dem offenen Fenster bekommen hatte.
    Doch nun sah sie den schwarzen Kombi aus einem anderen Blickwinkel. Wie er so unter einer der Linden stand, die den Parkplatz säumten, wirkte er dunkel und unheimlich. Jetzt passten in den Laderaum nicht mehr nur eine Menge Koffer, er bot auch genügend Raum für eine Frau. Wenn man sie betäubte und unter der ausziehbaren Abdeckung verbarg, war es kein Problem, sie dort verschwinden zu lassen.
    Noch immer wehrte sich alles in Ellen gegen diese Vorstellung. Vor allem, weil sie keinen Grund sah, warum Mark ihr – und besonders dieser Frau – so etwas antun sollte. Aber ein Griff auf die noch warme Motorhaube und der Staub und die Tannennadeln in den Radkästen sprachen eine eindeutige Sprache.
    Ellen durchsuchte ihre Jackentaschen und fand ein Päckchen Pfefferminzbonbons. Sie zitterte so sehr, dass das erste Bonbon auf den Boden fiel. Mit dem zweiten hatte sie Erfolg. Sie fühlte sich am Ende, zitterte wie eine Hundertjährige, war körperlich lädiert und von oben bis unten verdreckt. Noch dazu gab es irgendwo da draußen eine Frau, die um ihr Leben fürchten musste. Und so, wie es aussah, war Mark – ihr freundlicher Kollege Mark – für all das verantwortlich.
    Zeit zu reden, Freundchen!
     
    Der Pfleger musterte Ellens vor Schmutz starrende Kleidung mit verwundertem Gesicht. Sie überging dies mit der Frage, ob sie Dr. Behrendt sprechen könne.

    »Tut mir leid. Er ist gerade in einem Patientengespräch. Wird wohl noch eine Weile dauern. Kann ich ihm etwas ausrichten?«
    »Dann werde ich eben hier auf ihn warten.«
    Ellen wollte sich schon an dem Pfleger vorbei ins Stationszimmer schieben, als dieser sie zurückhielt. Dabei fuhr sie vor Schmerzen zusammen.
    »Sind Sie hingefallen?«
    »Kann man wohl sagen. Haben Sie einen Kaffee, solange ich auf Dr. Behrendt warte?«
    Der Pfleger, ein bulliger Typ, der unter seinem Kittel ein T-Shirt mit dem Aufdruck CHAMPION trug, sah sie betreten an. »Na ja, Frau Dr. Roth, das ist mir eigentlich nicht so recht. Ich meine, klar können Sie einen Kaffee haben, aber eigentlich … Ich will sagen …« Er lief tiefrot an, was bei so einem Kleiderschrank wie ihm irgendwie albern aussah.
    »Was wollen Sie sagen?«
    »Na ja, es heißt, Sie seien … na, beurlaubt eben.«
    Sie spürte einen kalten Schauer über ihren Rücken laufen. »Deswegen bin ich trotzdem immer noch Ärztin an dieser Klinik. Was soll das?«
    Wieder druckste der Pfleger verlegen herum, bis er schließlich mit der Sprache

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