Trigger - Dorn, W: Trigger
es!«
Kurzes Schweigen. Irgendwo weit entfernt am anderen Ende der Leitung schluchzte die Frau, und im Hintergrund war ein seltsames metallisches Geräusch zu hören. Wie das Scheppern von Blech, das von einem hohen Summen begleitet wurde. Es schien verrückt, doch Ellen glaubte, ein solches Geräusch schon einmal gehört zu haben. Nur wo?
»Also gut, du hast noch eine Chance. Aber du solltest keine Zeit mehr vertrödeln. Das Reich des Erträglichen ist endlich. Also nutze mein Geschenk.«
»Das werde ich. Versprochen!« Sie musste ihn noch etwas hinhalten – nur ein ganz kleines bisschen, bis sie sich erinnerte, wo sie das Scheppern und das Summen schon einmal gehört hatte. »Bitte, tun Sie ihr nicht weh, ja?«
Zur Antwort tutete das Freizeichen. Fluchend rief Ellen das Menü ihres Handys auf. Sie wählte Angenommene Anrufe aus und fand in der Rubrik Rufnummerdetails erneut die Meldung, die sie schon befürchtet hatte: Nummer unterdrückt.
Dieser Kerl, der Schwarze Mann, das Arschloch mit den spitzen Knien, wie auch immer er wirklich heißen mochte, er hatte die Rufnummernunterdrückung seines Telefons aktiviert.
Was hast du denn erwartet? Etwa, dass er dir seine Nummer hinterlässt, mit der Einladung, bei der Telefongesellschaft nach seinem Namen zu fragen?
Natürlich hatte sie das nicht erwartet, aber einen kurzen Moment darauf gehofft – so, wie sie manchmal hoffte, dass sich eine schlimme Erstdiagnose als Fehleinschätzung erweisen würde, obwohl sie mit großer Sicherheit davon ausgehen konnte, dass die Laborwerte die Richtigkeit ihres Befunds beweisen würden.
Nein, wer immer dieser Verrückte auch war, er handelte nicht unüberlegt. Er hatte sich einen Scherz daraus gemacht, ihren Verdacht auf Mark zu lenken. Er fand es lustig, dass sie sich selbst allmählich für paranoid hielt. Ellen Roth, die Psychiaterin mit dem Verfolgungswahn. Ein genialer Witz.
Ellens Gedanken jagten wie wild durch ihren Kopf. Wenn es nicht Mark war, wer konnte dieser Wahnsinnige dann sein?
Spielte etwa einer ihrer ehemaligen Patienten ein übles Spiel mit ihr? Zwar stand sie noch nicht allzu lange in ihrem Beruf, aber lange genug, um einigen wirklich durchgeknallten Psychopathen begegnet zu sein.
Einer von ihnen hatte beinahe jeden Abend vor seiner völlig gelähmten Mutter onaniert, ehe ihn eine ambulante Pflegerin, die etwas im Haus vergessen hatte, bei ihrer unerwarteten Rückkehr dabei erwischt und angezeigt hatte.
Ein anderer hatte während eines psychotischen Schubs einen Hammer von einer Straßenbaustelle mitgehen lassen und einer wildfremden Passantin damit den Schädel eingeschlagen, weil er, laut seiner Schilderung, statt ihres Gesichts einen Schweinekopf gesehen hatte, der ihn verhöhnte.
Am meisten zugesetzt hatte ihr die Geschichte einer Patientin, die den Stimmen in ihrem Kopf gefolgt war und ihre drei Wochen alte Tochter kopfüber in die Toilette gedrückt hatte, bis der weiche Schädelknochen nachgegeben hatte. Diese Patientin war es auch gewesen, die auf einen Therapeuten während der Beschäftigungstherapie losgegangen war, als die Patientengruppe dabei gewesen war, eine Kollage aus Filz und buntem Papier zu erstellen. Sie hatte ihm eine Tapezierschere – die er aus Unachtsamkeit nach dem Schneiden der Filzballen hatte herumliegen lassen – in die Hüfte gerammt und seine rechte Niere nur um Haaresbreite verfehlt.
Ja, es gab sie, diese sogenannten Psychopathen – Menschen, die aufgrund einer Störung ihres Gehirnstoffwechsels zu unberechenbaren Monstern geworden waren. Nun, so schien es, hatte sich eine solche Person darauf eingeschossen, Ellen in den Irrsinn zu treiben.
Das hat er ja schon beinahe geschafft. Mein Kollege denkt inzwischen, ich sei reif für die Klapsmühle. Und hätte ich nicht diese Rorschachmuster auf Brust und Armen – und erst recht auf dem Rücken -, würde ich mich vielleicht schon selbst so einschätzen.
Wenn die Schmerzen, die sie noch immer empfand, wirklich zu etwas gut waren, dann, um ihr zu bestätigen, dass sie sich diesen Wen-auch-immer nicht eingebildet hatte – ebenso wenig wie die Patientin ohne Namen oder das Mädchen im Wald.
Doch woher hatte dieser Jemand ihre Handynummer? Sie hatte die Nummer nur ein paar sehr engen Freunden und einigen Kollegen gegeben, mit denen sie bei Bedarf die Schicht tauschen konnte, wenn ihr etwas dazwischenkam. Aber konnte eine dieser Personen ein solcher Psychopath sein?
Nach dem fatalen Fehler, Mark zu verdächtigen –
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