Trigger - Dorn, W: Trigger
was ihr ein zunehmend schlechtes Gewissen bereitete -, scheute sie davor zurück, noch jemand anderen aus ihrem engsten Umfeld zu beschuldigen.
Die einfachste Möglichkeit war natürlich, dass dieser Jemand ihre Nummer von einem ihrer Bekannten erfahren hatte. Es musste nicht einmal absichtlich geschehen sein. Vielleicht war dieser Jemand für einen kurzen Augenblick mit dem Handy eines ihrer Kollegen allein im Behandlungszimmer gewesen. Irgendetwas in der Art.
Sie solle keine Zeit mehr vertrödeln, hatte der Schwarze Mann gesagt. Tatsächlich blieb ihr auch nichts anderes übrig. Wenn sie sich jetzt nicht auf das einließ, was er als faires Spiel bezeichnete, würde er diese Frau weiter foltern. Und sicherlich auch das Mädchen. Sie musste mitspielen. Eine andere Chance sah sie nicht, seine wahre Identität herauszufinden – und die brauchte sie, schon allein, um sich selbst zu schützen.
Am wichtigsten waren jedoch die Frau und das Mädchen. Der Gedanke an die beiden und an das, was möglicherweise
in diesem Moment mit ihnen geschah, ließ wieder die unsichtbare Hand nach ihrem Innersten greifen.
Du musst dich zusammenreißen! Lass nicht zu, dass dich die Angst beherrscht, redete die innere Kämpferin auf sie ein, und Ellen stimmte ihr zu.
Sie brauchte jetzt einen klaren Kopf, um einen Beweis zu finden, der die wahre Identität des Schwarzen Mannes enttarnte. Dann würden ihr die Polizei und auch Mark glauben. Natürlich hätte sie jetzt auch Mark anrufen, sich bei ihm entschuldigen und ihm von den neuen Ereignissen berichten können. Aber hätte er ihr geglaubt, nachdem sie ihn kurz zuvor als einen Psychopathen bezeichnet hatte? Sie wagte nicht, es herauszufinden. Dafür hatte sie schon viel zu viel Porzellan zerschlagen.
Bis sie wusste, wer der Schwarze Mann war, war sie auf sich allein gestellt und musste das Spiel dieses Wahnsinnigen mitspielen.
Das Reich des Erträglichen ist endlich, hallten ihr seine Worte nach. Es geht los.
Kapitel 18
Der Mann hinter der Theke des Mister-Minit -Schalters sah dem Männchen auf dem Logo der Schlüsseldienst- und Schuhreparaturkette ziemlich ähnlich. Auch er trug einen Overall, der so blau wie die Leuchtreklame über dem Stand war, hatte schwarzes, zur Seite gekämmtes Haar und einen
Was-kann-ich-für-Sie-tun -Ausdruck um die fröhlich dreinblickenden Augen.
Ja, fand Ellen, fehlt nur noch die typische Voilà -Geste, und er wäre von seinem skizzierten Ebenbild nicht mehr zu unterscheiden.
Dieser Mister-Minit -Mann hieß Rashid, wie das Schild auf der Theke verriet. Die Freundlichkeit, die er schon von Weitem ausstrahlte, ließ ihn inmitten des Kaufhaustrubels, der rund um den Stand herum toste, wie eine Oase wirken.
»Schönen guten Abend, die Dame«, empfing er sie in melodischem Tonfall und legte einen Damenschuh beiseite, von dem er den Stummel eines abgebrochenen Absatzes entfernt hatte. »Was kann ich für Sie tun?«
Trotz der Schmerzen in ihrem Rücken und trotz der Tatsache, dass dies wohl der schlimmste Tag ihres Lebens war – an die beiden kommenden wollte sie noch gar nicht denken -, konnte Ellen nicht anders, als das ansteckende Lächeln zu erwidern.
»Ich habe hier einen Schlüssel und wüsste gern, zu welcher Art Schloss er gehört.« Sie holte den Schlüssel hervor, von dem sie den Anhänger mit der Aufschrift Es geht los wohlweislich entfernt hatte, und legte ihn auf die Theke.
»Nichts leichter als das.«
Rashid hob den Schlüssel auf, als handele es sich um einen besonders kostbaren Gegenstand.
»Ich kenne das nur zu gut«, sagte er, während er den Schlüssel von allen Seiten begutachtete. »Da hat man unzählige Schlüssel bei sich zu Hause liegen, viele davon haben längst keine Verwendung mehr, aber man will sich nicht von ihnen trennen, weil man denkt, man braucht sie
irgendwann doch noch mal. Und dann weiß man auf einmal nicht mehr, wofür der Schlüssel eigentlich da ist.
In diesem Fall würde ich sagen … hm, nein, ich bin mir sogar ziemlich sicher … ja, definitiv, es ist ein Briefkastenschlüssel.«
Ellen hob erstaunt die Brauen. »Sind Sie sich da ganz sicher?«
»Absolut. Sehen Sie, hier ist der Herstellername eingeprägt. Diese Firma produziert nichts anderes als Briefkästen, dafür aber in allen Formen und Farben.«
»Aha.«
Rashid reichte ihr den Schlüssel zurück. »Kann ich sonst noch etwas für Sie tun?«
»Können Sie anhand des Schlüssels herausfinden, zu welcher Art von Briefkasten er gehört?«
Mit einem
Weitere Kostenlose Bücher