Trigger - Dorn, W: Trigger
sehen müssen, wenn du es nicht selbst warst.«
Langsam griff Mark in seine Jackentasche. Ellens Finger krampften sich um den Auslöser der Spraydose. Als sie sah, wie er ein Päckchen Zigaretten herausholte, ließ sie den ausgestreckten Arm sinken.
Nicht der Marlboromann, flüsterte eine innere Stimme ihr zu. Er ist der Camelmann.
Machte das einen Unterschied?
Mark steckte sich eine Zigarette an und stieß schnaubend Rauch durch die Nase aus. »Klar, und es macht mich auch an, meine Kollegin im Wald zu verprügeln. Dazu hatte ich Lust. Das macht mich heiß, weißt du. Natürlich habe ich auch diese traumatisierte Frau und ein kleines
Mädchen entführt. Das gibt mir ein Machtgefühl. Hast du denn nicht gewusst, dass ich ein Psychopath bin?«
Vielleicht stimmte das sogar, durchfuhr es sie. Vielleicht war das, was er ihr gerade mit jeder Menge Zynismus vermittelte, die Wahrheit. Was wusste sie schon wirklich über ihn? Sie starrte auf seine Hand, die vollkommen ruhig blieb, während er die Zigarette zum Mund führte. War es dieser Mund gewesen, der sich ihrem Ohr genähert und ihr all die Verrücktheiten zugeflüstert hatte? Waren es diese Hände, die die namenlose Frau geschlagen hatten?
Vielleicht verschaffte es ihm wirklich Befriedigung, wenn er Frauen quälte, ihren Widerstand brach, bis sie ihn anflehten, seine perversen Spiele zu beenden.
Ihr war, als griffe eine riesige unsichtbare Hand nach ihren Eingeweiden und quetsche sie mit aller Kraft zusammen.
Zornig schüttelte Mark den Kopf. »Meine liebe Ellen, es tut mir leid, das sagen zu müssen, aber du leidest unter einer gottverdammten Paranoia.«
Er stieg in seinen Wagen und knallte die Tür zu. Dann fuhr er rückwärts aus der Parklücke, doch bevor er auf die Ausfahrt zuhalten konnte, stellte sich Ellen ihm in den Weg.
»Sag mir endlich die Wahrheit!«, schrie sie ihn an, beide Hände auf die Motorhaube gestemmt. »Du hättest diesen Kerl sehen müssen!«
Mit unbeweglicher Miene blickte Mark sie durch die Windschutzscheibe an.
»Du willst, dass ich mich selbst für verrückt halte, nicht wahr? Aber warum nur, Mark? Sag mir doch einfach, warum! Was haben diese Frau und ich dir nur getan?«
Er legte den Rückwärtsgang ein und fuhr einige Meter
zurück. Dann gab er Gas, schoss an Ellen vorbei und verschwand vom Parkplatz.
Am ganzen Leib zitternd, sah sie dem schwarzen Volvo hinterher, wie er die Zufahrtsstraße zur Klinik entlangfuhr. Gerade als Mark auf die Schnellstraße abbog, meldete sich ihr Handy. Beinahe automatisch nahm sie den Anruf an.
»Hallo, Ellen«, meldete sich die Stimme des Schwarzen Mannes. »Hast du mein Geschenk bekommen?«
Im ersten Moment war Ellen verdutzt, doch dann meldete sich ihr Verstand.
Kein Fahrgeräusch, rief er ihr zu. Mark ist jetzt auf der Schnellstraße, aber man hört weder Verkehrslärm noch Motorgeräusch!
»Bist du noch dran?«
»Sagen Sie mir endlich, wer Sie sind!«
»Hast heute wohl einen schlechten Tag, was? Kann ich gut verstehen. Dabei warst du dir doch sooo sicher, dass ich Mark bin. Und genau deswegen rufe ich an. Du verschwendest wertvolle Zeit, meine Liebe. Kapier das endlich.«
Sie wollte etwas antworten, wollte ihn anschreien, er solle ihr endlich sagen, was er von ihr wollte, doch bevor sie dazu kam, hörte sie ein Knacken in der Leitung. Zuerst dachte sie, er habe die Verbindung unterbrochen. Doch als sie gleich darauf die Frauenstimme hörte, begriff sie, dass er das Telefon weitergegeben hatte.
»Bitte!«
Ein wimmerndes Flehen. Ellen erkannte die Stimme ihrer Patientin wieder. Die Frau ohne Namen! Nun klang sie noch viel mehr wie ein Kind – wie ein Kind in Todesangst.
»Bitte, tu, was er sagt«, schluchzte sie. »Er tut mir weh. Ich kann nicht mehr. Bitte!«
»Wo sind Sie?«, fragte sie hastig. Ihr Herz schlug wie im Koffeinrausch.
Noch bevor die Frau ihr antworten konnte, hörte sie wieder die Stimme des Entführers.
»Tststs, du spielst noch immer nicht fair. Dabei hat sie vollkommen Recht. Ich werde ihr weiterhin wehtun, wenn du nicht mitspielst. Sehr weh, verstehst du? Dagegen war unser kleines tête-à-tête vorhin ein Kindergeburtstag.«
Im Hintergrund schrie die Frau auf. Ellen konnte nicht wissen, ob es ein Schmerzensschrei war oder ein Schrei aus Angst vor ihm oder vor etwas, das er ihr in Androhung weiterer Folter zeigte, aber sie wusste, dass ihr allein dieser eine Schrei noch lange nachgehen würde.
»Okay, okay«, rief sie eilig. »Ich spiele mit. Ich mache
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