Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
er auch die Tatsache komplett ausgeblendet, dass Jimmy bei ihm wohnen würde. Er hatte einfach nicht mehr daran gedacht!
Braun wusste zwar noch, dass Margot vergangene Woche angerufen hatte, konnte sich aber beim besten Willen nicht mehr an den Inhalt des Gesprächs erinnern. Er war zu sehr mit seinem angeknacksten Ego beschäftigt gewesen. Dass ihn der dünne Gregor Pestalozzi so einfach plattgemacht hatte, nagte nach wie vor an ihm. Deshalb hatte er auch wie immer nur halb zugehört. Hatte einfach den vereinbarten Termin total verschwitzt. Wurde jetzt von ihr mit eisiger Stimme daran erinnert, warum er Jimmys Sachen noch nicht abgeholt hätte. Aber das sei sie ja von Braun gewöhnt und Margots Freund würde Jimmys Sachen zu Braun bringen und einfach vor die Tür stellen, wenn er nicht zu Hause wäre. Brauns Gedanken wanderten in seine verwahrloste Wohnung mit leeren Bierdosen in jeder Ecke und dem zur Abstellkammer umfunktionierten Gästezimmer.
Diese Scheiße kann ich Jimmy nicht zumuten!
Doch diese Bedenken behielt er lieber für sich, zu Margot sagte er nur cool und vielleicht ein wenig zu flapsig, dass sein Sohn willkommen sei, wenn er ihn noch erkennen würde und dass er sich freue, wenn es zwischen Vater und Sohn wieder so sein würde wie früher.
„Nicht so wie früher!“, unterbrach ihn Margot mit leicht aggressivem Unterton in der Stimme. „Nicht so wie früher!“, wiederholte sie drohend und Braun wusste, dass sie ihm den Zwischenfall mit den beiden erschossenen Dealern, den Jimmy direkt mitbekommen hatte niemals verzeihen würde. Er tippte auf den roten „Aus“-Balken und schickte Margots Stimme zurück in den lichtlosen Raum, in dem sich ihre Spuren vor Jahrzehnten einmal gekreuzt hatten.
11. Ein Mann dreht auf
Der Saal, in dem die Pressekonferenz stattfand, war die Realität gewordene Pop-art-Phantasie eines Linzer Künstlers. In den 60er-Jahren hatte dieser ein Faible für geschwungene und möglichst bunte Glasleuchten entwickelt und so hingen die verstaubten und teilweise beschädigten Kugeln in allen Farben und Abwandlungen von der messingverzierten Decke. Die Wände waren mit riesigen knallbunten Siebdrucken geschmückt, die Film-Stills aus klassischen Kriminalfilmen darstellten: der „Malteser Falke“ oder „Vertigo“. Stühle und Teppichboden strahlten in orange-violettem Ornamentmuster und waren extra für die Pressekonferenz frisch gereinigt worden. Der große Saal war der erklärte Stolz des Polizeipräsidenten und dem Vernehmen nach bemühte er sich schon seit Längerem, ihn unter Denkmalschutz stellen zu lassen.
Als Polizeipräsident Wagner, der Psychiater Goldmann, Oberstaatsanwalt Ritter und als Letzter Tony Braun auf dem Podium Platz genommen hatten, startete wie auf Kommando das einschüchternde Klicken und Surren der Kameras und Fotoapparate. Mikros wurden auf dem Podium in Stellung gebracht, Kameras mit Laserpointern wie Schusswaffen eingestellt und eine erwartungsvolle Stille senkte sich über den Raum, als Big Boss Wagner die anwesenden Journalisten mit den üblichen Floskeln begrüßte und dann sofort zu Goldmann überleitete. Gelangweilt ließ Braun den Blick über die Reihen der Journalisten gleiten. Viele von ihnen kannte er vom Sehen, einige mit Namen, aber es waren auch viele dabei, die Braun noch nie gesehen hatte. Eine ermordete Miss World war für Linz eine große Sache, da machten alle Zeitungen, Fernsehstationen, die Internetradios und Web-TV-Stationen mobil. Jeder wartete auf die perfekte Schlagzeile, die enthüllende Backgroundstory, jeder wollte der Erste sein, der seine Leser mit den entscheidenden Details fütterte.
In der vorletzten
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