Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
seinem eigenen Erstaunen noch. Der Traum, aus dem er soeben hochgeschreckt war, hatte ihn zutiefst verstört. Erst warf ihn ein Schlag zu Boden, dann stürzte eine undefinierbare Masse auf ihn, begrub ihn unter sich, so dass er keine Luft mehr bekam und ihn das Gefühl beschlich, sein Herz höre einfach auf zu schlagen. In diesem Moment erwachte er. Draußen herrschte noch tiefe Nacht. Verstört rieb er sich die Augen. Er war in seiner Kleidung auf einem Stuhl in seinem Wohnzimmer eingeschlafen. Seine schwarze Reisetasche lag noch auf dem Boden und sein iPod auf dem niedrigen Glastisch.
Hellwach tappte er aus dem Wohnzimmer und stieg die breite Treppe hinunter ins Esszimmer. Alle Besucher des „Tankers“ waren von dieser Treppe fasziniert. „Tanker“ hatten er und seine Frau das Haus genannt, als sie es kurz nach seinem dreißigsten Geburtstag kauften. Mit seinem weit über die Wände heruntergezogenen schwarzen Dach und den schmalen hohen Fenstern erinnerte es tatsächlich an ein wuchtiges, düsteres Schiff. Doch innen war es großzügig und elegant, mit hohen Wänden und Marmorböden. Der ideale Rückzugsort für einen internationalen Kreativdirektor und seine Frau, eine exzentrische Fotokünstlerin. Dieses Haus wurde zu einem Fixpunkt, zu einer Konstanten in ihrem hektischen Leben. Ein Ruhepol, wenn sie aus den Metropolen dieser Welt zurückkamen in ihr beschauliches Linz, das klar und übersichtlich war, wenn sie sich in ihrem Haus verschanzten und taten, was sie schon immer getan hatten und immer tun würden. Damals glaubte er noch, sein Leben unter Kontrolle zu haben, doch jetzt ahnte er, dass es so etwas wie Kontrolle nicht gab. Jetzt lebte er alleine und war auf sich selbst angewiesen.
Er sah auf seine Armbanduhr – erst vier Uhr morgens, noch verdammt viel Zeit, bis endlich die Schatten der Nacht verschwanden und der Tag mit seinem geregelten Ablauf begann. Er griff sich sein iPhone und wählte die Nummer seines Laufpartners Tony Braun, Chefinspektor der Mordkommission Linz.
„Hallo Tony, bin um sechs Uhr an unserem üblichen Treffpunkt am See, vielleicht hast du Lust, ein paar Runden zu laufen“, sprach er auf die Mobilbox.
*
Das Display des vibrierenden Handys leuchtete im Dunkeln. Automatisch griff Tony Braun danach, legte es aber nach einem kurzen Blick auf die Nummer zurück auf den Tisch und konzentrierte sich wieder auf die Bilder, die den Bildschirm seines Laptops ausfüllten. Er klickte eines der Fotos an. Links stand eine blonde Frau mit einem bunten Strandtuch um die Hüften gebunden, liebevoll den Arm um einen grinsenden Jungen gelegt. Rechts kniete er und hielt lachend eine Muschelkette zur Kamera. Seine schwarzen Haare waren vom Wind zerzaust. Im Hintergrund erstreckte sich eine weißgetünchte Clubanlage mit riesigen Palmen – irgendwo in Spanien, genau wusste er das nicht mehr. Ein anderes Bild zeigte ihn mit dem Kind auf den Schultern, der Junge krallte die Finger in seine Haare, beide strahlten glücklich in die Kamera. Er war schon immer ein Familienmensch gewesen, die Familie ging ihm über alles …
Braun lehnte sich auf der Couch zurück, verschränkte die Arme hinter dem Kopf, sah auf die leere Wand gegenüber. Selbst in der Dunkelheit bemerkte man den grauen Rand, der den Platz eines nicht mehr vorhandenen Bildes umgrenzte. Ein Bild, das Margot, seine Exfrau, ausgesucht hatte. Oder war es ein Filmplakat gewesen? Er konnte sich nicht mehr daran erinnern. Neben dem Laptop lag sein Schulterhalfter auf dem Tisch, der schwarze Griff der Pistole glänzte im diffusen Licht des Bildschirms. Für einen kurzen Augenblick dachte er daran, die Pistole aus dem Halfter zu nehmen und einfach abzudrücken.
Schnell verdrängte er diesen
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