Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
verdient, Jonas?“
„Oh ja!“, flüsterte Jonas und sein Blick wurde verhangen und er flog weit weg, zurück in eine grausame Vergangenheit.
„Oh ja, ich habe diesen Dämon verdient!“
28. Die Einsamkeit des Sterbens
Die Schatten der Vergangenheit lassen sich nicht abschütteln. Man kann falsche Fährten legen, jahrelang verschwinden und an einem anderen geheimen Ort wieder auftauchen, aber sofort sind sie wieder da, die Erinnerungen, Akten und Protokolle, die schwarz auf weiß beweisen, dass man zum Kreis der Verdächtigen gehört.
Dimitri di Romanow stand in seinem Atelier vor dem großen Spiegel und zurrte das Metallmieder so eng zusammen, dass ihm für einen Augenblick die Luft wegblieb und er befürchtete, in Ohnmacht zu fallen. Doch anders als sonst bereitete ihm das Schnüren keinen Lustgewinn, im Gegenteil, je fester er das Mieder um seine Taille zusammenzog, desto deprimierter war er. Die Gedanken rasten durch seinen Kopf, die Stimme des Polizisten am Telefon wollte einfach nicht verschwinden, immer wieder hörte er die aggressiven Vorwürfe:
„Sie sind unser Hauptverdächtiger! Wir werden Sie schon noch kriegen, ein DNA-Vergleich ist immer eindeutig. Tim Kreuzer hat sich sogar Ihren Vornamen auf die Hand tätowieren lassen! DIMI – das ist doch die Koseform von Dimitri. Stimmt das?!“
Natürlich hatte er es zugegeben, denn wozu noch leugnen. Die Zukunft mit Tim hätte so schön sein können. Ja, vielleicht hätte er Tim retten können, wenn er tatsächlich mit dem Boot hinaus auf den See gefahren wäre. Aber er hatte das Boot bloß ins Wasser geschoben, hatte gezaudert und gezögert, um dann wieder unverrichteter Dinge in sein Atelier zu gehen, in seine Klause, denn Dimitri fühlte sich einsam wie ein Eremit.
Die Stimme des Countertenors aus seiner Stereoanlage, der eine Arie von Henry Purcell mit einer noch nie gehörten Inbrunst sang, drang Dimitri bis ins Herz und seine Stimmung verdüsterte sich noch mehr. Suchend starrte er aus einem der Schießscharten-Fenster in den Skulpturen-Park, bildete sich ein, das Waldmädchen am Ufer stehen zu sehen, doch es war nur der Schatten eines Baumes im Regen. Schade, denn er hätte sie gerne gesehen, dieses Mädchen, das genauso einsam war wie er. Er war alleine, alleine in seinem verwunschenen Schloss, alleine mit seinen Gedanken, alleine mit seinen Ängsten.
Immer diese Ängste.
Jawohl, er hatte Angst. Angst, dass seine Vergangenheit von der Polizei breitgetreten werden würde. Der Todesfall in Tallinn, sein Gefängnisaufenthalt, die Presse würde sich auf ihn stürzen. Mit dem DNA-Vergleich würde die Polizei die ganze Wahrheit herausfinden: Er hieß eigentlich Igor Smirnov und hatte nie Modedesign studiert. Sein Lügengebilde würde wie ein Kartenhaus zusammenstürzen. Für die Presse war er ein Freak, der böse Zwerg aus dem Märchen, über den man sich mit einem wohligen Gruseln lustig machen konnte, der aus einer enttäuschten Liebe wieder zum Mörder geworden war.
Das Telefonat mit Inspektor Dominik Gruber war beschämend gewesen. Gruber hatte er ja bei seinem Besuch im Grunde sympathisch gefunden, im Gegensatz zu dessen Vorgesetzten Braun, der ein aggressiver Prolet war. Aber dieser Inspektor Gruber hatte ihn enttäuscht, den in dem Telefonat war nichts mehr übrig geblieben von seiner feinen Art, im Gegenteil, Gruber hatte ihn mit einer harten, gehetzt klingenden Stimme mit belastenden Indizien konfrontiert und ständig unter Druck gesetzt.
Natürlich hatte er herausgefunden, dass sich Dimitri mit Tim in einem Lokal in Gmunden gestritten hatte, dass Tim handgreiflich geworden war, weil er Angst gehabt hatte. Als Dimitri ihn nach
Weitere Kostenlose Bücher