Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
dem Grund für diese Angst gefragt hatte, war Tim aggressiv geworden, hatte immer nur „Das ist eine alte Geschichte!“ geschrien und Dimitri eine Ohrfeige verpasst, als dieser ihn fürsorglich in den Arm nehmen wollte. Das war dann auch das Ende gewesen. Tim war aus dem Lokal gestürmt und hatte Dimitri zurückgelassen, alleine, am Rand eines emotionellen Abgrunds.
Doch Gruber hatte auch noch einen anderen Zeugen aufgetrieben, der Dimitri auf der Promenade gesehen hatte, kurz bevor der Mord passiert war. Natürlich war das richtig, das hatte Dimitri auch widerstrebend zugegeben, wohl wissend, dass er sich dadurch nur noch verdächtiger machen würde.
„Warum haben Sie uns angelogen?“, hatte Gruber dann auch sofort nachgehakt. „Sie haben ausgesagt, dass Sie die ganze Zeit in Ihrem Atelier waren. Der Zeuge kann sich nicht getäuscht haben, denn Sie sind eine auffällige Erscheinung!“
Er wollte einfach keine Schwierigkeiten bekommen, das war eine lahme Ausrede, das wusste er selbst und er spürte, dass sich die Schlinge enger um seinen Hals zusammenzog. Hätte er zugeben sollen, dass er in dem Lokal ein Gespräch belauscht hatte, in dem Tim sich um Mitternacht im Yachthafen mit jemandem verabredete? Hätte er das sagen sollen? Aber wer hätte ihm schon geglaubt. Einem Freak, der fünf Jahre im Gefängnis gesessen hatte und sich die Taille krankhaft eng schnürte. Niemand hätte ihm geglaubt, im Gegenteil. Man hätte Eifersucht als Mordmotiv ins Spiel gebracht. Deshalb hatte er geschwiegen.
Die Musik von Purcell näherte sich einem feierlichen Höhepunkt und mit feuchten Augen summte Dimitri die Melodie mit, drehte sich dabei wie eine Primaballerina vor dem großen Spiegel, doch es wollte sich keine Ekstase einstellen, es blieb nur eine gnadenlose Leere. Als die Musik zu Ende war, hörte Dimitri das Blut in seinen Schläfen pochen und mit den Fingerspitzen tippte er auf die senkrechten Eisenstäbe, die aus dem Blech des Mieders ragten und deren Gefährlichkeit ihn früher so erregt hatte. Immer wieder tippte er dann mit seinen Handflächen auf die scharf gefeilten Spitzen, drückte immer stärker darauf, sodass sich auf seiner weißen Haut rote Abdrücke bildeten.
Mit einem lauten Seufzen löste er die Schnürung des Mieders, zog langsam und andächtig das rote Band aus den Ösen, bis er das Mieder abnehmen konnte. Er spürte, wie sich seine Taille ausbreitete und schlaffe Haut über den Bund seiner schwarzen Hose quoll. Niemals würde er die 43 Zentimeter Idealmaß erreichen, das sah er jetzt ganz klar. Ohne Taille war er nur ein dicklicher Zwerg, ein unnützes Leben, ein Mann, der schon bei Tagesanbruch von der Polizei verhaftet werden würde, als mutmaßlicher Mörder seines Geliebten.
Nachdenklich zog Dimitri die eisernen Stäbe aus dem Mieder, legte sie exakt ausgerichtet auf den Boden, setzte sich im Lotussitz davor, so als würde er meditieren. Doch plötzlich sprang er auf, kramte ein stabiles großes Brett, in das man unzählige Löcher gebohrt hatte, aus einem Regal, legte es auf den eiskalten Steinfußboden.
Ein Kunstwerk zu erschaffen kostet Blut, Schweiß und Tränen, vor allem aber Blut, ging es ihm durch den Sinn, als er langsam die eisernen Stäbe einen nach dem anderen in das Brett steckte. Wie der Kurator eines Museums betrachtete er sein vollendetes Werk, drückte auf die Fernbedienung und der Countertenor begann erneut hell und rein wie ein Engel zu singen.
Von der Musik befeuert, schob er das Brett vor den großen Spiegel, platzierte auch noch zwei Kerzenleuchter links und rechts vom Brett, das mit den gut 30 Zentimeter langen, spitzen Eisenstäben wie das gefährlich eigenwillige Nagelbrett eines
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