Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
oh, du bist ein wahrer Künstler, Jonas! Das ist große Kunst!“ Bülat wedelte mit einem der Blätter, auf dem ein flammendes Herz zu sehen war, das man an ein umgedrehtes Kreuz genagelt hatte.
„Gib mir sofort diese Zeichnungen!“, kreischte Jonas, sprang hoch und riss dem völlig überraschten Bülat die Blätter aus der Hand, rollte sie wieder zusammen, versteckte sie unter seinem schmierigen Parka, riss sie wieder hervor und verstaute sie schließlich in seinem schwarzen Rucksack.
„Du hast kein Recht, dich in meine Privatangelegenheiten zu mischen, einfach kein Recht, einfach, einfach, einfach!“
Die Worte verselbstständigten sich, führten ein Eigenleben und spazierten einfach auf den fetten, schwarzen, glänzenden Fliegen aus seinem geifernden Mund, ohne dass er es verhindern konnte. Er war machtlos und wurde von seinem Zwang an die Wand gedrückt und gnadenlos nach unten gezogen in die Tiefen, in denen der Dämon hauste. Dieser Dämon, der mit dem Eintritt der Pubertät verschwunden war, ihn jedoch vor zwei Jahren plötzlich erneut heimgesucht hatte und der jetzt immer mehr Platz beanspruchte, immer mehr Spielraum wollte.
„Fuck!“, brüllte er und führte einen fast heidnischen Veitstanz auf.
„Fuck, Fuck!“ Unter abgehackten Schreien warf er sich auf den Boden, kratzte mit seinen blutverkrusteten Fingernägeln über den Boden, um die Hornissen in den Fingern zu beruhigen, damit sie endlich aufhören konnten, ständig in seinen Fingern umherzuschwirren, ihn mit ihrem Gift zu stechen, das so höllisch brannte und sich nur mit Kratzen betäuben ließ.
„Fuck! Fuck!“ Dazu verdrehte er seinen Kopf, rollte mit den Augen und wand sich unter Muskelkrämpfen. Er zuckte noch ein- oder zweimal, dann war auch dieser Anfall vorüber und Jonas lag heftig atmend am Rücken auf dem Boden des Lokals.
„Okay!“, keuchte er. „Ich mache den Graffitijob. Bei wem muss ich mich melden?“
„Melde dich bei Eko. Er ist der Trainer der Kickboxer. Sag ihm einfach, Bülat hätte dich geschickt.“
Das Papa-Gesicht von Bülat nahm einen verträumten Ausdruck an, als er zu erzählen begann. „Eko war früher Stuntman. Er hat Günel Izmir in ,Die Brücken von Istanbul‘ gedoubelt. Der Sprung mit dem Motorrad von der Galatabrücke in den Bosporus, das war Eko!“
„Und jetzt ist er Kickbox-Trainer! Das nenne ich eine Karriere!“ Wieder kratzte sich Jonas ein Furunkel in seinem Gesicht blutig.
„Er ist von einem Dach gefallen! Das war bei dem Dreh von ,Gangster im Topkapi‘. Hat sich das Bein schlimm gebrochen und alles Geld ist für die Operationen draufgegangen. Als man dahinterkam, dass er auf Jungen steht, wurde ihm auch die Invaliditätspension gestrichen. Dann ist er nach Österreich ausgewandert und in Linz hängen geblieben.“ Bülat strich sich über seine schimmernde Glatze. „Er ist ein feiner Kerl, aber das Schicksal hat Eko übel mitgespielt.“
„Das Schicksal, das Schicksal!“, äffte ihn Jonas nach und kratzte sich ein weiteres Geschwür unter seinem verfilzten Bart auf. „Jeder hat das Schicksal, das er verdient!“
„Meinst du, und was ist mit dir? Hast du diesen Dämon verdient? Schau dich doch an, was die Krankheit aus dir gemacht hat! Du warst ein so hübscher Junge, mit dem man gerne ins Bett gegangen ist.“ Bülat griff Jonas zwischen die Beine, zog seine Hand aber schnell wieder zurück, als Jonas nervös zu zucken begann.
„Und was bist du jetzt? Ein obdachloser Sprayer mit einer abstoßenden Krankheit, einem Dämon, der immer stärker von dir Besitz ergreift!“
„Dieser Dämon!“, geiferte Jonas. „Dieser Dämon verlässt mich eines Tages auch wieder, dann bin ich geheilt!“
„Dieser Dämon wird dich nie verlassen“, erwiderte Bülat bedächtig. „Ich frage dich noch einmal: Hast du diesen Dämon
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