Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
auf und das Wasser der Pfütze schwappte in seine Springerstiefel.
Auf dem Parkplatz vor dem Friedhof wurde bereits wie verrückt gehupt und am Klang wusste Braun, dass es die Hupe seines Range Rovers war, in dem Jimmy auf ihn wartete. Jimmy, der wieder ungeduldig war und der sich geweigert hatte, ihn auf den Friedhof zu begleiten, da er „alles, was mit dem Tod zu tun hat“, hasste. Das auszusprechen, hatte übrigens Jimmys Therapeutin ihm geraten.
„Okay, Vater“, seufzte er schließlich. „Du hast ja recht, man soll die alten Geschichten ruhen lassen. Das macht dich auch nicht mehr lebendig. Jetzt geht es um Jimmy, ich verstehe, was du mir sagen willst. Aber ich kann nun einmal nicht aus meiner Haut heraus und ich finde das alles absolut zum Kotzen und das werde ich ihr auch mitten ins Gesicht sagen!“ Damit war alles gesagt und Braun holte noch eine einzelne Zigarette aus seiner Sakkotasche, knickte den Filter ab und legte sie auf den oberen Rand der Tafel, wo sie sich langsam im Regen auflöste. Sein Vater hatte immer diese filterlosen Zigaretten geraucht und sich, wenn er gut gelaunt war, eine hinter das Ohr gesteckt. Wie ein richtiger Prolet, hatte seine Mutter dazu gesagt. Er hatte nicht einmal die Gelegenheit gehabt, an Lungenkrebs zu sterben, denn er hatte sein Sterben selbst in die Hand genommen.
Langsam ging er durch die Regenpfützen zurück zum Parkplatz. Spürte nichts. Keinen Regen. War wie benommen.
Stieg in seinen Range Rover.
„Mann, das hat ja ewig gedauert!“, beschwerte sich Jimmy, der sich mit seinen schmutzigen Sneakern am Armaturenbrett abstützte und die Scheibenwischer ständig an- und abdrehte. Jimmy sah zurzeit aus wie eine junge und weniger verlebte Ausgabe von Tony Braun: Er hatte schwarze halblange Haare und die gleichen braunen Augen. Eines davon war allerdings im Augenblick zugeschwollen und schillerte in allen nur erdenklichen Farben.
„Was ist mit deinem Auge passiert?“ Braun flippte beinahe aus, als er seinen Sohn genauer betrachtete, der ihn jetzt auch noch provokant anstarrte. Als er Jimmy von unterwegs aufgegabelt hatte, war ihm die Verletzung überhaupt nicht aufgefallen, denn der Junge hatte trotz Regen und Sturm eine verspiegelte Sonnenbrille aufgehabt. „Hast du dich geprügelt?“, schrie er und schüttelte Jimmy an den Schultern.
„Krieg dich wieder ein, Tony!“ Unentwegt drehte Jimmy an dem Scheibenwischer herum und schnaufte genervt. „Ich besuche doch den Kickbox-Unterricht im Schulsportzentrum. Da ist mir das eben passiert.“
„Ihr boxt dort ohne Kopfschutz?“ Braun schüttelte fassungslos den Kopf. „Mit einem richtigen Kopfschutz wäre das auch nicht passiert“, sagte er und deutete auf den Bluterguss an Jimmys Kinn. „Die können was erleben“, murmelte er und klopfte Jimmy auf die Finger, als dieser wieder den Scheibenwischer ausschalten wollte.
Der Junge presste die Lippen zusammen und steckte sich die Ohrstöpsel seines MP3-Players in die Ohren.
„Finde es ja toll, dass du mich zu Großmutter bringst“, nuschelte er noch, drückte auf die Play-Taste und setzte wieder seine verspiegelte Sonnenbrille auf.
Die Schrebergartensiedlung hatte überhaupt nichts von der putzigen Idylle, die man eigentlich erwartete, denn sie befand sich zwischen einer lokalen Eisenbahntrasse und einem elektrischen Umspannwerk. Die wie riesige Spinnen wirkenden metallenen Strommasten ragten zu beiden Seiten der Schrebergartensiedlung in die Höhe und die armdicken Starkstromleitungen, die direkt über die niedlichen Häuschen führten, surrten unentwegt und luden alles in ihrer näheren Umgebung elektrisch auf.
Wenn man das von Kletterrosen eingerahmte Gartentor mit der
Weitere Kostenlose Bücher