Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
verschnörkelten Inschrift „Gartenfreunde 1887“ öffnete und den schnurgeraden Weg entlangging, der links und rechts von akkurat geschnittenen Hecken flankiert war, gelangte man nach ungefähr hundert Metern zu einem winzigen Häuschen mit rotem Dach, in dessen Garten anstelle der allgegenwärtigen Gartenzwerge mehrere Glaspyramiden standen. Stand man vor der ebenfalls rot gestrichenen Tür, so hatte man nach dem Klopfen ein wenig Zeit, das Türschild zu studieren. „Madame Diodata“ war in verschnörkelten Buchstaben zu lesen und anstelle des i-Punktes war eine Pyramide gemalt.
„Madame Diodata! Was ist das bloß für eine Scheiße“, murmelte Tony Braun, als er vor der rot gestrichenen Tür des Gartenhauses stand, und musste sich schwer beherrschen, nicht das Namensschild einfach herunterzureißen und auf den schnurgerade angelegten Weg zu werfen. Natürlich wusste er, dass sich seine Mutter ihre karge Pension mit Kartenlegen aufbesserte, aber dass sie damit ein professionelles Gewerbe betrieb, hatte er nicht erwartet.
Eine komplette Scheiße das Ganze und das werde ich ihr auch mitten ins Gesicht sagen.
Doch dann dachte er an Jimmy, der mit den Händen in den Taschen seiner Jeans auf dem Gartenweg stand und kopfschüttelnd die bunten Pyramiden anstarrte. Nein, vor Jimmy durfte er nicht wieder ausflippen, nahm er sich vor, und atmete tief durch, ehe er die Klingel drückte.
Als sich die rote Eingangstür öffnete, erkannte er die Frau zunächst nicht wieder. Seine Mutter Renate hatte sich in eine komplett andere Person verwandelt. Nichts war mehr übrig von der biederen Hausfrau mit der langweiligen Dauerwelle und den zu vielen Kilos an Körpergewicht, die vor zwanzig Jahren so korrekt und rechtschaffen seinen Vater in den Tod getrieben hatte.
Jetzt stand eine dürre, alte Frau vor ihm, deren faltiges Gesicht durch die seitlich herabhängenden pechschwarzen Haare noch älter wirkte. Schlimmer aber war, dass sie eine unangenehme Aura verströmte und ihm zur Begrüßung den Rauch ihrer Zigarette ins Gesicht blies.
„Anton, mein Junge“, sagte sie mit einer Stimme, die ihn an eine Eishöhle mit klirrend zu Boden fallenden Eiszapfen erinnerte. „Du bist alt geworden!“
Quälend lange betrachtete seine Mutter ihn ungeniert von oben bis unten, ohne einen weiteren Kommentar abzugeben. Dann fiel ihr ein, dass Braun nicht alleine gekommen war, und ihr verbittertes Gesicht wurde von einem Lächeln aufgehellt, als sie über seine Schulter blickte. Für einen kurzen Augenblick wirkte sie glücklich.
„Jimmy!“, rief sie und schob Braun einfach zur Seite. Seine Mutter stieg die zwei Stufen hinunter in den winzigen Garten und umarmte Jimmy, der verloren auf dem aufgeweichten Rasen stand und seine nassen Sneakers anstierte.
„Hallo, Großmutter! Ich wollte dich einfach einmal besuchen und Tony hat mir versprochen, dass wir das in den Sommerferien machen.“
Ohne Braun weiter zu beachten, schob Renate Braun ihren Enkel in das Gartenhaus. Braun folgte ihnen langsam und versuchte seine unerträgliche Anspannung mit flapsigen Bemerkungen zu überspielen.
„Ist ja ein richtiger Palast, Renate“, kommentierte er das winzige Wohnzimmer, das von einem runden Tisch dominiert wurde.
„Für dich noch immer Mutter!“, fauchte Renate Braun, riss sich dann aber sofort wieder zusammen. „Ich mag es nicht, wenn du mir nicht den nötigen Respekt entgegenbringst!“
„Hört auf, euch zu streiten!“ Jimmy hatte plötzlich Tränen in den Augen und ballte die Fäuste. „Ich will mit Großmutter alleine sein, Tony! Du sorgst immer nur für Streit in der Familie!“
„Woher diese plötzliche Liebe für die
Weitere Kostenlose Bücher