Trilogie des Tötens - X-Mas Edition - 3 Thriller (German Edition)
Familie!“, schrie Braun und schlug mit der Faust auf den Tisch. „Dann sage doch einmal deiner Großmutter, dass sie damit begonnen hat!“
„Aufhören!“ Die Stimme von Renate Braun war tief und kratzig und sie verströmte die nötige Autorität, um Braun und seinen Sohn sofort zum Verstummen zu bringen.
„Es ist besser, wenn du mich jetzt mit meinem Enkel alleine lässt“, sagte Renate und stellte sich zwischen Braun und Jimmy. Ihr von Falten durchzogenes Gesicht bekam einen traurigen Gesichtsausdruck, als sie ihren Sohn betrachtete. „Ich habe deinen Bruder Felix immer bevorzugt, das stimmt“, flüsterte sie und wandte den Blick nicht von ihm ab. „Er war immer so ein fröhliches Kind und ist jetzt ein anerkannter Wissenschaftler!“ Nur mühsam konnte sie ihren Stolz verbergen und Braun schnaufte hörbar. „Aber du warst mein Lieblingskind, Anton!“
„Das ist doch lächerlich!“ Braun drehte sich langsam zur Tür. „Jimmy bleibt einige Tage hier“, setzte er dann in einem geschäftigen Ton fort. „Das haben wir ja so vereinbart!“ Er öffnete die rote Tür des Gartenhauses, zögerte, drehte sich dann noch einmal um. „Tut es dir wenigstens leid, was mit Vater passiert ist?“, fragte er zögernd und wartete auf eine dramatische Reaktion, einen Zusammenbruch oder einen emotionellen Ausbruch. Doch stattdessen zuckte Renate Braun nur mit den Schultern und flüsterte beinahe unhörbar:
„Er war ein Schwächling und hat sich vor allem gedrückt! Er hat mich mit euch beiden im Stich gelassen! Er hat immer den einfachsten Weg gewählt.“
„Du findest also, dass es ein einfacher Weg ist, wenn man sich umbringt? Wenn man einfach keinen anderen Ausweg mehr weiß, als in den Heizkeller zu gehen und sich aufzuhängen?“ Nur mühsam konnte Braun seine Wut unterdrücken, aber diesmal ging es um Jimmy, also redete er im Flüsterton weiter. „Du hast ihn ja nicht gefunden, sondern ich! Er hatte keinen glücklichen Gesichtsausdruck, als er da am Heizungsrohr gebaumelt ist, das kannst du mir glauben! Es war der Horror, der blanke Horror!“
Wieder atmete er heftig ein und blies die Luft durch die Nase nach draußen. Es war stickig und drückend schwül in dem kleinen Zimmer. Der Regen trommelte penetrant auf das Dach. Die Luft war elektrisch aufgeladen und Braun roch den Schweiß, den er verströmte. Am liebsten hätte er alles kurz und klein geschlagen, doch diesmal durfte er seinen Emotionen nicht freien Lauf lassen. Er hatte einen Sohn und eine Scheißvorbildwirkung. Wie hatte es seine Therapeutin so schön formuliert: „Stellen Sie sich einen See vor, in den Sie tauchen. Sie tauchen durch eine Röhre und müssen die Luft anhalten. Auf der anderen Seite der Röhre wartet das Glück auf Sie!“
Hörte sich zwar total bescheuert an, aber es wirkte. So auch jetzt. Noch während der letzten Worte seiner Mutter sank Braun nach unten in das eiskalte Wasser seines Bewusstseins und tauchte durch die schwarze enge Röhre, an deren hinterem Ende bereits ein Sonnenstrahl das dunkle Wasser erhellte.
„Lass uns ein andermal darüber reden, Mutter“, hörte er sich mit zittriger Stimme reden, als er wieder auftauchte. „Jetzt ist es vor allem wichtig, dass Jimmy eine gute Zeit bei seiner Großmutter hat!“
Er drehte sich zu Jimmy und knuffte ihn in die Seite. „Also mach es gut, Partner“, sagte er betont locker.
„Lass gut sein, Tony! Du bist nicht mein Kumpel, sondern bloß mein Vater!“ Jimmy zuckte lässig mit den Schultern und fläzte sich auf das schmale Sofa. „Schön gemütlich ist es bei dir, Großmutter“, sagte er und hob bloß die Hand, als Braun die rote Eingangstür öffnete.
Langsam stieg Tony Braun die Stufen nach unten in den Garten, drehte sich noch einmal um, sah das Namensschild „Madame Diodata“ auf der rot gestrichenen Tür,
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