Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Trinity (German Edition)

Trinity (German Edition)

Titel: Trinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doug Beason , Kevin J. Anderson
Vom Netzwerk:
in den Wasserstrom, aber die Wucht des Wassers warf ihn zurück. Daniel ließ sich das Wasser über Hände und Füße strömen, spürte, wie es seine Kleidung durchnässte.
    Das Flusswasser fühlte sich eisig an, und sein ganzer Körper wurde taub. Aber das machte Daniel nichts aus. Er wollte dieses Gefühl. Wieder stiegen Schwäche und Übelkeit in ihm auf, und er fiel würgend und um Atem ringend auf den Boden. Er spuckte Blut in das strömende Wasser.
    Tränen des Schmerzes stiegen ihm in die Augen, ließen ihn das klobige schwarze Monstrum des Reaktors nur noch verschwommen erkennen. Schon spürte er die pulsierenden Hitzewellen, die immer heißer wurden. Das Wasser fühlte sich kalt an, aber Daniel konnte sich nicht konzentrieren. Wieder erfasste ihn ein Schwindelanfall. Im strömenden Wasser, das der Reaktor in sich hineinsaugte und das ihn zu seinem eigenen Leben erwachen ließ, sackte er zusammen.
    Sie hatten etwas getan. Sie hatten etwas bewirkt. Und das, was sie taten, war nicht sinnlos. Seine Lippen kräuselten sich zu einem schwachen Lächeln.
    Saul kauerte sich neben ihm nieder. Das strömende Wasser hallte laut von den Wänden des leeren Gebäudes wider. Die Gefangenen blieben stumm, während es um sie herum immer heißer wurde. Sie hatten nicht die Kraft, zu schreien oder gar zu jubeln.
    »Alles in Ordnung bei dir?«, fragte Saul. »Wie fühlst du dich?«
    Daniel ließ den Kopf hängen und spürte, wie ihm das Wasser über Brust und Rücken rann. Er blickte auf. »Großartig.«
    Dr. Kurt Diebner saß in seinem spartanisch ausgestatteten winzigen Büro in der Verwaltungsbaracke nahe bei der Lageraufnahme. Den ganzen Tag über hörte er den Betrieb draußen, die Schläge, das Jammern, die Klagen von Gefangenen, die nach Dachau eingeliefert wurden. Er hatte darauf bestanden, eine Jalousie an seinem Fenster anzubringen, die er immer geschlossen hielt. Er wollte nicht die ganze Zeit auf die Lagerwüste hinaussehen.
    Diebner kritzelte auf einem Blatt Papier herum, unter dem Vorwand, an Plänen zu arbeiten, um den Leistungsgrad seines graphitgedämpften Meilers zu verbessern. Aber in Wirklichkeit hatte er gar keine Arbeit, konnte bloß dasitzen und sich und das, was aus seiner Karriere geworden war, bedauern.
    Der radioaktive Staub, den sie über New York abgeworfen hatten, hatte ihnen Zeit verschafft. Hitler war so erfreut gewesen, dass er ihnen erlaubt hatte, ihre ursprünglichen Arbeiten fortzusetzen. Sie würden eine Bombe herstellen und damit ihre Namen mit größeren Lettern in die Geschichtsbücher schreiben, als jedes andere Ereignis in diesem Krieg. Aber nicht Diebner. Er steckte hier fest an diesem schrecklichen Ort.
    Er rieb sich die Hände, strich sich über das schütter werdende Haar und presste dann seine schwarze Brille gegen sein Gesicht. Er hatte für das Rüstungsministerium gearbeitet und neue Munition entwickelt, obwohl er davon weder etwas verstand, noch daran interessiert war. Er hatte kurze Zeit im Kaiser-Wilhelm-Institut gearbeitet, dort die Forschungsarbeiten im Virushaus geleitet, ehe man ihn einem anderen Team zugeteilt hatte. Aber richtig wohlgefühlt hatte er sich erst, als er mit seiner eigenen Gruppe in Göttingen hatte arbeiten können, mit Paul Harteck und Walther Bothe und anderen. Sie hatten die Aufzeichnungen der Joliot-Curies in Paris dazu benutzt, um die deutsche Kernforschung weiterzubringen.
    Aber dann hatte Abraham Esau mit seiner Arroganz und seinem Cambridgestudium ihm das alles weggenommen, hatte ihn wie ein unartiges Kind in die Ecke gestellt. Und jetzt saß Diebner hier in diesem Höllenloch Dachau. Zuerst hatte er sich gefreut, wieder Verantwortung tragen zu dürfen, selbst ein Projekt leiten zu dürfen, ganz gleich wo – bis ihm klargeworden war, was es bedeutete. Jetzt hatte er Verdauungsschwierigkeiten, spürte, wie sein Gesundheitszustand sich verschlechterte, und hatte jedes Interesse an dem Reaktorprojekt oder dem Plutonium, das sie hier produzierten, verloren. Er hatte gesehen, wie viele Todesopfer die radioaktiven Nebenprodukte dieses Reaktors in New York gefordert hatten, aber wie es schien, starben die Juden hier in mindestens ebenso großer Zahl.
    Bald würden sie vielleicht genug Material haben, um Hitlers Superbombe herzustellen.
    Ein Luftzug pfiff durch die Ritzen von Diebners Fensterrahmen. Es war ein windiger Tag gewesen, ein kalter Novembermorgen. Er zog die Jalousie in die Höhe und starrte auf das düstere Lager hinaus, auf die Schlammwüste,

Weitere Kostenlose Bücher