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Trinity (German Edition)

Trinity (German Edition)

Titel: Trinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doug Beason , Kevin J. Anderson
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Material produzieren wird. Wir haben nichts, was das Gegenteil bestätigen würde. Zum Zweiten gibt es gegen eine Kernwaffe keine uns bekannte Verteidigungsmöglichkeit. Und zum Dritten, wenn wir rechtzeitig Erfolg haben, werden wir den Krieg verkürzen und Zehntausende amerikanischer Leben retten.«
— General Leslie R. Groves
     
    An jenem Morgen schleppten sie wieder einen Toten aus der großen Tür.
    Daniel Waldstein – oder besser gesagt, das Skelett, das einmal Waldstein gewesen war – und ein weiterer Gefangener hoben den eingeschrumpften, in Auflösung begriffenen Mann auf, den sie nur als Eli gekannt hatten. Eli bewegte sich nicht und gab auch keine klagenden Laute von sich, als sie ihn vom Betonboden des Reaktorgebäudes aufhoben; das bedeutete nicht, dass er tot war, aber wenn ein Mann einmal dieses Stadium erreicht hatte, dann wusste Daniel, dass er dem Tode geweiht war.
    Als er die Tür öffnete, um Eli auf den kalten, schlammigen Boden zu legen, fühlte sich der kalte Hauch winterlicher Luft wie ein Schlag mit einem nassen Handtuch ins Gesicht an. Die Gerüche des Konzentrationslagers waren trotz der herrschenden Kälte deutlich wahrzunehmen. Rings um das Reaktorgebäude war der Schnee geschmolzen und gefror jetzt in kleinen Pfützen.
    Daniel und Saul, sein Helfer, legten den reglosen Körper an eine Stelle, wo ihn später andere Gefangene abholen würden. Die Naziwachen weigerten sich, dem Reaktorgebäude nahe zu kommen. Saul drehte sich um und schlurfte wieder nach drinnen in die feuchte Wärme. Daniel nahm noch einen letzten Zug frischer Luft und zog dann die mächtigen Tore klappernd auf ihren Metallschienen hinter sich zu.
    Im Inneren des gigantischen Reaktorgebäudes herrschte eine drückende Hitze. Mit jedem Atemzug atmete man Dampf ein. Die anderen Gefangenen blieben still, und der Reaktor selbst gab nur summende und zischende Laute von sich, das war das Kühlwasser, das durch Rohre in den Reaktorkern gepumpt wurde. Keinerlei mechanische Geräusche waren zu hören – der Reaktor schien wie durch Zauberei zu arbeiten. Keiner von ihnen wusste, was das Ding eigentlich tat oder wozu es diente.
    Sie wusste nur, dass sie sich, wenn sie eine Woche in diesem Gebäude arbeiteten, ihre Freiheit verdienen konnten. Sie hatten gesehen, wie andere mit ihren armseligen Habseligkeiten und einem neuen Mantel hinausgingen. Die meisten von ihnen überlebten den Einsatz nicht – aber es war das Risiko wert. Jeder von ihnen hätte das gesagt.
    Keiner von ihnen begriff, was das für eine Krankheit war, die sie dahinraffte, warum ihre Körper einfach auseinanderfielen, bloß weil sie sich in demselben Raum wie der Reaktor befanden. Gelegentlich holten die Ärzte einen der Arbeiter ab, um ihn zu untersuchen und um Analysen anzustellen. Und diese Arbeiter kamen dann nie zurück.
    Daniel Waldstein verstand nichts von Naturwissenschaften. Er war Juwelier gewesen, ein guter Juwelier, er hatte seinen eigenen Laden in Berlin gehabt. Er hatte niemandem etwas zuleide getan; er hatte einfach seinen Schmuck angefertigt, Ringe, Anhänger. Einige der besseren Stücke trug er selbst – oder besser gesagt hatte er getragen. Am Tag seiner Ankunft in Dachau hatte man ihm alles weggenommen.
    Er dachte an die Zeit zurück, als er in seiner halbdunklen Werkstätte gesessen hatte, wo das Licht durch die Fensterscheiben hereingefallen war, die er regelmäßig putzte. Er konnte das wertvolle Metall riechen, wenn er daran arbeitete; konnte das Ergebnis seiner geschickten Arbeit mit seinen starken, aber feinfühligen Fingern ertasten – Finger, die von der harten Arbeit hier im Lager inzwischen schon lange abgestumpft waren. Daniel erinnerte sich daran, wie er mit seinen Kunden geredet hatte, mit Juden und Andersgläubigen. Und dann dachte er daran, wie er am Ende seines Arbeitstags nach Hause gegangen war und sich in seiner Wohnung entspannt hatte, vielleicht sogar die Kerzen angezündet hatte, wenn er mit seiner Frau Emmi das Abendessen eingenommen hatte.
    Emmi hatten sie im ersten Monat, den er hier verbracht hatte, erschossen.
    Jetzt spürte Daniel nur noch eine winzige Kerze des Lebens, die in ihm brannte, und konzentrierte seine ganze Existenz nur noch darauf, seine Seele von einer Sekunde zur nächsten zu tragen. Er konnte nicht aufgeben. Er konnte nicht kapitulieren. Er hatte das hier erduldet, und schlimmer konnte es unmöglich werden.
    Halbverhungert und ausgemergelt, halbtot, weil er ungeschützt der kalten Herbstluft und

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