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Trinity (German Edition)

Trinity (German Edition)

Titel: Trinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doug Beason , Kevin J. Anderson
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den Unbilden der Witterung ausgesetzt gewesen war, hatte sich Daniels Zustand in den paar Tagen, die er jetzt im Reaktorgebäude arbeitete, noch verschlimmert. In ein oder zwei Tagen würde er an der Reihe sein, um mit vier anderen den Reaktor zu demontieren. Sie würden dann ausgefranste angesengte Lederhandschuhe bekommen, um damit die heißen Graphitblöcke wegzuheben, sie beiseitezulegen, um die glühenden warmen Uranrohre herauszuholen und sie für den Versand an irgendeinen anderen Ort vorzubereiten. Am Tag nach dieser Demontage brachen die Arbeiter meistens zusammen.
    Daniel erinnerte sich noch gut an seine freudige Erregung, als die Lagerbeamten seinen Namen für den Einsatz am Reaktor ausgewählt hatten. Tränen waren ihm über die Wangen gelaufen; er war voll Dankbarkeit für den Wächter, der ihm die gute Nachricht überbracht hatte, in die Knie gesunken.
    Jetzt wusste er, dass er seinen Einsatz nicht überleben würde, obwohl nur noch ein paar Tage blieben. Er konnte seine Mahlzeiten nicht mehr behalten. Seine Haut war mit schwärenden Entzündungen bedeckt. Der Durchfall hatte ihn erschöpft, fast zerrissen. Würgend, zitternd, schwitzend würde er nicht mehr lange durchhalten. Er würde Dachau nie lebend verlassen.
    Daniel hatte immer gefürchtet, dass er hier sterben würde. Irgendwie hatte er das in einem versteckten Winkel seines Bewusstseins gewusst. Aber sein verzweifelter Überlebenswille wollte ihn das nicht glauben lassen, obwohl es jetzt sogar noch schlimmer geworden war; nicht nur, dass er sterben würde, nein, er würde sterben, ohne zu wissen, warum, ohne zu wissen, wozu dieser infernalische Apparat diente, wie die Nazis ihn einsetzen würden … um den Krieg zu gewinnen? Um die Welt zu zerstören?
    Saul sah ihn an, ehe er sich wieder seiner Arbeit zuwandte, gerade als wüsste er, was Daniel gerade dachte. »Wir sind hier alle schon tot«, sagte er leise und ohne Ausdruck. »Wie viele Tage noch, bis man uns hinausträgt? Ehe ich dich trage, oder du mich?«
    Daniel sah den Zorn in Sauls Augen blitzen. Das verblüffte ihn, und plötzlich wurde ihm bewusst, dass sein eigener Zorn viel zu lange geschlafen hatte. War in dieser Zeit, in der er passiv geblieben war, seine eigene Würde völlig zertrampelt worden, ohne Hoffnung, sie je wieder zu gewinnen? Warum hatte er zugelassen, dass sie ihm das alles antaten? Bloß um zu überleben? Und wenn das Überleben einen so hohen Preis hatte, war es dann wert zu leben?
    Daniel sah auf seine von den Kohlenstoffblöcken und dem allgegenwärtigen Graphitstaub geschwärzten Hände. Dies waren Hände, die gerade einen Menschen, ein menschliches Wesen, in den Schlamm hinausgetragen hatten, wo man ihn in einen Graben werfen und mit den anderen verscharren würde.
    Daniel trat einen Schritt näher an Saul heran. Seine Stimme blieb leise, als hätte er Angst, jemand könnte ihn hören, obwohl keiner der Nazis es wagen würde, einen so gefährlichen Ort zu betreten. »Du siehst doch, was sie uns antun. Warum helfen wir ihnen eigentlich?« Sauls Kinnlade hing schlaff herunter, als wäre das kurze Aufblitzen von Zorn alles gewesen, was an Gefühlen noch in ihm verblieben war. »Wir wissen nicht einmal, was das hier tut.«
    Daniel blieb stumm und starrte dann in Sauls Augen. Sie waren blutunterlaufen mit dunklen Pupillen, Pupillen, die eingeschrumpft wirkten von all dem, was der Mann gesehen und getan hatte.
    »Aber ich wette, wir könnten es zerstören.«
    Sauls Augen weiteten sich, und er trat einen Schritt zurück. Dann blickte er auf seine Hände, auf die an der Innenseite seines Unterarms eintätowierte Nummer. »Wir wissen nicht, wie es funktioniert. Es hat keine mechanischen Teile. Ich habe früher Maschinen gebaut und repariert. Aber das hier ist keine Maschine.« Der Einwand wirkte leer und kraftlos. »Meinst du, wir könnten einfach den Stapel umstoßen?«
    Daniel schüttelte den Kopf. »Nein, dann würden sie uns erschießen, und jemand anderer müsste am nächsten Tag alles wieder aufbauen. Da müssen wir schon mehr Schaden anrichten.«
    Er deutete mit einer Schulterbewegung auf die Kühlrohre, durch die Wasser durch den Reaktor strömte, das die Hitze in Dampf verwandelte, der durch Schornsteine nach oben abgeleitet wurde. Tag für Tag hatte Daniel, wenn er nicht irgendwelche anderen Arbeiten verrichten musste, diese Schlote beobachtet und den weißen Dampf und sich gefragt, wie es im Inneren des Reaktorgebäudes wohl sein mochte. Er hatte gehofft und

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