Trinity (German Edition)
höre auf deinen eigenen Rat – oder waren das bloß leere Worte, um einen Mann zu trösten, mit dem du gerade geschlafen hattest?«
Elizabeths Haltung versteifte sich. »Lass das!«, herrschte sie ihn an. »Das hat überhaupt nichts damit –«
Fox schüttelte den Kopf. »Nein, ich denke, es hatte nichts mit mir zu tun, mit meinen Gedanken. Ich denke, dir hat es auch nicht viel bedeutet.« Er schluckte und setzte sich wieder in Bewegung. Als er dann wieder zu reden anfing, klang es wie ein Selbstgespräch. »Ich kann nicht zulassen, dass das geschieht, Elizabeth. Unsere deutschen Kollegen riskieren ihr Leben, um zu verhindern, dass ihre Bombe weiterentwickelt wird. Sie befinden sich in einer viel gefährlicheren Lage als wir. Ich muss meinen Teil dazutun.«
Elizabeth schnaubte. Sie hatte sich umgedreht und ging jetzt auf das Ranchgebäude zu. »Was wirst du dann tun? Der Test wird durchgeführt werden, Graham, ganz gleich, was du denkst. Und ich habe zu tun.«
Sie hatte sich jetzt ein paar Schritte von ihm entfernt, und Fox rief ihr nach: »Elizabeth …«
Sie blieb stehen, sah in den Sand, drehte sich aber nicht zu ihm um. »Das war's, Graham. Schluss.«
»Elizabeth.« Er ging auf sie zu. »Von wo aus wirst du den Test beobachten?«
»Den Test? Das weiß ich nicht. Ich denke, ich werde mit Feynman zusammen sein.«
»Bitte, sieh ihn dir mit mir an. Ich werde an einem sicheren Ort sein.«
»Nein, ich glaube nicht, dass das eine gute Idee wäre.«
Er trat von einem Fuß auf den anderen. »Nun, dann gehe jedenfalls während des Tests nicht in den Bunker.«
»Warum nicht?« Sie klang müde, war müde – wollte sich nicht länger mit ihm streiten, seine Argumente hören, weshalb sie ihm helfen sollte, weil sie dem so nahe kamen, was sie hören wollte. In gewisser Weise erinnerte er sie an die Leute, die sie in Santa Fe gekannt hatte, Leute, die immer nur geredet und nie etwas getan hatten.
»Also … tue es einfach nicht. Das ist alles.«
Elizabeth ballte die Fäuste und ging schneller.
24
Berlin – Virushaus
November 1944
»Ich glaube, der Grund, weshalb wir es nicht getan haben, war, weil alle Physiker es nicht tun wollten, aus Prinzip … Wenn wir alle gewollt hätten, dass Deutschland den Krieg gewinnt, hätten wir es schaffen können.«
— Carl Friedrich von Weizsäcker
Professor Abraham Esau stand an dem mit Fliegenkot übersäten Fenster in Heisenbergs altem Büro. Er fühlte sich wie betäubt; nur die Nervosität und die Angst, die ihm wie ein Kloß im Magen saß, erinnerte ihn daran, dass er noch lebte.
Er starrte in den Hof hinaus. Die paar spärlichen Büsche und die Kieswege wirkten jetzt nach eineinhalb Jahren etwas dauerhafter, anders als in jener finsteren, regnerischen Nacht, in der Werner Heisenberg exekutiert worden war. Wenn Heisenberg noch lebte, würde er vielleicht einen Vorschlag haben, wie man die Lage noch retten könnte. Sie würden jetzt nie ihre Atomwaffe entwickeln; nicht einmal den radioaktiven Staub konnten sie einsetzen.
Esau sah auf die schwarze Dienstlimousine hinunter, die gerade auf den Parkplatz gefahren war. Schatten bewegten sich im Wageninneren, als der Fahrer den Motor abschaltete und dann zu seiner Tür herauskam und um den Wagen herumeilte, um die hintere Tür zu öffnen. Reichsminister Albert Speer stieg aus, er bewegte sich steif wie eine Marionette. Er war in den letzten beiden Jahren stark gealtert. Jetzt stand er da, starrte ins Leere und nahm dann seine Mütze ab. Dann zog er seine schwarzen Handschuhe aus und stopfte sie in die Tasche seines Uniformjacketts.
Speer sah sich um, sein Blick wanderte über die Gebäude des Virushauses, die Drahtzäune, die Baracken. Alles sah noch genauso aus wie zu der Zeit, als die Forschungsgruppe für Kernphysik unter Esau gegründet worden war. Der Rest des Kaiser-Wilhelm-Instituts sah beeindruckend aus, irgendwie preußisch, mit hohen Gebäuden und prunkvollen Steinfassaden. Das Virushaus hingegen sah wie ein Ort aus, wo »hässliche« Forschungsarbeiten durchgeführt wurden.
Speer drehte sich um und sah jetzt gerade auf Esaus Fenster. Obwohl die Sonne viel zu grell schien, als dass man seinen Schatten hinter dem Fenster hätte sehen können, zuckte Esau dennoch unwillkürlich zurück. Speer war seinetwegen gekommen. Esau hatte nicht geglaubt, dass es so bald geschehen würde.
Auf schwankenden Beinen ging Esau zum Schreibtisch zurück und machte sich an die Arbeit, schob die Papiere zurecht. Er
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