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Trinity (German Edition)

Trinity (German Edition)

Titel: Trinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doug Beason , Kevin J. Anderson
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schloss die Schubladen seines Aktenschranks mit einem Gefühl der Endgültigkeit, schloss all die Misserfolge weg, all die Ideen, die sie entwickelt hatten.
    Aus der obersten Schublade seines Schreibtischs holte er den restlichen Stapel Stahlstichbriefbögen, die ihn als Generalbevollmächtigten für Kernphysik auswiesen. Er hielt sie über den Papierkorb und ließ die cremefarbenen Bögen nacheinander hineingleiten.
    Er erinnerte sich, wie Major Stadts Stimme den beiden Wachsoldaten den Befehl zum Schießen erteilt hatte. In der Dunkelheit, vom grellen Scheinwerferlicht beleuchtet, sackte Heisenberg in den Schlamm. Sein rotbraunes Haar wirkte im Vergleich zu den grellroten Klecksen auf seiner Brust stumpf.
    Esau fuhr sich mit der Hand über die Brust. Ob ihn dasselbe Schicksal erwartete? Er hatte versagt. Ganz Deutschland ging in Stücke. Sie würden ihn töten.
    Die Reaktorkatastrophe und das Feuer in Dachau hatten fast alle Insassen des Konzentrationslagers ausgelöscht. Und diejenigen, die die erste massive Strahlungsdosis überlebt hatten, würden mit Sicherheit bald sterben. Und das schloss die Wachmannschaften, sämtliche jüdischen Gefangenen, das Lagerpersonal und den größten Teil der Bevölkerung der umliegenden Ortschaften ein. Kurt Diebner war innerhalb von vierundzwanzig Stunden in einem kleinen Krankenhaus gestorben. Die Ärzte dort hatten keine Ahnung gehabt, wie sie seine Krankheit behandeln sollten.
    Die Katastrophe hatte das ganze Uran, das sie bisher bearbeitet hatten, und sämtliches aufbereitete Graphit zerstört. Von dem ganzen Reaktor war nichts übrig geblieben, und es würde lange dauern, bis sie wieder über das Material verfügten, um einen Ersatz herzustellen.
    Dr. Otto Hahn hatte darauf bestanden, sich selbst an den Ort der Katastrophe zu begeben und mit einem Geiger-Müller-Zähler die Ausbreitung der radioaktiven Verseuchung zu markieren. Hahn hatte sorgfältige Aufzeichnungen geführt, jede einzelne Zählerablesung registriert. Er hatte die Ruinen des Lagers von Dachau inspiziert und war weniger als eine Stunde dort geblieben, die von der Strahlungskrankheit hingerafften, unbegrabenen Leichen vor Augen.
    Viele Gefangene waren aus dem Lager geflohen und hatten sich entfernt, hatten zu fliehen versucht – aber sie waren wandelnde Tote. Und sie starben über die ganze Gegend verteilt.
    Otto Hahn hatte alles das gesehen und hatte auch die Menschen gefunden, die in den umliegenden Dörfern in ihren Häusern starben. Er hatte Pferde tot in Scheunen liegen sehen und Fahrzeuge auf den Straßen, die einfach stehen geblieben waren, weil die Fahrer zu krank gewesen waren, um weiterfahren zu können und gegen Bäume geprellt waren.
    Vielleicht hatte das alles Hahn zu sehr an die vielen Toten erinnert, die das von ihm entwickelte Giftgas im Großen Krieg hingerafft hatte. Schließlich war die Kriegführung mit Gas seine Idee gewesen. All diese Leute waren wegen seiner Erfindung gestorben – und jetzt sah er ein Blutbad von noch größeren Ausmaßen. Vielleicht war das alles für sein Gewissen zu viel gewesen.
    Hahn hatte sein Journal zurückgelassen und war geflohen. Man hatte seit mehr als einer Woche keine Spur von ihm gefunden, und Esau erwartete auch nicht, dass man ihn je wiederfinden würde.
    Ohne Heisenberg und ohne Hahn war Esau seiner zwei hellsten Sterne beraubt. In einer Zeit, die verzweifelter denn je zuvor war, war er ohne Hoffnung. Die kernphysikalische Lösung dieses Kriegs, die schreckliche Geheimwaffe, mit der Hitler die Welt überraschen wollte, lag nicht länger im Bereich des Möglichen. Sie hatten mit ihrem erfolgreichen Angriff auf New York Zeit gewonnen, aber jetzt war der ganze Fortschritt dahin.
    Er hörte Schritte in der Halle. Esau blieb mit dem Rücken zur Tür stehen, starrte auf seine Aktenschränke. Die Schritte kamen zum Stillstand. Aber der Besucher sagte nichts. Esau drehte sich ruckartig herum, sah ihn an. »Reichsminister Speer, schön dass Sie uns besuchen«, sagte er mit ausdrucksloser Stimme.
    Speers helle blaue Augen weiteten sich, als er die kühle Begrüßung hörte. »Herr Generalbevollmächtigter, es tut mir leid, dass ich Sie nicht über meinen Besuch verständigen konnte. Es ist besser, wenn Sie das persönlich in Empfang nehmen.«
    Esau spürte, wie sich eine eisige Hand um seinen Magen zusammenkrampfte. Er wollte sich ducken, sich nach rückwärts entfernen, aber er blieb aufrecht stehen, wie er das in seiner Parteiausbildung gelernt hatte. »Was

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