Trinity (German Edition)
für nicht so wichtig wie den wissenschaftlichen Teil des Projekts.
Elizabeth tastete sich durch den Vorraum und ging dann den Korridor hinunter. Von draußen fiel nur wenig Licht in das Gebäude. Die Verdunklungsvorschriften ließen nur das allernotwendigste Licht zu, alles mit der Maßgabe, dass man aus der Luft nichts sehen durfte.
Als sie den Vorraum durchquert hatte, wäre sie beinahe an einen Abfallbehälter gestoßen, ertastete ihn aber im letzten Augenblick noch mit der Fußspitze. Der Korridor führte zu zwei Doppeltüren. Die Aufnahmeabteilung sollte ihrer Erinnerung nach zwei Türen von ihr entfernt sein, gegenüber der Einsatzabteilung. Wenn sie das richtig machen wollte, würde es nicht genügen, lediglich ihre Papiere zu fälschen und in die Akten einzuschmuggeln – sie musste dann auch dafür sorgen, dass ihr Physikstudium entsprechend dokumentiert war.
Ein fünfunddreißig Jahre in der Zukunft erworbenes Physikdiplom sollte nicht ganz ohne Wert sein. Aber das warf ein völlig anderes Problem auf. Wie viele Frauen gab es jetzt beim Projekt, die hier tatsächlich wissenschaftlich arbeiteten? Vermutlich einige, aber wahrscheinlich weniger, als sie an den Fingern einer Hand abzählen konnte. Damit würde sie nur noch mehr auf sich aufmerksam machen und weitere Fragen auslösen.
Und was, wenn sie nicht aufpasste, wenn ihr irgendetwas entschlüpfte, das auf Wissen deutete, das noch gar nicht existierte? In ihrem Physikstudium war auf historische Zusammenhänge überhaupt kein Wert gelegt worden, keiner ihrer Professoren hatte sich die Mühe gemacht, bei der Erklärung wichtiger Theorien irgendeinen Zeitbezug herzustellen. Nach allem, was sie gelernt hatte, gab es Newton, dann Einstein und dann Dirac und eine Unmenge von Gleichungen jeweils mit den Namen irgendwelcher Leute, die wie durch Zauberei in der Zwischenzeit aufgetaucht waren.
Wie konnte sie erklären, dass zwei oder drei der Wissenschaftler, die jetzt an dem Projekt arbeiteten, drei Jahrzehnte später ihre Gastprofessoren in Berkeley sein würden? Nein, sie musste vorsichtig sein, musste in ihrer Personalakte festhalten, dass sie einige Verwaltungserfahrung hatte und Mathematikkenntnisse besaß. Vielleicht würde sich daraus eine Möglichkeit für sie ergeben, dass sie irgendwie am Rande des eigentlichen Forschungsgeschehens arbeitete, wo sie beobachten und zusehen konnte.
Elizabeth strebte auf die Abteilung mit den Personalakten zu. Sie schob die Tür auf, wäre nicht im geringsten erstaunt gewesen, wenn jemand dort mit gezogener Waffe auf sie gewartet hätte. Eine Reihe militärgrauer Aktenschränke säumte eine ganze Wand wie ein Bataillon Metallsoldaten. Das Projektpersonal hatte nicht einmal versucht, die Personalinformationen irgendwie zu sichern. Und das sollte einer der geheimsten Orte in der ganzen Nation sein? Die Army musste von dem Prinzip ausgegangen sein, dass die Bedrohung ausschließlich von außen und nicht von innen kam.
Wie man so naiv sein konnte!
Sie fand ein leeres Formular. BESONDERE KENNTNISSE. Über einen Stahltisch gebeugt, auf den ein wenig Licht fiel, trug Elizabeth mit einem Bleistift ihr Mathematikdiplom neben ihren Verwaltungserfahrungen ein. Das sollte irgendwelchen Routineüberprüfungen standhalten, wenn sie einmal die Stelle wechselte. Sie legte ihre Personalkarte an die alphabetisch richtige Stelle in einer Schublade und ging dann weiter zur Einsatzabteilung. Zeit, sich einen neuen Job zu besorgen.
Sie schlich durch gespenstische Schatten, die den Korridor erfüllten. Ein abgestandener Geruch lag in der Luft. Seit der Jeep draußen vorbeigefahren war, hatte sie keinen Laut mehr gehört. Sie dachte an die Wachen – würden sie wirklich nachts nicht Streife gehen? Sie holte Luft und sah sich um. Warum war es so still? Als sie an die Tür der Einsatzabteilung kam, öffnete sie sie vorsichtig einen Spalt, zwängte sich hinein und zog sie hinter sich wieder fast zu.
Elizabeth sah sich um. Hier lagen noch mehr Formulare und Papiere herum als im letzten Raum. Auf jedem Tisch waren die Papierstapel mindestens drei Fuß hoch. Überall auf den Fenstersimsen lagen Bleistifte, der Boden war mit Tinte verspritzt.
Ihr Mut drohte sie zu verlassen. Wie soll ich denn in diesem Durcheinander das richtige Formular finden? Sie wusste nicht einmal, wo sie anfangen sollte.
Sie nahm ein Schriftstück von einem Schreibtisch und versuchte, in der Dunkelheit mit zusammengekniffenen Augen zu lesen. Anscheinend handelte es
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