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Trinity (German Edition)

Trinity (German Edition)

Titel: Trinity (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Doug Beason , Kevin J. Anderson
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preschte er den Abhang hinauf und gleich darauf den Pfad zwischen den Bäumen hinunter.
    »Sollten Sie jetzt nicht zur Arbeit gehen, Betsy?«, fragte Mrs. Canapelli.
    Elizabeth trank ihren kalten Kaffee aus und reichte Mrs. Canapelli die Tasse. Sie musste jetzt zur Arbeit, aber mehr Sorge bereitete ihr, was sie auf lange Sicht tun würde.
    John von Neumann stand mit zusammengepressten Lippen vorn im Saal. Er hatte alle Fenster geschlossen gelassen, weil sonst der Wind den Staub von den Straßen hereingeweht hätte. Auf den leeren Schreibtischen überall im Saal summten Ventilatoren. Der Wissenschaftler mit »der Aufgabe des Tages« ging vor der Tür auf und ab. Elizabeth konnte nicht erkennen, wer es war.
    Dreißig Frauen, die meisten von ihnen wenigstens fünf Jahre jünger als sie, warteten an ihren Schreibtischen auf die morgendlichen Anweisungen. Sie saßen in fünf Reihen von je sechs Schreibtischen, wobei jeder einzelne Tisch exakt zwei Fuß von dem daneben entfernt war. Das war nahe genug, dass jede Frau nach Beendigung ihrer Berechnungen diese, ohne aufzustehen, an die Nächste weiterreichen konnte.
    Elizabeth war beeindruckt davon, wie einfach das alles war. Der ganze Vorgang erinnerte sie an ein Computerprogramm – dabei erledigte jede Frau eine Zeile des Programms, sei es nun, dass sie einige Zahlen addierte oder irgendeine andere mathematische Operation durchführte und dann das Ergebnis der nächsten weiterreichte. Die Lösung wanderte sich im Zickzack durch den Saal, bis dann die letzte Frau das Endergebnis ermittelte.
    Sobald alle über ihre Aufgabe informiert waren, pflegte von Neumann den Prozess damit auszulösen, dass er der ersten Frau ein Blatt mit einer Zahl darauf reichte und dann den ganzen Vormittag und Nachmittag lang immer wieder der ersten Frau in der Reihe solche Blätter übergab.
    Meist waren es unterschiedliche Zahlen, aber Elizabeth erinnerte sich auch daran, dass gelegentlich identische Zahlen »durch die Leitung« kamen. Von Neumann hatte ihnen in seinem etwas skurrilen ungarischen Akzent erklärt, dass er das tat, um zu kontrollieren, dass ihre Berechnungen richtig waren. Er ging zwischen den Schreibtischen auf und ab und blickte mit traurigen, dunklen Augen auf sie herab, wie ein napoleonischer Schullehrer.
    Vor Beginn der Arbeiten pflegte jeden Morgen einer der Wissenschaftler den Frauen in einem kurzen Vortrag zu erklären, woran sie arbeiteten. Elizabeth freute sich auf diese Vorträge, sie interessierte sich dafür, welche Wege die Wissenschaftler einschlugen, um »das Gadget« zu entwickeln, und welche Fortschritte sie gemacht hatten. Zuerst hatte sie erwartet, die vergleichsweise Naivität der alten Methoden würde sie amüsieren, aber sie erkannte bald, dass hier höchste technische Perfektion am Werk war. Da keine Supercomputer zur Verfügung standen, um die Rechenmodelle zu überprüfen, legten die Wissenschaftler des Manhattan-Projekts ein gelegentlich unheimlich wirkendes Einfühlungsvermögen für die jeweiligen physikalischen Vorgänge an den Tag.
    Sobald im Rechensaal Stille eingetreten war, räusperte sich von Neumann. Seine Stimme klang voll und exotisch, mit einem Akzent, dass man hätte glauben können, Bela Lugosi stünde vor ihnen. »Die heutige Aufgabe wird Ihnen von Professor Feynman erläutert werden. Dick?«
    Elizabeth setzte sich zurecht, als Feynman eintrat. Der junge Mann hatte ein ansteckendes Grinsen an sich, das sich auf den ganzen Saal übertrug. Es war, als würde er mit sämtlichen Frauen im Raum gleichzeitig flirten. Dabei wollten alle jetzt endlich mit der Arbeit anfangen.
    Feynman nahm sich ein Stück Kreide. Er ging vor den Tischreihen auf und ab und warf das Kreidestück dabei immer wieder in die Luft und fing es präzise auf, scheinbar ohne überhaupt darauf zu achten. Beim Reden sah Feynman seinen Zuhörerinnen in die Augen, ließ den Blick beständig über die Tischreihen schweifen.
    »Wir versuchen, das Problem zu lösen, dass die Neutronen von gewissen nichtspaltbaren Materialien absorbiert werden. Stellen Sie sich vor, Sie wären ein kleines Neutron, das von einem neugebildeten Kern ausgespuckt wird« – er ging in die Hocke und sprang dann hoch – »und plötzlich von einem Atom des falschen Typs geschnappt wird.« Er landete auf dem Boden, hielt sich mit beiden Händen den Hals, keuchte und würgte. »Nun, wir werden versuchen, das zu verhindern.«
    Er nahm die Hände vom Hals und spreizte sie. »Sie, meine Damen, werden heute etwas

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