Trinity (German Edition)
verbrauchten Uran neu angeordnet wurde, eine neue Konfiguration, die den letzten theoretischen Ergebnissen entsprach. Seinen theoretischen Ergebnissen, die ein junger Spinner namens Feynman überprüft hatte. Also hatte Hackett das Experiment entsprechend den Wünschen des Wissenschaftlers neu aufgebaut. Es sah nicht so aus, als ob es richtig wäre, aber der Wissenschaftler hatte den Modellen alle möglichen Zahlen entnommen, die alles bewiesen.
Mit seiner tiefen Stimme und seinem fast unverständlichen Akzent bestand der Ungar darauf, dass vor der Kanone ein Stahlschild eingefügt wurde, für den Fall, dass das Experiment scheiterte. Hackett zuckte die Achseln und tat, was man von ihm verlangte.
Der Wissenschaftler hinkte auffällig und trat jetzt hinter den Schild, dicht bei dem Experiment, während Hackett die Hochgeschwindigkeitskameras aufbaute, die festhalten sollten, wie die beiden halbkugelförmigen Uranstücke aufeinander zuflogen und bei der Explosion in einen einzigen großen Klumpen verschmolzen. Hackett hatte Hunderte solcher Experimente durchgeführt, alle mit unterschiedlichen Sprengstoffladungen, sodass er sich um die Sicherheit des Ungarn keine Sorgen machte – weshalb sollte dieses Experiment in irgendeiner Beziehung anders sein? Schließlich hatten sie ja ihre grandiosen Kalkulationen, um alles zu beweisen. Die einzige Änderung betraf diesmal die Form der Uranklumpen, die aufeinander geschossen werden sollten. Der Ungar bezeichnete das als eine selbstschmiedende Konfiguration.
Hackett herrschte den Ungarn an, er solle gefälligst eine Schutzbrille aufsetzen, worauf sich der verrückte Wissenschaftler wortlos die Gläser über die Augen riss. Hackett zuckte die Achseln, zog an seiner eigenen Schutzbrille und schaltete dann das Horn ein, um die Leute im Labor vor dem bevorstehenden Schuss zu warnen. Der Ungar kauerte sich hinter die fünf Zentimeter dicke Stahlwand. Während der Countdown sich fortsetzte, legte Hackett den Daumen auf den Auslöser. Bei null drückte er den Knopf, und eine Explosion erfüllte das Labor. In seinen Ohren dröhnte es.
Nichts Ungewöhnliches.
Hackett richtete sich auf und spähte in die Rauchschwaden. Er fuchtelte mit der Hand vor seinem Gesicht herum und hustete. »Jetzt soll mich doch der Teufel holen!«
In die Stahlplatte war ein etwa acht Zentimeter durchmessendes Loch geschlagen worden. Auf der Hinterseite des Metalls hingen gekrümmte Metallsplitter, die wie Blütenblätter aussahen. Hackett runzelte die Stirn. Gewöhnlich hinterließ die Explosivladung bloß eine große Vertiefung auf der Vorderseite, und selbst wenn die Explosivkraft der Ladung verdoppelt wurde, änderte sich daran nichts.
»Hey, Doc – haben Sie das gesehen?«
Als er keine Antwort bekam, rannte Hackett um den immer noch rauchenden Aufbau herum. Auf der anderen Seite der Schutzplatte lag der ungarische Physiker auf dem Rücken, von der Wucht des Aufpralls durch den halben Saal geschleudert. Aus einer Verletzung an seiner Brust quoll Blut und tropfte auf den trockenen Betonboden.
»Also, da soll mich doch der Teufel holen.« Hackett fiel in seinem Schock nichts Besseres ein.
Dies war das erste Mal, seit Elizabeth der Kalkulationsgruppe angehörte, dass von Neumann sich verspätete. Sie hatte ihre Berechnungen seit mehr als einer Woche abgeändert und freute sich jetzt auf ihre tägliche Arbeit, weil sie das Gefühl hatte, etwas Sinnvolles zu tun, indem sie mit winzigen Nadelstichen das Manhattan-Projekt schwächte.
Am frühen Morgen hatte Elizabeth geglaubt, sie habe aus dem Technikbereich Alarmsirenen gehört, aber niemand wusste etwas Genaues. Die Frauen warteten im Saal an ihren Schreibtischen, und es verging eine gute Viertelstunde, bis jemand den Vorschlag machte, einmal nachzusehen, was eigentlich los war. Eine der Frauen öffnete ein Fenster. Darüber hinaus machte keine den Eindruck, als würde sie nachsehen wollen, bis schließlich Elizabeth die Geduld ausging. Sie verließ das Gebäude.
In dem Stacheldrahtgehege, das den technischen Bereich umgab, waren keine Menschen zu sehen, so als ob alle ihre Sachen zusammengepackt hätten und weggegangen wären. Von Neumanns Büro war leer. Elizabeth ging an Oppenheimers Büro im Inneren des Zaunes vorbei – der Projektdirektor hatte zwei Büros, eines innerhalb und eines außerhalb der Sicherheitszone, damit auf diese Weise jedermann ungehinderten Zugang zu ihm hatte. Das Büro war ebenfalls verlassen. Aber Elizabeth hätte ohnehin
Weitere Kostenlose Bücher