Trinity (German Edition)
klang, hallte durch den Rumpf, wurde von Sekunde zu Sekunde lauter. »Asdicpulse, Herr Kaleu«, sagte der dritte Maat.
»Das hör ich selbst«, brummte Werner.
Das von den Engländern entwickelte »Asdic«-Ortungsgerät – benannt nach dem Ausschuss für Anti-U-Boot-Ortung (Anti Submarine Detection Investigation Committee) – setzte Ultraschallwellen ein, um damit in der Nähe befindliche U-Boote zu orten. Wenn diese Wellen auf den Rumpf trafen, entstand dabei ein metallisches Geräusch, als würde ein Pfeil die Rumpfplatten treffen. Die Männer waren wie erstarrt.
»Tiefe jetzt einhundertsiebzig Meter.«
»Tiefe beibehalten. Weiterhin keine unnötigen Geräusche – alles stillhalten. Ich möchte nicht, dass die mit Wasserbomben nach uns werfen, ganz besonders, wo wir diesmal nicht einmal auf sie schießen und uns ein paar Schiffe schnappen können.«
»Achten Sie auf die Zerstörer, Herr Kaleu«, sagte der Wachoffizier. »Das klingt ganz anders als die Frachter.«
Sie hörten Schiffsschrauben über sich. Die Zerstörer kreuzten über ihnen, warteten darauf, ihre tödlichen Wasserbomben zu werfen. Der vorüberziehende Geleitzug klang wie ferner Donner und hallte in den hintersten Winkeln des Stahlrumpfes wider.
»Direkt über uns«, rief der Funker.
»Kurs halten. Wir brauchen uns keine Sorgen zu machen.« Der Gedanke kam Werner fast lächerlich vor. Keine Angst? Das hatte vor zwei Jahren vielleicht gestimmt, aber nicht mehr jetzt.
1942 hatte die deutsche U-Bootwaffe 1200 alliierte Schiffe versenkt, sieben Millionen Tonnen! Das waren Tage unbeschreiblichen Ruhms gewesen. Aber im März 1943 hatte sich alles dramatisch verändert, die Alliierten hatten mehrere neue Waffen eingesetzt: kleine Flugzeugträger, schnelle Begleitschiffe und ein neues Radargerät. In wenigen Wochen waren vierzig Prozent der deutschen U-Bootflotte vernichtet. In wenigen Wochen!
Kapitän Kretschmer von der U-99, der uneingeschränkte Spitzenreiter, der 325 000 Tonnen versenkt hatte, wurde am 17. März 1941 gefangengenommen. Am selben Tag fiel Kapitän Schepke mit der U-100 und einer Abschussliste von 250 000 Tonnen, als ein britischer Zerstörer die U-100 mit Wasserbomben an die Oberfläche zwang und sie dann rammte. Heutzutage war niemand mehr imstande, die deutschen Verluste aufzuzählen. Auf dem Grund des Atlantiks lagen ebenso viele U-Bootleichen wie versenkte Frachter.
Die Geräusche des Geleitzugs verhallten in der Ferne. Werner starrte immer noch auf die vielen Rohre an der Decke, er hatte die Augen halb geschlossen. Nichts zu befürchten? Wohl kaum.
»Ich glaube, das war der Letzte, Herr Kaleu«, sagte der Funker.
Werner nickte. Sein Bart war vom Salzwasser steif und juckte, weil er ihn seit Tagen nicht mehr gewaschen hatte. »Wir bleiben noch eine Stunde auf Tauchfahrt. Kurs beibehalten bei vier Knoten.«
Er atmete tief ein, atmete Luft, die mit dem Schweiß und dem schlechten Atem von fünfzig Männern angefüllt war. Er spürte ihre Unruhe geradezu körperlich. Sie wollten den Geleitzug angreifen, der sie gerade passiert hatte. Die U-415 hatte eine ansehnliche Liste versenkter alliierter Tonnage vorzuweisen, die sie stolz auf Wimpeln zeigten, wenn sie sich einem deutschen Tankschiff näherten.
»IO, übernehmen Sie das Kommando. Ich hau mich in die Koje.«
Werner ging nach vorn, duckte sich, um einem Druckmesser auszuweichen, der an der falschen Stelle aus der Wand ragte. Später, wenn sie ihre Spezialwaffen einsetzten und damit dem Feind größeren Schaden zufügten als bisher alle U-Boote zusammengenommen, würde er den Ärger der Mannschaft vielleicht etwas mildern können.
Das U-Boot summte, während es unter Wasser auf sein Ziel, den Hafen von New York zustrebte.
Werner bewegte sich, ohne sich dessen überhaupt bewusst zu sein, mit äußerster Vorsicht. Sich an Bord des U-Boots aufzuhalten, war, als lebte man in einem engen Stahlkorridor mit fünfzig Männern, die sich auf beiden Seiten von ihm auf engstem Raum zusammenquetschten, und mit Rohren und Leitungen und Handrädern und allem möglichen anderen Kram, an dem man sich den Kopf anstoßen konnte. Jeder vernünftige Mensch hätte auch nur einen Tag an Bord dieses nach Urin stinkenden Sargs für eine unmenschliche Bestrafung gehalten; aber Werner war seit Kriegsbeginn auf Unterseebooten gefahren, hatte zuerst auf der U-557 als Kadett unter Kapitänleutnant Paulssen gedient und war dann nur einen Monat, bevor Paulssen und seine ganze Mannschaft auf den
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