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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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möchte ihn bitte durchs Haus und ums Haus herum führen.
    »Aber gerne, bloß dürfen Sie keine Schlossbesichtigung erwarten«, scherzte Herr Mangold und geleitete seinen Gast durch das bescheidene Erdgeschoss, das schnell vermessen war. Der Beamte blickte mit zusammengekniffenen Augen von seinem Grundbuchauszug auf, verglich die abgeschrittenen Raummeter mit den Angaben auf dem Plan und stutzte: »Wo schlafen Sie denn? Ich sehe hier nirgends ein Bett …«
    »Tja, eine berechtigte Frage!« Herr Mangold öffnete seine Hände in einer Geste der Resignation. »Jetzt sehen Sie selbst, wie eng es bei uns zugeht. Vielleicht können Sie nun verstehen, warum wir anbauen möchten. Wir schlafen nämlich im Keller.« Er ging dem Beamten voraus die Stufen hinunter und warnte ihn freundlich über die Schulter hinweg: »Seien Sie vorsichtig, die Treppe ist ganz schön steil. Meine Frau hätte sich beinahe das Genick gebrochen, als sie einmal darauf ausrutschte.«
    Im Keller hörte man die Waschmaschine schleudern, Mangold musste lauter reden, um sich verständlich zu machen, und öffnete seinem Gast die Tür zum Badezimmer mit der Bemerkung: »Das hier ist unser stilles Örtchen. Schauen Sie nur rein! In fremden Wohnungen sollte man als Erstes orten, wohin man im Notfall verduften kann …« Er lachte dazu ein bisschen anzüglich, und der Beamte brummelte unwirsch vor sich hin, denn er hasste Vertraulichkeiten im Dienst, die untergruben seine obrigkeitliche Autorität. Um sich durch professionelle Sachlichkeit auszuweisen, kritzelte er ein paar Zahlen auf den Grundbuchauszug und folgte seinem Gastgeber verbissen schweigend durch den Gang. Herr Mangold hingegen kommentierte mitteilsam jede Bodenfliese und jede Steckdose – die Berufskrankheit der Heimwerker – , dann öffnete er die schwere Stahltüre zum Heizungskeller und kontrollierte gewissenhaft die Messanzeigen, die ihm auf einer Schalttafel entgegenleuchteten.
    »Das habe ich alles selbst montiert, ist ja mein Beruf«, sagte er in selbstgefälligem Brustton und wischte mit einem Taschentuch über die metallglänzenden Maschinen und Kessel. »Was glauben Sie, was man da einsparen kann, wenn man Fremdleistungen und Steuer umgeht? Dafür müssen Sie zwei Monate arbeiten, wenn’s langt. Habe ich recht?« Stolz strahlte er den Beamten an, und der vertiefte sich in seine Unterlagen, als gäbe es darin etwas zu lesen, was er nicht schon wüsste.
    Als Herr Mangold ihm die Unterschiede zwischen Löt- und Muffenverbindungen zu erklären begann, unterbrach er ihn gereizt: »Wo schlafen Sie? Zeigen Sie mir endlich den Rest des Kellers!«
    Herr Mangold entschuldigte sich für seine Geschwätzigkeit und deutete verschämt auf die rückwärtige Stahltür hinter dem Feststoffbrenner. »Dahinten, es ist die frühere Räucherkammer. Ich habe sie entrußt, dreimal mit Sperrschicht grundiert und dann erst tapeziert. Eine Kleinklimaanlage sorgt dafür, dass einem nachts die Luft nicht ausgeht. Sie können deswegen unbesorgt sein.«
    Der Beamte strebte ungeduldig auf die Stahltür zu und wollte sie bereits aufreißen. Aber Herr Mangold kam ihm zuvor und legte bedeutungsvoll seine muskulöse Handwerkerhand auf die Klinke. »Moment, es ist mir peinlich«, schrie er dem Beamten ins Ohr, weil gerade der Brenner dröhnend ansprang. »Da drinnen sieht es ein bisschen chaotisch aus … die Betten sind nicht gemacht, wissen Sie, wir schlafen ja nur drin, den ganzen Tag über leben wir oben …«
    Beim Stichwort oben verdrehte der Beamte die Augen in schierer Verzweiflung, weil er bei diesem Schwätzer ewig nicht weiterkam. »Lassen Sie mich endlich rein!«, brüllte er gegen den Brenner an und schob Mangold zur Seite. Er riss die Tür auf und stürmte mit zwei Schritten an Mangold vorbei ins Dunkel. Der dritte Schritt führte ins Leere, die Hand in Erwartung eines Lichtschalters ausgestreckt. An den glatten Wänden des Abstiegsschachtes in den ehemaligen Luftschutzkeller verhallte ein kurzer Schrei.
    Andächtig verschloss Herr Mangold die schwere Stahltür und zog den Schlüssel ab. Dann stieg er nach oben, um einen Korb Brennholz aus dem Schuppen zu holen. »Gieß mir schon mal den Most ein«, sagte er zu seiner Frau, die das Jüngste fütterte. »Ich will nur noch schnell den Feststoffbrenner schüren. Es wird Frost geben.«
    Beim Apfelkuchen meinten die beiden ältesten Töchter, sie hätten aus dem Keller einen seltsamen Laut gehört. »Psst!«, zischten sie und reckten ihre blonden Köpfchen in

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