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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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Schlitten. Die Hebebühne ist eine Wucht. Technisch perfekt ausgereift. Bei Bedarf genügt ein Druck auf den roten Knopf« – der Bayer wieherte vor Vergnügen – »wie in Washington, wie im Weißen Haus, und das tonnenschwere Teil donnert mit Karacho in die Tiefe, dass es nur so kracht. Da überlebt keine Kellerassel darunter.«
    Ich nickte beeindruckt und nahm mir vor, niemals einen Fuß ins Werdenfelser Land zu setzen, wo auch immer das liegen mochte. Mein Nachbar kramte in seinem Rucksack, holte zwei Dosen Löwenbräu heraus und bot mir eine an. »Nehmen S’ a Bier, is besser als gar nix. Schnaps hab ich leider keinen mehr. Sie sind a bissl blass um die Nase, Sie können eine Stärkung vertragen, glaube ich.« Das war gut beobachtet. Eine Stärkung lehne ich ungern ab. Wir stießen mit den Dosen an, er sagte mit Schaum um den Mund: »Auf den Mangold! Und auf alle, die sich zu helfen wissen!« Dann schlürften wir friedlich unser Gebräu, bis die Alhambra in Sicht kam.

SCHWAMM DRÜBER

    G ranada darf man sich nicht so vorstellen, wie es die Kalifen einst besungen haben. Als einen beschaulichen Ort der Sommerfrische, wenn es im geschäftigen Córdoba unten zu schwül wurde; eine erholsame Oase im Schatten der Sierra Nevada, deren schneebedeckte Gipfel für Kühle sorgten, während man unter dem beruhigenden Geplätscher aus den zahlreichen Brunnen der Alhambra ungestört seine Siesta halten konnte.
    Die schneeweißen Gipfel gibt es immer noch und die Wasserspiele in der Alhambra auch, aber ihr Plätschern geht im Rummel der durchgeschleusten Busladungen mit Touristen aus aller Welt unter. Der Einfall der Westgoten unter Alarich, womit das Ende des Kalifats damals eingeläutet wurde, wiederholt sich heute täglich. Und zwar pünktlich zur Mittagszeit, wenn von allen Seiten die Pullman-Busse anrollen und ihre Humanfracht vor den Toren der Alhambra auskippen. Die Granadier – oder sagt man Granadenser? – leben von diesen täglichen Überfällen, ohne Zweifel, aber um darin nicht unterzugehen, haben sie das Geschäft militärisch straff durchorganisiert. Erst einmal werden die Kohorten hungriger Mäuler abgespeist. Zu diesem Zweck hat man vor der Alhambra eine Art Riesenbierzelt errichtet, in dem locker zwölf Busladungen unterkommen. In der Mitte des Zelts ist eine Bühne aufgebaut, auf der nonstop Flamencodarbietungen gezeigt werden. Während man also auf seine Paella wartet, kann man das zackige Stampfen der Tänzer verfolgen, was allseits bestens ankommt.
    Rechts neben mir war eine Pfälzerin ganz hingerissen davon. Ihr Körper schwang lustvoll im Flamencotakt hin und her – in dieser Enge eine Herausforderung für einen Nerd wie mich, der ängstlich darauf achtet, dass nur ja keiner in seine Dreimeilenzone einbricht. Ich fühlte mich von ihrem schaukelnden Hinterteil bedroht wie von einer Abrissbirne. Sie kochte gewissermaßen im eigenen Saft, bis in die Eierstöcke erhitzt von diesem Balztanz der Spanier, und hatte Mühe, ihre brodelnden Hormone zu bändigen. Hemmungslos umgarnte sie ihren Partner über die Tischecke hinweg, gurrte ihm Schmachtworte ins Ohr, die ihn und besonders mich erröten ließen. Verheiratet waren die beiden sicher nicht, denn Ehepaare benehmen sich anders. Ich sitze nicht gern neben Ehepaaren. Es gibt nichts Lähmenderes als ein stummes Paar, und wenn sie nicht verstummt sind, sind sie oft zänkisch und verbreiten dicke Luft. Links von mir saß der Werdenfelser, der ausnahmsweise mal den Mund hielt. Ich vermute, der Flamenco brachte auch seine Hormone zum Schwirren.
    Dann wurde die Paella serviert, das war eine choreographische Meisterleistung. Ein Heer von Kellnern und Serviermädchen in pittoresker Tracht verteilte sich über das Riesenzelt, sie trugen dampfende Pfannen vor sich her, deren Inhalt safrangelb leuchtete und einen köstlichen Duft verströmte. Mir lief das Wasser im Mund zusammen, auch wenn der Bayer mich aufklärte, Paella sei eine Restemahlzeit.
    Die Pfälzerin rührte ihre Portion nicht an, nachdem sie festgestellt hatte, dass sich in dem Reisgericht außer Geflügel und Meeresfrüchten auch Pilze versteckten. »Champignons«, stöhnte sie auf, »wenn ich die schon rieche!« Sie schob den Teller mit gerümpfter Nase ihrem Partner zu, und der ließ es sich doppelt schmecken. Nach fünfzig Minuten war die Massenabspeisung zu Ende. Das war präzise geplant, denn draußen standen schon wieder neue Busse, und die Kellner bereiteten das Fresszelt für die nächste

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