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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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Schultern. »Das würde mich nicht stören. Hauptsache, man kann ordentlich relaxen. Aber gut. Wenn du meinst, dass sich der Flug lohnen soll, dann schlag ich Hawaii vor. Kostet eine Stange Geld, der Linienflug.«
    »Nicht nur der Flug. Hawaii ist was für Geldsäcke. Da kann ich nicht mithalten«, gab ich zu.
    Albin zögerte kurz, dann gab er sich einen Ruck. »Ich könnte dir was vorstrecken. Zinslos, weil du es bist.«
    »Lieb gemeint.« Ich quittierte sein Angebot mit einem angemessenen Lächeln. Innerlich war ich verstimmt. Vorstrecken ist nicht dasselbe wie schenken. Für etwas großzügiger hätte ich ihn schon gehalten. Immerhin bin ich frei von Geschlechtskrankheiten und koste nichts, während die Insulanerinnen mittlerweile ganz schamlos abzocken. Stundenweise. Besonders auf Hawaii, diesem dollarverseuchten Solarium. Solche Hinweise darf man einem Mann gegenüber nicht laut äußern, sie nehmen ihm die Illusion, dass er um seiner selbst willen geliebt werden könnte. Ich beließ es deshalb bei dem Einwand: »Hawaii war sicher paradiesisch, bevor die Triathleten einfielen. Ich ertrage den Anblick dieser Gequälten nicht. Stell dir vor, alle naslang zischt jemand wie ein Gestochener an dir vorbei. Sein Keuchen verfolgt dich bis in die Träume, und du kannst nicht helfen, weil er schneller ist als du. Wie soll man sich da erholen?«
    »Du hast wohl was gegen Sportler?«
    »Gegen Wettkampf hab ich was. Überhaupt Kampf … Ehrgeiz … hat nicht Oscar Wilde gesagt, der Ehrgeiz sei die Wurzel alles Hässlichen?«
    Albins Blick signalisierte mir, dass nicht Oscar Wilde auf seinem Nachttisch liegt, sondern das TV-Programm der Sportsender. Vielleicht seid ihr doch keine Seelenverwandten? Vielleicht solltest du grundsätzlich überdenken …? Noch hättest du die Wahl …, raunte mir mein intuitiver Aszendent zu. Man weiß ja, wie schnell Krebse zum Rückzug bereit sind. Sei nicht dumm, appellierte die konstruktive Jungfrau im Gegenzug, du wirst doch deinen Traumurlaub nicht wegen unterschiedlicher Lektürevorlieben infrage stellen. So eine Chance bekommst du nie wieder. Der Kerl ist appetitlich und weltgewandt und wird dich nicht anpumpen. Was willst du mehr? Also sei nicht dogmatisch, und mach es ihm leichter.
    »Nun ja.« Ich bemühte mich um einen sanfteren Ton. »Sport kann eine nette Freizeitbetätigung sein, so in aller Muße und ganz für sich. Mir gefällt halt nicht, wenn Leute durch die schönsten Gebiete der Erde hecheln und nichts anderes sehen als die Stoppuhr in ihrer Hand. Das ist so ignorant. Das entwertet die Einheimischen und ihre Lebenswelt.«
    »Mein Gott, du bist aber schon sehr pingelig«, stöhnte Albin auf. »Solche Touristen findest du überall. Was bleibt dann noch übrig? Samoa oder die Fidschi-Inseln … aber sind das nicht Kannibalen?«
    »Jetzt nicht mehr. Die fressen Corned Beef und Ananas aus der Dose. Völlig kaputt, die Südseeinsulaner. Von den Atombombentests. Das muss ich mir nicht reinziehen.«
    Erschlagen von meinen Argumenten schüttelte Albin sein seborrhoisches Haupt, das Trockenzonen wie Mauretanien oder Mali ins Auge zu fassen von Haus aus verbot. »Mir fällt nichts mehr ein«, resignierte er über Dierckes Weltatlas gebeugt, wo uns nur mehr die weißen Flecken des Nordens entgegenprangten. »Es sei denn, du hättest Lust auf einen Survival-Urlaub in Alaska? Mit dem Hundeschlitten von Lodge zu Lodge, wo man sich abends nach der Sauna frischen Lachs und flambierte Rachenputzer servieren lässt …«
    Mich fröstelte. War ihm der Winter in unseren Breiten nicht unwirtlich genug? Survival! Darüber kann man als Mutter heranwachsender Töchter Bücher schreiben, dafür braucht man nicht in die Wildnis. »Nein«, entschied ich. »Der Film Into the Wild hat mir genügt. Ich muss mich nicht beweisen.«
    Nachdem die Cocktails alle, die letzte Zigarette geraucht und die Kerzen erloschen waren, erlosch auch unsere Fantasie. Wir waren da angelangt, wo alle landen, wenn sie mit der Welt fertig sind. Bei den Kanaren. »Buch wenigstens Gomera, das ist nicht so überlaufen«, rief ich Albin hinterher, als er mit Schlagseite die Treppe hinunterwankte. Auf einen Abschiedskuss hatte er verzichtet. Ich glaube, er nahm mir Hawaii übel. Vielleicht wäre alles ganz anders gekommen, wenn die Kanarenflüge nicht ausgebucht gewesen wären? Vielleicht wären wir heute sogar ein glückliches Paar? Gomera soll hinreißend sein, behauptet jedenfalls Frau Erlmoser von nebenan. Sizilien auch, möchte

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