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Trinken hilft

Trinken hilft

Titel: Trinken hilft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maxi Buhl
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in der Buchhandlung, fiel mir ein kleiner Ratgeber für Phobiker in die Hände: Ruhig Blut – Mit Promille gegen die Panik. Hab ich gleich gekauft und getestet. Ab zwei Promille werde ich wirklich ruhiger. Ich frage mich nur, wie lange Thea das mitmacht. Wir sind hauptsächlich telefonisch in Verbindung.
    »Komm wieder heim«, beschwört sie mich, »der Schorschi braucht seinen Vater. Er hat mir hoch und heilig versprochen, nie mehr …« usw. Aber ich trau ihm nicht. Ich habe seinen Gesichtsausdruck gesehen, als er die Spinne studierte. Er ist besessen vom Forscherdrang, er wird es nicht sein lassen. Und überdies: Er hätte mich in der Hand. Ein strenges Wort von mir an seine Adresse, eine Zurechtweisung, ein Verbot – und er bräuchte bloß mit einer Spinne winken. Und dann? Dann müsste ich ihn töten. Mein eigen Fleisch und Blut. Sagen Sie selbst, da hilft nur eins: Trinken.
    »Zu dieser Lösung hätte ich Ihnen auch geraten«, pflichtete ich ihm bei, als er sich die Stirn abtupfte. Konrad war schweißgebadet, nachdem er mir sein Dilemma geschildert hatte. Er nahm einen Schluck von seinem Irish Coffee, ein überzeugter Trinker war er offenbar nicht, sonst hätte er sich den Kaffee im Whiskey gespart. Mit waidwundem Blick äugte er in meine Richtung wie ein armer Sünder, der von seinem Beichtvater die Absolution erwartet. Wie kann man einem solchen vom Schicksal Gebeutelten sein Mitgefühl ausdrücken? Unter Männern nur mit der Flasche. Ich bestellte einen Vinho Verde für uns beide, dieser feine moussierende Tropfen stärkt die Lebensgeister. Nicht umsonst sind ihm die Portugiesen verfallen.
    »Von diesem Wein müssten Sie in den nächsten zwei Stunden neun Schoppen runterschütten, wenn Sie auf zwei Promille kommen wollen. Schaffen Sie das?« Ich schenkte ihm ein.
    Er nickte. »Ich werde mich bemühen. Aber sagen Sie mal, sind Sie Experte, weil Sie das so schnell ausgerechnet haben?«
    Ich wollte meine Anonymität nicht aufgeben, also wich ich aus: »Ach woher, man hat halt so seine eigenen Erfahrungswerte. Aber nun zu Ihrem Dilemma. Versuchen Sie es doch als Schiffsarzt«, schlug ich ihm vor, denn spontan war mir eingefallen, was mir die hübsche Krankenkassenbeauftragte an der Reling erzählt hatte. »Dann können Sie ganzjährig an Bord bleiben, vielleicht sogar mit Ihrer Familie.«
    »Das wäre eine Alternative, aber ich bin Pathologe, kein Schönheitschirurg«, wandte Konrad ein.
    »Der kleine Unterschied fällt doch nicht ins Gewicht«, zerstreute ich seine Bedenken. »Geschnipselt wird in beiden Branchen. Sehe ich das richtig? Eben! Die paar Zusatzkenntnisse zu erwerben, um auf Verschönerung umzusatteln, ist doch kein Thema für Sie. In der Pathologie hätten Sie das nötige Übungsmaterial, da darf auch mal gepfuscht werden, ohne dass einen die Regressansprüche zum Strick greifen lassen. Und sobald Sie sich fit genug fühlen, kaufen Sie sich das Zertifikat einer Ärztekammer in irgendeinem Land, wo man die Bestimmungen nicht so genau nimmt wie bei uns. China wäre mein Tipp. In China verkaufen sie alles, was Geld bringt.«
    Konrad starrte mich entsetzt an. »Das ist nicht Ihr Ernst, oder?«, vergewisserte er sich. »Wissen Sie nicht, dass wir Mediziner einer ärztlichen Ethik unterstehen? Ich habe den hippokratischen Eid …«
    Ich unterbrach ihn. »Guter Mann, ich kenne Ihr Grundgesetz. Ärzte sind da, um das Leben der Patienten vor der Gesundheitsreform zu retten, klar. Ihr Pathologen rettet Arbeitsplätze von Staatsanwälten, soweit ich das als Tatort – Fan beurteilen kann. Aber die kosmetischen Chirurgen, was retten die außer ihren Jachten?«
    »Na ja … sie retten das Selbstwertgefühl der Patientinnen. Manchmal auch deren Ehen, wenn die von Alterskorrosion gefährdet sind.«
    »Exakt. Und Sie retten Ihre Ehe, wahrscheinlich sogar das Leben Ihres so viel versprechenden Sohnes. Sie befinden sich absolut im grünen Bereich. Wo ist das Problem?«
    »Das Zertifikat, ich kann doch nicht ohne eine solide Ausbildung …«
    »Natürlich können Sie das«, beschwichtigte ich ihn. »Sie sind ein global player. Sie holen sich, was Sie brauchen, da, wo man es Ihnen kostengünstig bietet. Das ist legitim. Auch unsere Konzernchefs handhaben das so und werden dafür mit dem Bundesverdienstorden dekoriert. Einzige Voraussetzung: Sie müssen noch ein wenig an Ihren Leichen üben, bis Sie Ihr Handwerk wirklich beherrschen. Aber das schaffen Sie mit links. Und noch etwas. Diese Schiffsagenturen werden Sie

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