Trips & Träume
bleiben«, antwortete sie bestimmt. »Christiania ist die Chance, eine Alternative zum Spießerleben.«
»Wenn ich ehrlich sein soll«, sagte ich, »bin ich sauer, weil du dann weg bist. Aber nicht nur in Christiania ist etwas am Entstehen. Das Musikfieber, die Szene, die Bands und all das. Ist das etwa nichts? Keiner erkennt das an. Mark und Don wollen weg, Andi hat auch andere Pläne.«
»Ewig in diesem Kaff festhängen, das ist doch auch nicht das, was du willst. Hast du dich schon bei der Journalistenschule beworben?«
»Ich habe mir erst mal die Unterlagen schicken lassen.«
»Und? Schon angemeldet?«
»So einfach geht das nicht. Ich muss ein paar Artikel einreichen, einen Lebenslauf und so. Die suchen dann aus, wer zur Aufnahmeprüfung eingeladen wird.«
»Du schaffst das. Davon bin ich überzeugt«, sagte sie.
»Wer schreibt dann übers Musikfieber, wenn ich weg bin?«
»Immer nur Musik. Das ist nicht meine Welt. Ich habe keine Lust, als Braut eines Schlagzeugers durch die Gegend zu ziehen. Oder dem Herrn Komponisten die Noten hinterherzutragen.«
Womit wir wieder bei ihrem zweiten Lieblingsthema waren.
»Was die Männer anbelangt, kannst du dich nicht entscheiden«, sagte ich.
Sie spielte mit ihren Finger in den Haaren, drehte kleine Löckchen.
Ich schaute sie an. »Mark fürs Bett, Andi fürs Platonische.«
Sie steckte sich eine Locke in den Mund. Ihre rehbraunen Augen glänzten wieder. »Beide zusammen würden den perfekten Mann ergeben.«
Ich schüttelte den Kopf. »Karen, den Typen, den du dir erträumst, den gibt es nicht. Eine Mischung aus Albert Einstein und Jim Morrison, so was in der Art, wäre Ihnen das recht, Madame?«
Sie spuckte die Locke aus. »Andi hat mir ein Geschenk gemacht.«
Ich tat so, als wüsste ich von nichts.
Während sie erzählte, glühte ihr Gesicht.
Sie hatte Andi besucht. Sie hätten geredet und Musik gehört. Er war zur Hochform aufgelaufen, verhielt sich wie ein Gentleman, tat alles, um eine entspannte Atmosphäre zu schaffen. Irgendwann saßen sie auf seinem Bett.
»Ich fühlte mich total geborgen«, sagte sie.
Weiter, bitte, dachte ich. Jetzt war ich neugierig geworden.
Er überreichte ihr zwei Päckchen. In dem großen rechteckigen Umschlag waren die Noten, fein säuberlich in Schönschrift zu Papier gebracht. In dem anderen Päckchen war das Tonband.
Er hatte es tatsächlich getan.
»Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Ich war überwältigt. Dann hörten wir uns das Lied über Kopfhörer an. Mein Herz klopfte wie verrückt. Noch nie hat mir jemand so etwas Schönes geschenkt.«
Sie strahlte, als würde sie, während sie berichtete, die Situation noch einmal durchleben. Sie drehte an ihrer Locke, und je näher sie der Pointe kam, die ich bereits ahnte, desto mehr verfingen sich ihre Finger in den Haaren.
Andi habe ihre Hand genommen. Dann war der Blitz eingeschlagen.
Ich liebe dich, hatte Andi gesagt.
»Ich habe mit ihm geschlafen«, gestand Karen.
Endlich war es raus.
»Seid ihr jetzt zusammen?«, fragte ich.
Sie wich meinem Blick aus und murmelte: »Wie ist das denn bei dir und Miti?«
Ich schluckte. »Das mit Miti war etwas anderes. Das lässt sich nicht vergleichen. Aber ich denke, man fühlt es.«
Sie antwortete nicht, sondern blickte mir in die Augen, als wüsste ich eine Lösung für ihr Problem.
»Karen, du weißt noch immer nicht, was du willst. Der perfekte Mann ...«
Sie unterbrach mich. »Wären beide zusammen.«
*
Er hockte auf den Stufen, die ins Rats führten.
Dass er ebenfalls in dem Laden gewesen war, war mir nicht aufgefallen. Ich hatte mich von Karen verabschiedet und beim Rausgehen einen kurzen Blick in Richtung Stammecke geworfen. Die Bank war leer gewesen.
»War es ein gutes Gespräch?«, fragte Mark.
Hatte er uns beobachtet oder gar belauscht? Ich verspürte überhaupt keine Lust, mit ihm zu reden, und schwor mir, nicht ein Wort darüber zu verlieren, was Karen und ich besprochen hatten.
»Ich weiß nicht, was du meinst«, antwortete ich.
»Ja, klar, verstehe.«
»Willst du mich aushorchen? Geh rein und sprich selbst mit ihr.«
»Lieber nicht, ich will das neue Glück nicht stören.«
»Du bist selbst schuld. Du hast es vermasselt.«
»Dachte ich mir, dass du das so siehst.«
»Wo wir gerade dabei sind, Andi ist gar kein so übler Kerl, man muss ihn nur näher kennenlernen, dann entpuppt er sich als guter Kumpel. Was man von dir in der letzten Zeit nicht gerade behaupten kann.«
»Satti, du hast es
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