Trips & Träume
selbst mitbekommen, es war unglaublich viel los, das Festival, die vielen Proben, und dann morgen der Auftritt mit Witthüser & Westrupp, so ist das halt, für den Erfolg muss man hart arbeiten.«
»Was mich wundert, ist, dass du Gero, Skip und Paul so unter Druck setzt. Das haben sie nicht verdient. Der Erfolg, von dem du sprichst, ist auch der ihre. Aber anscheinend geht dir das am Arsch vorbei. Du denkst nur an dich. Du hast längst den Bodenkontakt verloren.«
Mark verschränkte die Arme vor der Brust. »Du bist eben ein Träumer. Man bekommt im Leben nichts geschenkt.«
Wie war der denn jetzt drauf? In diesem Moment brach meine tiefe Enttäuschung über unsere zerbrochene Freundschaft durch, ich konnte nichts dagegen machen, es passierte einfach.
Ich musste seiner zur Schau gestellten Abgebrühtheit etwas entgegensetzen.
»Andi hat Karen einen Song geschenkt«, sagte ich.
Mark steckte die Hände in die Hosentaschen. »Er hat was?«
»Er hat ein Lied für sie komponiert. Der Song ist so gut, der hat das Zeug zu einem Hit. Verstehst du, damit kann man reich, berühmt und sexy werden. Und Andi hat es Karen geschenkt, dieses Lied, einfach so.«
Mist, es war mir einfach rausgerutscht. Sofort schämte ich mich dafür, dass ich alles ausgeplaudert hatte, obwohl ich Andi versprochen hatte, es nicht weiterzuerzählen. Das Blut schoss mir in den Kopf. Weg hier, dachte ich, sonst verplappere ich mich vielleicht ein weiteres Mal.
»Der Song ist gut, sagst du?«
Ich spürte eine ohnmächtige Wut über mich selbst. Und trotzdem sprudelte es aus mir heraus.
»Das Lied ist der Knaller, davon träumst du nur, so was kriegst du mit Dreamlight niemals hin«, antwortete ich.
Hätte ich nur die Klappe gehalten.
Erst viel später verstand ich, dass in diesem Moment der erste Stein eines unsichtbaren Dominospiels umgeworfen wurde. Und zwar von mir, keinem anderen.
Hätte ich nur den Mund gehalten, die Dinge hätten einen anderen Verlauf genommen. Da bin ich mir sicher. In diesen Moment machte ich mich schuldig. Doch das konnte ich noch nicht wissen, als ich ihn stehenließ und mich auf den Heimweg machte.
vierzehn Witthüser & Westrupp
Don inszenierte seinen Managerblues.
»Ich habe weder an einem Joint gezogen, noch irgendetwas von Tonis Acid eingeworfen«, maulte er. »Zahlen lügen nicht. Ich bin Geschäftsmann, Rechnen gehört zum Handwerk.«
Ich versuchte es zu ignorieren, doch sein Jammern war nicht auszuhalten. Seit einer Stunde tippte er einen Betrag nach dem anderen in den Sumlock 324G Scientist. Den hatte er von seinem Vater, der die Dinger in seinem Schreibwarenladen verkaufte. Der Taschenrechner war der neueste Hitech-Schrei aus den USA und richtig teuer. Gerade frisch ausgepackt, der aufgerissene Karton lag auf dem Sekretär.
Das Gerät gehörte der neuen Generation von Rechnern an, die auch Gleichungen mit zwei Unbekannten lösen konnten. Wer das Geld für eine solche Anschaffung hatte, war nicht pleite.
Und wieso Gleichungen? Hier ging es doch nur um Addieren.
Großes Vertrauen in das Elektronikteil schien er nicht zu haben. Er nahm einen Block und kritzelte irgendwelche Zahlen darauf, machte Aufstellungen und Tabellen. Erst gab er die Zahlen in den Scientist ein, dann wiederholte er die Prozedur mit der Hand auf dem Block. Diese Art der Überprüfung war umständlich und aufwendig. Don legte den Kugelschreiber hin. Seine Hand zitterte.
»Ich kann Konkurs anmelden«, sagte er.
In meinem Kopf purzelten die Schlagzeilen durcheinander: Impresario vor dem Aus! Musikfieber gestorben!
Schirmer würde sich über die Story freuen.
Hatte er wirklich mit seiner ersten großen Nummer den Laden gegen die Wand gefahren? Das konnte ich nicht glauben.
»Gib es zu, irgendwo hast du sie versteckt, die Millionen«, sagte ich.
»Lass die Witze. Die Lage ist ernst. Ich habe jetzt alle Rechnungen zusammen. Das ist das Ende. Ich besitze keinen Pfennig mehr«
»Das kann doch gar nicht sein.«
»Du willst es also wirklich wissen? Tausend hat mir mein Alter geliehen, fünfhundert die Bank. Mit dem Eintrittsgeld vom Festival müssten sechstausendfünfhundert auf der Habenseite stehen. Aber da ist nichts mehr. Alles weg. Kontostand null!«
»Wenigstens bist du nicht in den Miesen«, antwortete ich lapidar.
Ich hätte wissen müssen, dass er in diesen Sachen keinen Spaß verstand. Er schnappte sich einen Ordner und fuchtelte damit vor meiner Nase herum. Jeden Moment würde er ihn quer durchs Zimmer oder mir an den
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