Trips & Träume
warst bei einem Weltereignis dabei, ich habe in meiner Vergangenheit herumgewühlt. Übrigens, ich bin sehr stolz auf dich. Ich habe keinen deiner Berichte verpasst.«
»Ganz schön verrückt, ich habe also einen Ex-Freak als Mann. Warum hast du mir nie davon erzählt? Jetzt verstehe ich deinen Krautrock-Fimmel auch.«
Für einen Moment schien so etwas wie das vertraute Gefühl zurückzukommen, das uns einst verband. Ich wollte es festhalten, ich wollte sie nicht verlieren, da war ich mir auf einmal wieder ganz sicher.
»Was hältst du von Berlin?«, fragte sie. »Nach dieser Pressekonferenz habe ich erst mal genug von dieser Stadt, ich muss nicht unbedingt so schnell wieder dorthin.«
»Aber ich. Man hat mir eine eigene Politiksendung angeboten.«
*
Mila trat ihren Job im Juni an. Maja und ich folgten ihr im September nach. Den Umzug, mit einem Siebentonner und drei Helfern, zahlte Milas neuer Brötchengeber anstandslos.
Bergmannstraße im ehemaligen Kreuzberg 61. Diese Ecke galt als die bessere Seite des ehemaligen linksalternativen Stadtteils. Es gab zwei Second-Hand-Plattenläden, in der angrenzenden Zossener Straße noch mal zwei. Dort waren auch eine Kleinmarkthalle, ein Comicladen, drei Supermärkte, viele kleine Restaurants von indisch bis italienisch, etliche Schuh- und Klamottenläden, gleich in der Nähe ein Krimibuchladen, ein Programmkino und die Columbiahalle, in der Phoenix und Bands von ähnlichem Kaliber auftraten. In einer Seitenstraße war ein Museum zu Ehren der legendären Punkband The Ramones untergebracht.
In der dritten Woche nach unserem Einzug rief Don an.
»Entschuldige«, sagte ich.
»Nicht bei mir. Hättest du früh genug die richtigen Fragen gestellt und dich nicht von deinen Gefühlen leiten lassen ...«
Er sprach den Satz nicht zu Ende. Dann bot er mir an, für sein Stadtmagazin zu schreiben, was ich dankbar annahm. Ich war mehr als überrascht, er schien nicht an Rache interessiert zu sein.
»Du musst ja nicht immer über Musik schreiben. Einen Artikel, wie du als Neuankömmling die Hauptstadt erlebst. Ruhig ein bisschen polemisch. Das kannst du doch«, sagte er und legte auf.
Mila arbeitete zehn Stunden am Tag, manchmal länger. Sie musste richtig ranklotzen. Und immer ging es um Einschaltquoten. Eine Haushaltshilfe lehnte ich ab. Ich war ja nicht mehr so viel unterwegs, die Stars kamen ja nach Berlin, ich musste nicht mehr zu ihnen, ich bekam sie sozusagen auf dem Tablett, direkt in der Stadt, in der ich lebte, serviert. Ich wurde wieder zum Hausmann, fing sogar an zu kochen, machte die Wäsche, brachte den Müll runter. Sachen, die ich früher, als Maja noch im Wickelalter war, auch gemacht hatte.
Mila fuhr für vier Tage zu ihren Eltern. Als sie zurückkam, fielen wir regelrecht übereinander her, liebten uns so leidenschaftlich wie früher.
In ihrer Abwesenheit hatte ich Bauer angerufen.
»Sie gehen also nach Berlin. Na, dann wird das nichts mit Q. Sie könnten doch als freier Mitarbeiter für die arbeiten? Als Hauptstadtkorrespondent. Warten Sie, ich gebe ihnen die Nummer des Verlagschefs.«
Ich rief niemals dort an.
Dafür meldete ich mich bei William.
Vor Begeisterung kriegte er sich kaum noch ein. »›Karen’s Song‹ ist so erfolgreich, ich kann jetzt von der Musik leben. Ich werde ein komplettes Album einspielen. Ich habe mich entschieden, eine Swingplatte zu machen.«
»Was ist mit deinen Ambitionen? Experimentelle Klänge, avantgardistische Sounds und so weiter?«, fragte ich.
»Das muss warten. Kann ich später immer noch machen«, antwortete er.
»Wie kommst du mit Mark klar?«, wollte ich wissen.
»Wir verstehen uns bestens. Er wird mein Album produzieren.«
»Okay«, sagte ich. Es entstand eine Pause.
»Ich weiß, er will dich verklagen. Du hättest nicht ...«
»... diesen Artikel schreiben sollen«, brachte ich den Satz zu Ende.
»Soll ich mal mit ihm reden?«
Ich beantwortete die Frage nicht, wünschte ihm viel Glück, was ernst gemeint war, und beendete das Gespräch.
Nach ungefähr drei Monaten verbesserte sich meine Auftragslage. Ich konnte meine Interviews nun auch an eine Berliner Tageszeitung verkaufen. Eine Konzertagentur meldete sich, und ich verfasste wieder Musikerbiographien und Tourneeankündigungen. Ich schrieb bis spät in die Nacht. Mila sah ich nur beim Frühstück. Sie machte immer öfter Überstunden, was ich ihrem Engagement für den neuen Job zuschrieb. Damit tröstete ich mich.
Dann tauchte Frank wieder auf.
Ich
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