Trips & Träume
nicht. Ich ruiniere dich.«
*
»Wir sind am Ende«, sagte Mila.
Es war eher ein Flüstern. Auf dem Rand der Badewanne stand eine halbvolle Flasche italienischer Rotwein, daneben ein leeres Glas.
Ich hatte zuerst in Majas Zimmer nachgesehen, vorsichtig die Tür geöffnet, die immer einen Spaltbreit offen stand. Das Flurlicht kroch durch die Ritzen und warf einen Kegel aufs Bett. Maja lag mit offenem Mund auf dem Rücken. Flat Eric saß am unteren Ende und wachte über ihren Schlaf. Zurück im Flur, lud ich Mantel und Jackett an der Garderobe ab. Dann nahm ich das Flackern wahr.
Sie hatte diese kleinen Teelichter aufgestellt. Sie standen überall, auf dem Boden, dem Fenstersims, sie leuchteten im Regal, und selbst die Benjamini-Pflanze war damit dekoriert. Aus den Boxen der Minianlage, die an der Wand neben dem Waschbecken befestigt war, säuselten esoterische Klänge. Meeresrauschen, Tablas und Klänge einer Sitar. Vorsichtig nahm ich den kleinen Hocker und setzte mich so, dass ich sie betrachten konnte.
»Dann fangen wir einfach noch mal von vorn an«, sagte ich.
Mila richtete sich auf, zog die Knie an und legte die Arme um ihre nackten Beine. Ich nahm den Schwamm, der auf dem Wasser umhertrieb und begann ihr den Rücken zu waschen.
Minuten vergingen, ich traute mich nicht, etwas zu sagen. Ich hatte einen Fehler gemacht. Einen? Gleich mehrere auf einmal, ich hatte richtig Scheiße gebaut, die ganze Aktion mit dem Artikel und der Pressekonferenz hätte ich mir sparen sollen. Der Albtraum wäre an mir vorübergegangen.
Doch das war nun unwichtig. Jetzt musste ich meine Ehe retten. Keine Ausflüchte, sagte ich mir, es war nicht in Ordnung gewesen, sie vor vollendete Tatsachen zu stellen und dann einfach abzuhauen.
»Lass uns reden«, versuchte ich es noch einmal.
»Nein, ich muss mit dir reden.«
»Gut, du fängst an«, antwortete ich.
»Was hast du dir eigentlich dabei gedacht, lässt mich auf dem Flughafen mit Maja stehen. Ich habe mich wahnsinnig gefreut, meine kleine Familie wiederzusehen, ich hatte mir das wunderschön ausgemalt, dass wir einen tollen Abend verbringen, etwas kochen. Ich wollte mit jemandem reden, mit dir reden. Darüber, was ich da unten erlebt habe. Wie konnte ich nur so naiv sein. Wahrscheinlich hast du dir gar nichts dabei gedacht. Und weißt du was? Genau das ist das Schlimme daran. Für dich ist es selbstverständlich, dass alles so zu laufen hat, wie du meinst, es habe so zu laufen.«
»Es tut mir leid. Ich habe ...«
»Ich kann deine Entschuldigungen nicht mehr hören. Und weißt du warum?«, unterbrach sie mich. »Weil du dich nie ändern wirst.«
Sie stand auf. Wellen bildeten sich, schwappten über den Beckenrand.
»Ich fahre ein paar Tage zu meinen Eltern und nehme Maja mit. Versuche nicht, mich davon abzuhalten.«
Sie wickelte sich in das blaue Badetuch. Ich blies die Lichter aus und stellte die Musik ab.
Sie saß im Wohnzimmer auf dem Sofa, im Fernseher lief MTV.
Mir war klar, dass ich heute nicht in ihren Armen liegen würde.
»Man hat mir einen neuen Job angeboten.«
In diesem Moment berichtete der MTV-Moderator von Mark, dem Songdiebstahl und der Pressekonferenz. Dann erwähnte er William. Stellte ihn als jungen aufstrebenden Musiker vor. Und dass William den Song neu herausbringen würde. Produziert von Mark. Dann brachten sie das Video von Regina della Luna. Ich war mehr als verwundert.
»Nie hörst du mir zu, du Mistkerl.«
Sie saß da und schaute mich böse an.
»Warum starrst du so auf die Glotze? Kennst du die Typen etwa? Das haben die heute schon mal gesendet.«
Ich erzählte ihr alles. Einfach alles. Die Geschichte von Mark, Andi, Don und Karen. Eine Geschichte über Freundschaft, Liebe und Ideale. Und den vermeintlichen Verrat. Von Dreamlight und Fra Mauro, von Fürst und von Witthüser & Westrupp, von dem Trip nach Montreux, von Dons Festival, von dem Segeltörn auf dem IJsselmeer und Andis Verschwinden. Und wie ich Don und Mark auf Karens Beerdigung wiedertraf, ich berichtete ihr von William, erwähnte das Tagebuch, vergaß auch nicht den Artikel in der Musikszene und die Pressekonferenz. Dass Mark gedroht hatte, mich zu verklagen, und das Angebot von Q behielt ich für mich. Manchmal hakte sie nach oder kommentierte mit hochgezogenen Augenbrauen. Sie lachte drauflos, als ich ihr von der Party im Müsli erzählte. Und sie war ganz nah an mich herangerückt.
Es war fast wie früher.
»Damit habe ich mich in der letzten Zeit beschäftigt. Du
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