Trips & Träume
erwartete.
Er atmete hektisch, als sei er gerannt.
»Euch habe ich überall gesucht«, stieß er hervor. Als er wieder Luft bekam, hörte es sich an wie ein asthmatisches Pfeifen.
»Komm wieder runter. Was gibt es denn?«, fragte ich.
»Wo ist mein Mofa?«
»Sorry, ich habe ich mich hier festgequatscht«, antwortete ich.
»Okay.«
»Nun sag schon«, drängte Karen.
»Habt ihr es nicht in der Tagesschau gesehen?«, fragte er.
Andi schüttelte den Kopf. »Ich habe keine Glotze.«
»Jim Morrison ist tot.«
Don sagte es, als sei der Sänger der Doors ein enger Verwandter.
Für die nächsten Sekunden passierte nichts.
Aber es gab jemanden in dieser stilvoll abgehangenen Musikantenbude, den diese Nachricht wirklich umhauen würde.
Jim Morrison, der Rock-Superstar, der Traum heißer Mädchenphantasien, Coverboy beim Rolling Stone , der Kritikerliebling, der zurzeit in Paris eine Pause vom Musikgeschäft einlegte und Gedichte schrieb, war tot.
Die Hippies hatten ihren letzten Helden verloren.
Karen hatte das Fenster geöffnet und starrte hinaus.
Dann hallte ihr Schrei durch die Nacht.
vier Atom Heart Mother
In jeder Band sollte es jemanden geben, der das Sagen hat, der alles in die Hand nimmt und die Richtung vorgibt. Jede Band braucht einen Chef.
Bei Dreamlight war das Mark. Leider konnte Mark manchmal ein rechter Kotzbrocken sein.
»So werdet ihr nie Rockstars. Ihr müsst euch mehr anstrengen«, schimpfte er. »Gebt alles, was ihr draufhabt!«
Mit verächtlicher Miene warf er die Trommelstöcke in die Ecke. Sie probten seit zwei Stunden, und bislang war nur Mist herausgekommen.
Er legte ein Arbeitstempo vor, bei dem die anderen nicht mithalten konnten. Natürlich hatte er seine Hausaufgaben gemacht. Er kloppte den Beat in die Felle, dass es eine Freude war. Hi-Hat, Standtom, Bassdrum, Hängetom und Becken wurden vom Meister virtuos bearbeitet.
Skip war noch nicht so weit. Zum x-ten Mal verpatzte er seinen Einsatz. Paul hinkte ebenfalls hinterher, er schaffte es nicht, sein Gitarrenriff fehlerfrei über die Runden zu bringen. Gero orgelte entnervt vor sich hin.
Warum sie sich auch an einem Monstertrack wie »Atom Heart Mother« von Pink Floyd ausprobieren mussten, war mir ein Rätsel. Das Stück war mehrere Nummern zu groß für sie, es überstieg ihre Möglichkeiten. Bei ihnen klang es verschrobener als jede Art von Space-Rock, die ich kannte. Selbst Ash Ra Tempel hätten gekotzt.
Mark hatte recht, sie mussten alles geben, regelrecht über sich hinauswachsen, sonst würde der Auftritt auf dem Festival ein Desaster werden. Aber dass er seinem Frust freien Lauf ließ, war auch keine Lösung.
Es brachte nur schlechte Schwingungen ins Spiel. Wie nicht anders zu erwarten, war die Stimmung am Boden. Skip stierte stumm in eine Ecke, Paul kämpfte mit seiner Wut. Und Gero verdrehte entnervt die Augen.
Ein Motivationsschub musste her. »Dafür, dass es eure erste Probe ist, klang es gar nicht so schlecht«, sagte ich.
Mark winkte ab. »Du hast doch keine Ahnung.«
Ich verstand genau, wie er das meinte. Es ist meine Band. Und du hältst dich da gefälligst raus, sollte das heißen.
»Wir müssen uns nicht ans Original halten. Wir spielen unsere eigene Version. Das nennt man künstlerische Freiheit«, versuchte Skip abzuwiegeln.
Paul schickte böse Blicke in Richtung seines Drummers. »Ich habe dein Gemecker satt. Verdammt, nie passt dir etwas, an allem hast du was auszusetzen. Kannst ja mal bei Bill Bruford anfragen, vielleicht lässt er dich die Becken putzen.« Der Yes-Schlagzeuger war Marks Lieblingstrommler.
»Hör einfach auf, wie ein Neandertaler auf deiner Gitarre die Akkorde zu schrubben. Bereite dich besser vor, dann kannst du auch dein Zeugs richtig spielen«, konterte Mark, ohne Paul anzuschauen.
Dann knöpfte er sich Skip vor. »Ich sehe es an deinen Augen, du bist zugeknallt bis unter den Haaransatz. Wir hatten doch verabredet, dass wir auf der Probe ungedopt auftauchen?«
Skip hatte eine Anordnung des Chefs missachtet und begann sich um Kopf und Kragen zu reden. »Mann, das verstehst du nicht. Ich spüre dann die Musik intensiver. Ich entwickle irgendwie ein besseres Gefühl. Meine Finger flutschen wie von selbst über die Saiten.«
Seit Drogen in die Musik Einzug gehalten hatten, und das musste schon in der Steinzeit passiert sein, experimentierten Künstler damit, unter allerlei chemischen und natürlichen Rauschmitteln tolle Werke hinzubekommen. Über das Ergebnis wurde heftig
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