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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
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Toni und Erwin erst recht nicht. Ihnen ging es um den Spaß. Pharmakologisches Wissen hatten sie nicht. Niemand von uns hatte das. Speed und Alkohol konnten zum Kreislaufkollaps führen.
    Das weiße Pulver, das sie der Feuerwehr ins Bier gemischt hatten und das nun seine volle Wirkung entfaltete, hatte die drei Blauröcke in Sphären geschossen, die sie nicht kannten. Hatten sie vorhin noch schlapp in den Seilen gehangen, schienen sie nun zu fliegen.
    Stiebel Eltron spielten gerade den ersten Song. Stefan, Uli und Benno hatten seit der Vorentscheidung anscheinend geübt wie die Weltmeister. Ihr Instrumental-Rock kam noch mehr auf den Punkt gebracht daher als zuvor. Besonders Stefan wurde seinem Ruf als Gitarren-Talent wieder einmal mehr als gerecht. Er zog an den Saiten und brachte mit einem langen Feedback das Holz zum Jaulen, um im nächsten Moment mit unglaublicher Fingerfertigkeit über den Hals des Instruments zu jagen. Uli rockte die Schießbude wie ein Berserker, und Benno pumpte mit dem Bass – lange hatte ich nicht mehr eine so gute Rhythmus-Arbeit gehört.
    Das dachten die Feuerwehrmänner auch.
    Sie hatten sich ihrer Uniformen entledigt und hüpften mit freiem Oberkörper wie anthroposophische Elfen um Stefan herum, als der gerade wieder aufjaulte. Eurythmie und Rock ’n’ Roll, der Wahnsinn!
    Eine Elfe mit Hängebauch schwebte auf Benno zu. Der Fleischberg konnte sich richtig gut bewegen, mit Mick-Jagger-Arschgewackel tänzelte er um den Bassisten herum, die beiden anderen drehten Pirouetten, vollführten ein avantgardistisches Pas de deux. Sie waren total entrückt in den galaktischen Außenbezirken ihres Speed-Universums.
    Die Freaks waren ebenfalls darauf gekommen, die erste Reihe vor der Bühne war bereits am Abheben und wirbelte wie ein Haufen Sufi-Derwische im Kreis herum.
    Ein Trommelsolo war mittlerweile obligatorisch, ohne das ging gar nichts, bei keiner Band. Uli legtre los, drosch auf Becken und Snare ein. Sofort hatte es die Feuerwehr auf ihn abgesehen, ihre Körper zuckten im Rhythmus und kreisten um das Schlagzeugpodest, angefeuert von Rufen aus dem Publikum. Selbst in der letzten Reihe des Zeltes hatten sich die Freaks auf die Bänke gestellt, um mit »Schneller, schneller«-Sprechchören den drei Grazien einzuheizen.
    Ich beobachtete das Schauspiel von der Boxengasse aus. In diesem Moment traf mich von rechts etwas am Kopf.
    Zum Ausweichen blieb keine Zeit. Eine Faust sauste heran und traf mich an der Schläfe. Ein Knirschen im Schädel. Mit beiden Händen hielt ich mir den brummenden Kopf. Dann ging ich zu Boden.
    Irgendwo zwischen wach und ohnmächtig träumte ich, mein Hirn läge in einem Einmachglas. Ein Steinbohrer machte sich an meiner Schläfe zu schaffen. Ich öffnete vorsichtig ein Lid, dann das andere.
    Fränki saß auf meiner Brust und zerrte an mir.
    »So, das hast du nun davon«, kreischte er hysterisch.
    Plötzlich waren Toni und Erwin zur Stelle und zogen ihn weg.
    Jemand kniff mir in die Backe. »Alter, alles klar?«
    Benommen rappelte ich mich auf, Erwin griff mir unter die Arme, und schon stand ich wieder. Etwas wackelig noch, aber es ging. Ich schüttelte den Kopf. Es hämmerte noch ein wenig, aber sonst schien alles in Ordnung zu sein.
    Toni schlang die Arme um Fränkis Brust und hielt ihn fest im Klammergriff.
    »Was ist bloß in dich gefahren?«, schrie ich ihn an.
    »Das hast du alles extra gemacht«, stieß Fränki hervor und versuchte sich aus Tonis Umklammerung zu lösen. Doch der packte umso fester zu und hievte ihn wie ein Möbelstück in die Höhe. Ich wusste gar nicht, dass in Toni so viel Kraft steckte.
    »Du leidest unter Realitätsverlust«, bellte ich zurück, »Ich habe versucht euch zu helfen.«
    »Du hättest Schmunz schon bei der Orgel helfen müssen. Du warst in der Nähe, hast aber nix unternommen. Und als mir die Basssaite gerissen ist, bist du nur blöd rumgestanden und hast gegrinst.«
    Ihm war eine Saite gerissen? Hatte ich gar nicht mitbekommen.
    Fränki begann erneut zu strampeln und zu zappeln. Toni stellte ihn zurück auf die Füße, hielt ihn aber weiterhin umschlungen.
    Dann flüsterte er ihm ins Ohr: »Ich hoffe, du hast dich wieder beruhigt. Solltest du noch einmal durchdrehen, kommt Fetzer, und der setzt dich vor die Tür, kapiert? So, ich lass dich nun los.«
    Fränki schaute erst mich, dann Toni an. Schließlich drehte er sich kommentarlos um und flitzte los wie ein kleiner Junge, den man beim Klauen erwischt hatte.
    Von diesem Tag

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