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Trips & Träume

Trips & Träume

Titel: Trips & Träume Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Klaus Fischer
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Plateau-Absätzen. Er maß vielleicht eins sechzig und war unglaublich dünn. Das weiße Hemd hatte Rüschen an den Ärmeln. Diverse Kettchen zierten seinen Hals. Das taillierte rote Jäckchen, eines wie es Jimi Hendrix getragen hatte, wirkte an ihm wie gemalt.
    Der Typ war so kultiviert freakig, dass es meinen Augen wehtat. Wenn Rütz der Edelfreak war, dann war der hier ein Oscar-Wilde-Freak.
    »Wer will das wissen?«, gab ich zurück.
    »Ich, der Charlie«, sagte er und spreizte zwei Finger zum Peace-Zeichen.
    An der Stimme erkannte ich ihn. Charlie, der Radiomoderator. Er hatte eine wöchentliche Sendung, die Freakshow hieß. Ein leibhaftiger Musik-Papst und Radio-DJ, der immer die neuesten Scheiben und angesagtesten Bands vorstellte. Was Charlie in seiner Sendung auflegte, galt als das nächste große Ding. Immer mittwochs um einundzwanzig Uhr war er dran. In seiner Sendung hatte ich Witthüser & Westrupp gehört.
    Was hatte der hier verloren?
    »Bist du der Radio-Charlie?«
    »Ja, genau!«
    »Was führt dich zu uns?«
    »Fürst hat mich angerufen. Er hat mir richtig was vorgeschwärmt. Dass das Neue nicht immer aus den großen Städten kommen muss, auch in der Provinz passierten innovative Sachen. Da dachte ich mir, das schau ich mir mal an. Und ich muss sagen, ich bin begeistert.«
    »Okay, aber ...«
    »Der Auftritt von Dreamlight hat mir gefallen. Die haben es echt drauf, die könnten richtig groß werden.«
    »Hat Fürst dir auch was von Fra Mauro erzählt?«
    »Ja, klar. Die seien interessant, weil die einen neuen Ansatz von Jazz in ihrer Musik hätten. Das könnten die deutschen Soft Machine werden, meinte er. Dreamlight waren schon ein guter Tipp, wenn das so weitergeht, na. ja, bis jetzt gibt es keinen Grund, meine Reise zu euch zu bereuen.«
    Fürst rührte also die Werbetrommel. Das machte er bestimmt nicht aus Freundlichkeit. Fürst sondierte das Gelände, in Vorbereitung auf den nächsten Band-Einkauf.
    »Und wie kann ich dir jetzt weiterhelfen?«
    »Ich will den Gewinner des Festivals in meine Sendung einladen.«
    Bei Charlie in der Sendung. Wenn das nicht die Nachricht des Abends war.
    »Dann stell ich dich am besten dem Chef des Ganzen vor.«
    *
    Wir saßen backstage auf einer der Bänke.
    Am anderen Ende hockten Don und Charlie. Sie steckten die Köpfe zusammen. Don gestikulierte, Charlie hörte zu und nickte dann und wann. Sie handelten wohl irgendwas aus.
    »Du hast dich sehr verändert«, sagte ich.
    Mark verdrehte die Augen. »Du verstehst mal wieder nicht. Weißt du, warum? Weil du ein Träumer bist. Und du wirst es immer bleiben.«
    Was er sagte, ärgerte mich. »Wer nicht für dich ist, ist gegen dich. Ist es das, bist du jetzt so drauf?«
    Nun wurde auch er giftig. »Ihr könnt mich alle mal. Ihr seid doch bloß eifer-
    süchtig. Du, Karen, Andi und der Rest der Korona. Ihr gönnt keinem ein bisschen Erfolg. Und ihr wollt meine Freunde sein? Ich sag dir was, in einem halben Jahr ist das hier alles Geschichte, während ich in Berlin als Musiker meinen Weg gehe.«
    »Könnt ihr euren Streit nicht woanders hin verlagern? Ich versuche gerade dem Radiotyp einen korrekten Deal abzuringen«, sagte Don, der sich, ohne dass Mark und ich es bemerkt hatten, neben uns materialisiert hatte und gleich wieder abzog, weil Charlie schon zu uns rüberschaute.
    Mark war noch nicht fertig. »Schau dir Don an. Der hat das Zeug zum Manager. Das ist etwas, was ihr alle nicht kapiert. Wenn ich das Festival gewonnen habe, und genau das werde ich tun, dann bin ich weg hier. Und noch was: Ich bin lieber ein Arsch als ein Verlierer.«
    »Du bist nicht mehr du selbst«, zischte ich.
    Mark erhob sich. Ich hielt seinem Blick nicht stand. Ich spürte Aggression und Enttäuschung in mir aufkeimen. Grußlos marschierte er ab.
    Warum hatte ich mich mit ihm angelegt? Ich wollte ja genauso wie er weiterkommen. War ich wirklich eifersüchtig, wie er behauptete? Weil er einen Schritt weiter war als ich und der Rest der Korona?
    Ich schaute ihm nach. Er reckte den rechten Arm in die Luft. Die Finger formten sich zu einem Zeichen. Deutlich sah ich, wie er den Daumen zwischen Zeige- und Mittelfinger klemmte. Das sollte »Fick dich« heißen.
    Toni und Erwin hockten sich auf die Bank. »Mist, das Dope ist alle. Die Bands haben uns die Haare vom Kopf geraucht, so schnell sind wir mit dem Pfeifenbauen gar nicht nachgekommen«, erklärte Toni.
    Mein Gott, hatten die denn nichts anderes im Kopf?
    »Dann ist ja endlich Ruhe«,

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