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Tristan

Tristan

Titel: Tristan Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Grzimek
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zu essen. Was für ein Fang, wenn er uns gelingen würde. - Tantris!«, rief er plötzlich und sah den jungen Mann an, »willst du uns nicht helfen, wir brauchen jeden Freien, der uns zur Verfügung steht.«
    »Ich bin kein Freier«, sagte Tristan daraufhin ganz nüchtern und hatte sich brav neben Isôt aufgestellt.
    »Warum bist du kein Freier?« Gurmun trat näher an ihn heran. Es war das erste Mal, dass die beiden Männer sich so dicht gegenüberstanden. Tristan stellte mit Erschrecken fest, dass Gurmûn einen ungeheuren schweren Kopf hatte, er glich dem Morolts, und er sah das Bild wieder vor sich, wie er diesen Kopf vom Hals getrennt hatte. Unwillkürlich schlug er die Augen nieder. Gurmûn entnahm aus diesem Wegblicken, dass er nichts anderes von einem Spielmann hatte erwarten können: schöne Lieder, ja, eine blutige Sauhatz mit Pfeil und Bogen, Armbrust und Speer: nein.
    »Dugh wommet!« Mehr kam aus Gurmûns Mund nicht heraus. Tristan kannte die Worte nicht, in ihrem Klang aber lag Verachtung und Abweisung. Isolde und auch Isôt verstanden sie sehr wohl. Sie hießen so viel wie: Schafft ihn mir aus den Augen! Isolde bemerkte sofort, dass ihre Tochter zu weinen begann. »Lassen wir das mit den Wildsäuen«, sagte sie daher beschwichtigend, und zu Gurmûn: »Such dir deine Männer, aber nicht bei uns! - Zwei Monde noch«, setzte sie ihre Rede fort, nachdem Gurmûn den Saal verlassen und sie auch alle Knechte und Mägde weggeschickt hatte, »zwei Monde noch - so lange bleibt dir«, wandte sie sich an Tristan, »bis Isôt halb ausgebildet ist. Dann schicke ich dich zurück zu deiner Familie. Währenddessen berührst du nicht einmal ein Haar meiner Tochter, selbst wenn es im Wind an deiner Nase vorbeiweht. Hast du verstanden?«
    »Und die anderen Bedingungen?« Tristan blieb, wie jeder Lügner, völlig unbeeindruckt von der Androhung, die sich hinter Isoldes Worten versteckte.
    Isolde zögerte, verlangte von den wieder herbeigerufenen Mägden Bier, wie es Benedictus immer trank, und willigte ein. »Fünfundzwanzig halbe Schillinge«, sagte sie leise, verschluckte sich beim Trinken, hustete und wedelte heftig mit der Hand - das Zeichen dafür, dass sie allein sein wollte.
     
    Brangaene sieht ~ 223 ~ Brangaene ahnt
     
    Zwei ganze Monde noch - dies war Tantris-Tristans schönste Zeit. Er war mit Isôt in den Wäldern und immer öfter auch am Meer. In den Wäldern fanden sie keine Drachen und am Meer keine Seeungeheuer, die sie hätten auffressen können. Hier gab es nur das fröhliche Lachen Isôts und die hundertfachen Übungen, ihr das Schwimmen beizubringen. Um sie nicht am Leib anzufassen, musste sie sich zur Übung auf ein breites Stück Holz mit dicker leichter Borke legen und mit den Armen rudern. Er achtete darauf, dass Brangaene immer in der Nähe war, jede seiner Anweisungen überwachte und ihm zuhörte, wie er davon sprach, wo er selbst das Schwimmen gelernt hatte. »Ich lebte auf einer Burg«, rief er, »nicht weit vom Meer entfernt, das im Gegensatz zu dem euren viel wärmer ist. Das ganze Jahr kann man darin herumschwimmen, und das Wasser schmeckt auch längst nicht so salzig. Es gibt dort Fische, die man unter Wasser sehen kann, denn man kann unter Wasser seine Augen öffnen. Und außerdem gibt es Philosophen aus der Alten Zeit, die behaupten, wir seien aus dem Meer geboren. Fische waren wir einst…«
    »Hör auf mit deinen lästerlichen Reden!«, fuhr ihn Brangaene mit zurückgenommener Stimme an. Sie stand bis zu den Waden im Wasser, traute sich aber nicht weiter vor. Weder ihr noch dem Mädchen fiel auf, dass Tristan jetzt von einer »Burg« sprach und von »warmem Wasser«. Je weiter man nach Norden komme, erzählten die Seeleute, desto kälter werde das Meer. Das wusste auch Tristan, doch es kümmerte ihn nicht. Sollten sie ruhig glauben, er erzähle Unsinn.
    »Der Mensch, ein Fisch! Das ist gut, Tris!« Isôt lachte auf. Sie war gerade dabei, sich in eine herannahende Welle zu stürzen, und es war das erste Mal, dass sie Tantris »Tris« nannte. »Wir sind zwei Fische!«, schrie sie in das Rauschen hinein.
    Tristan stockte der Atem. Er sah Isot in Gefahr und hatte so große Angst davor, sie zu verlieren, dass er nach Luft ringen musste. Plötzlich spürte er, wie nah er Isôt in seinen Gefühlen war, unerlaubt nah. Er wandte sich ab, nachdem er Isôt befohlen hatte, sofort aus dem Wasser zu kommen, bat Brangaene, sich um sie zu kümmern, zog sein Wams über und ritt, ohne die jungen Frauen

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