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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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das nicht wirklich, Fräulein Schneider. Der Mann war vermutlich ein Simulant, und der Arzt hat mitgespielt.«
    »Wie simuliert man ein Vatermord-Syndrom, bitte schön?«
    »Was weiß denn ich?« Und dann grinste sie. »Vermutlich hat er ein Problem, Autoritäten anzuerkennen, und bekommt Zuckungen, sowie jemand einen Befehl erteilt. Dann ist er wirklich wehrdienstuntauglich.«
    Thalheimer traute ich eine solche Posse durchaus zu.
    »Ein interessantes Gebiet, diese Psychoanalyse. Ich habe das Gefühl, dass sich in uns allen irgendwelche Abgründe auftun.«
    Doktor Friedensreich wurde wieder ernst.
    »Ja, das ist sicher so, Fräulein Schneider. Und der beste Weg, ein seelisch gesundes Leben zu führen, ist vermutlich, sich seinen eigenen bösen Geistern zu stellen.«
    Wie Mac es letzte Nacht vorgeschlagen hatte.
    »Da mögen Sie recht haben. Ich werde während des Fluges mal darüber nachdenken. Oben am Himmel hat man etwas mehr Distanz zu den Dingen.«
    »Das stelle ich mir auch so vor. Und, Fräulein Schneider, versuchen Sie, keine Schuldgefühle wegen Geraldine zu entwickeln. Es war ihre Entscheidung, diesen Weg zu gehen, und vielleicht hat sie dadurch nun die Muße, sich und ihren Problemen in die Augen zu schauen. Es gibt Menschen, auch mit großen Behinderungen, die ein würdiges Leben führen.«
    »Danke, Frau Doktor Friedensreich. Ich wünsche Ihnen viel Erfolg auch auf Ihrem Weg.«
    Sie gab mir die Hand und lächelte. Die Kinder würden sie lieben und ihr vertrauen. Dessen war ich mir ganz sicher.
    Die Jungs von der Rennleitung halfen mir, die Rumpler noch einmal aufzutanken. Ich prüfte den Motor, die Bespannung und die Ruder und befand das Flugzeug in guter Gesundheit und einsatzb ereit. Natürlich hatte sich auch wieder eine Traube junger Enthusiasten um uns versammelt. Magere Kinder, manche rachitisch, andere hustend. Das nahrhafte Essen und die reine Luft hier in diesem Lager würden ihnen guttun. Sie schienen mir überwiegend sehr aufgeweckt zu sein, und manche trauten sich, eifrig Fragen zu stellen. Ich erklärte ihnen, wie das Flugzeug zu lenken war, und sie begutachteten aus vorsichtiger Entfernung Leitwerk und Bespannung.
    »Heute Nacht haben sich ein paar von den Schlingeln hier herumgetrieben, Fräulein Schneider«, sagte einer der Mechaniker. »Ich hoffe, sie haben keinen Unfug angestellt.«
    »Es sieht nicht so aus.« Ich musterte das Trüppchen, und zwei von ihnen sahen betreten zu Boden. »Wart ihr das, Jungs?«
    Sie scharrten mit den Füßen. Dann hob einer den Kopf und murmelte: »Ja. Aber wir haben nichts angefasst. Aber der dicke Mann war auch da.«
    »Der dicke Mann?«
    »Der ist um das Flugzeug rumgegangen und hat eine stinkige Zigarre geraucht.«
    Thalheimer hatte wohl Dampf ablassen müssen. Ich warf noch einmal einen kritischen Blick auf den Motor und die Leitungen. Es schien alles in bester Ordnung.
    »So, Leute, ich muss starten. Auf Wiedersehen und nun aus dem Weg alle Mann!«
    Sie wurden von den Männern zur Seite beordert, dann halfen die mir beim Start, und kurz darauf stieg ich in die Höhe. Unten winkten mir die Kinder zu.
    Die Wettervorhersage war nicht schlecht. Zwar war der Himmel überwiegend bedeckt, aber der Wind wehte nur mäßig aus Westen, Niederschläge waren nicht zu erwarten, die Temperaturen bewegten sich um achtzehn Grad. Oben war es kühler, aber ich hatte warme Kleider an. Ich würde auch nicht sehr hoch steigen, denn in die Wolkenschicht durfte ich nicht geraten. Der Höhenmesser zeigte dreitausend Fuß, über mir lagen die Altostratuswolken wie ein Schleier vor der Sonne. Ich flog nach Kompass und Karten Richtung Nordosten und vergewisserte mich immer wieder, dass ich die Route einhielt. Mit einem Mitflieger, der navigierte, war es zwar leichter, allerdings konnte ich mich recht gut an der Straßenführung orientieren. Die Reichsstraße eins, der alte Hellweg, war deutlich zu erkennen, und diese gut ausgebaute Strecke mochte für die Rallyefahrer weit weniger anstrengend sein als der gebirgige Part, den sie am Vortag zu bewältigen hatten. Ich erkannte die Höhen des Teutoburger Waldes, überflog Hameln und richtete mich mehr nach Osten aus.
    Der Flug verlief glatt und problemlos, der Flug meiner Gedanken jedoch nicht. Nicht nur Geraldine hatte in den vergangenen Jahren alles in sich hineingefressen. Ich hatte das auch getan. Hatte versucht, vor den Erinnerungen zu fliehen, sie zu betäuben, und wenn die Schatten sich über mich legten, einfach an etwas

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