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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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Anblick, den es sich zu betrachten lohnte.
    Er war versunken in ein geometrisch silbern und gold gemustertes Hemdchen, dessen dünne Träger die Schultern seiner Besitzerin hübsch zur Geltung kommen ließen, als er eine bekannte, sehr britische Stimme hinter sich sagen hörte: »Ich habe schon nach ihm gefragt. Aber die scheinen hier etwas unorganisiert zu sein.«
    »Er ist gemeldet. Aber vielleicht ist er noch nicht eingetroffen. Warten wir es ab. Mann, Beau – ich dachte, er hätte es nicht überlebt.«
    »Verschollen – du weißt ja, das kann viel heißen. Er wird es uns erzählen, sowie wir ihn gefunden haben.«
    Mac wagte sich nicht umzudrehen. Sein mit schwarzem Tuch bekleideter Rücken konnte ihn nicht verraten. Er trat etwas zur Seite und hoffte, dass die glatte Marmorsäule ihn ausreichend verbarg. Die Brüder Fitzgerald gingen an ihm vorbei, ohne ihn zu beachten, und er merkte, dass er wieder Luft holen musste.
    So viel zu Zufällen. Das war knapp gewesen.
    Hans war verschwunden. Auch er hatte sicher eine Möglichkeit gesucht, den Engländern nicht unter die Augen zu kommen.
    Ein sanfter Gong ertönte, und wie es schien, war das das Zeichen, zu Tisch zu gehen. Mac schloss sich der Gruppe plaudernder Damen und Herren an und betrat den Bankettsaal. Für einen Moment blieb er stehen, um sich einen Überblick zu verschaffen. Er hatte sich in den Zelten der Kabylen zurechtgefunden, in den Souks und den Basaren von Tanger, er hatte auch in den Schützengräben in Flandern die Orientierung nicht verloren – da würde es irgendwie auch hier möglich sein herauszufinden, nach welchem Muster die Menschen sich bewegten.
    Immer mehr Gäste gingen an ihm vorbei in den hell erleuchteten Saal, und so machte auch er sich auf die Suche nach seinem Platz. Wieder erschien ein hilfreicher Geist, und eben gerade noch erinnerte Mac sich an die ausgetauschten Tischkarten und fragte nach dem Platz für Joseph Smith. Das brachte den hilfreichen Geist etwas in Schwierigkeiten, der Hinweis auf die Nähe zur Presse aber erlöste ihn, und Mac wurde zu seinem Tisch geleitet. Silber funkelte ihn bösartig an, Massen von Porzellan und Kristall, blendend weiße Servietten und Blumengestecke bedeckten die Tische.
    Man rückte ihm den Stuhl zurecht, und mit dem Gefühl, gleich an der eigenen Hinrichtung teilnehmen zu müssen, setzte er sich.
    Erleichtert bemerkte er, dass auch Hans wieder erschienen war und sich neben ihm niederließ.
    »Ein kleines Problem ist aufgetaucht«, sagte der leise.
    »Klein? Ich muss mit all dem Zeug hier auf dem Tisch klarkommen. Das ist kein kleines Problem.«
    »Das ist kein Problem, das ist eine Frage der Manieren. Mach einfach das nach, was ich tue, und trink nicht aus den Fingerschalen. Nein, das Problem sitzt da drüben. Grünes Kleid, schillernde Perlen, braune Schmachtlocken.«
    Mac schaute in die angegebene Richtung, und sein Herz setzte einen Schlag aus.
    »Was macht Emmalou hier, um Gottes willen?«
    »Presse, soweit ich verstanden habe. Sie berichtet für das Bunte Blatt aus Berlin.«
    »Aber …«
    »Nicht nur du hast deine Heimat verlassen, Mac. Versuchen wir, sie nicht zu intensiv zu mustern. Ich vermute, sie ist auf größere Fische aus als auf ein paar unbedeutende Fahrer.«
    Jemand beugte sich zwischen sie und goss Wein in eines der zahlreichen Gläser, doch als Mac durstig zugreifen wollte, bekam er einen Tritt auf den Fuß.
    »Erst die Reden, dann die Toasts. Gedulde dich.«
    Mac hatte in seinem Leben schon die seltsamsten Mahlzeiten zu sich genommen, verstohlen geklaute Äpfel, zwanglose Picknicks in freier Natur, kalte Dosensuppen im Schützengraben und verschimmeltes Brot in halb zerfallenen Scheunen. Er hatte in Zelten auf dem Boden gesessen und Fladenbrote mit scharfen Soßen gegessen, sich mit den Fingern in wohlgefüllten Schüsseln Reisgerichte mit Fremden geteilt und sich an Bord eines Schiffes in der dritten Klasse seinen Anteil an Fleisch und Fisch erkämpft. Er hatte fast immer gegessen, weil er hungrig war. Essen als Zeremonie gefiel ihm nicht.
    L’Auto hielt eine eloquente Rede auf Französisch, die eine junge Dame etwas hilflos ins Deutsche übersetzte. Es wurden Toasts ausgebracht auf Fortschritt und Triumph, auf die Völkerverständigung und den Wettkampf. Die Gerichte auf dem Gedeck vor ihm wechselten ständig, die ersten hatte er noch hungrig verschlungen, beim dritten Gang zerbröselte er nur etwas Brot und musste dann der nächsten Rede lauschen, diesmal von Tilmann,

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