Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Apparat in der Diele entgegen. Hatte mein Vorschlag Gefallen gefunden?
Er hatte!
Meine tranige Stimmung lichtete sich. Es gab etwas zu tun, der erste Schritt in mein neues Leben war erfolgreich, denn der Herausgeber des Bunten Blatts hatte angebissen. Er hatte sogar seinen Sonntagsfrieden unterbrochen, um mir mitzuteilen, dass ihm die Berichterstattung über die Rallye Paris–Berlin aus der Luft ungemein schmackhaft erschien. Dennoch traute er mir nicht zu, über den Kampf der Motoren zu berichten.
»Diese Rallye ist auch eine gesellschaftliche Veranstaltung, Fräulein Schneider. Versuchen Sie, den Sponsor zu erwischen: Frank Tilmann, den Ölbaron aus Amerika. Wenn es Ihnen gelingt, ein Interview mit ihm zu machen, wird man es uns aus der Hand reißen.«
»Warum sollte er ausgerechnet mir ein Interview geben?«
»Weil Sie eine hübsche junge, berufstätige Frau sind. Seine Tochter ist etwa in Ihrem Alter und hat in Philadelphia eine Werbeagentur aufgemacht. Angeblich ist er sehr stolz auf ihre Arbeit. Fragen Sie ihn nach ihr, das ist für die Frauenseite nicht uninteressant.«
Das war zwar mehr gesellschaftlicher Klatsch und Tratsch, aber warum nicht? Ich gab ein zustimmendes Geräusch von mir.
»Es sind auch noch andere bekannte Personen unter den Teilnehmern. Ein Reifenfabrikant aus Leverkusen. Der will jetzt mit seinen Kunstgummireifen den Markt erobern. Ich vermute, die Rallye wird er dafür nutzen, sie anzupreisen. Seine Anzeigen würden dem Bunten Blatt einiges einbringen.«
»Dann soll sich unser Anzeigenleiter an ihn klemmen.«
»Der ist dick und alt und riecht nicht gut. Sie sind jung und hübsch und haben schon mal etwas von Parfüm gehört.«
Ich musste schmunzeln. Manchmal konnte Koch ganz amüsant sein.
»Frauen sind die besseren Menschen, nicht wahr?«, fragte ich und hörte ihn anerkennend grunzen.
»Manche, nicht alle. Da ist zum Beispiel Doro Obeli, die zusammen mit ihrem Bruder Ruidi teilnimmt. Sagen Ihnen die Namen etwas?«
»Obeli? Doch nicht etwa die Schweizer Pralinen?«
»Genau die. Entweder Anzeigen oder eine kleine Skandalgeschichte. Die süße Doro ist nämlich in eine verwickelt.«
»Doro … Doro – ist das die, deren Mann sich von ihr hat scheiden lassen, weil er sie mit dem Gärtnerburschen unter dem Liguster entdeckt hat?«
»Nicht nur ihr Gatte hat sie entdeckt, sondern auch zwei Reporter. Es gibt ein Foto von ihrem nackten, süßen Hintern. Es sorgte für einigen Aufruhr, zumal bei der Scheidung herauskam, dass Doro nicht nur den Gärtnerburschen vernascht, sondern auch ansonsten einen Hang zum Personal entwickelt hatte. Man hat versucht, es zu vertuschen, aber es war schon ziemlich peinlich.«
»Sie wird mir sicher kein Exklusivinterview zu ihren Männervorlieben geben, Doktor Koch.«
»Nein, aber an dieser Rallye nehmen einige attraktive Männer teil. Vielleicht wissen die etwas über ihre Neigungen zu berichten.«
Klatsch und Tratsch, von oben betrachtet.
»Darf ich auch über die Automobile berichten und die Wertungsprüfungen, die Unfälle und Pannen?«
»Wenn sie menschlich anrührend sind, dann ja. Überlassen Sie die technischen Details den Sportredakteuren. Konzentrieren Sie sich auf die gesellschaftlichen Ereignisse. Und nehmen Sie einen Fotoapparat mit, damit Sie Ihre Berichte mit Bildern versehen können. Von gut aussehenden Fahrern, nicht von blutigen Leichen und rauchenden Trümmern. Haben wir uns verstanden?«
Ich stimmte diplomatisch zu, aber ich nahm mir vor, vor allem die Fahrleistungen zu beobachten. Ein bisschen Klatsch und Tratsch konnte nicht schaden, aber es ging um technischen Fortschritt, um Mut und Ausdauer, Risiko und Chancen.
»Kommen Sie morgen früh um neun in mein Büro, wir besprechen dann die Einzelheiten.«
In beschwingter Stimmung ging ich zu Geraldine zurück, die einer schmachtenden Männerstimme aus dem Grammofon lauschte. Ich hob die Nadel von der Platte, und sie funkelte mich ärgerlich an.
»Ich habe einen Auftrag, Frau Fotografin.«
»Ach ja? Am Sonntag?«
»Nein, am Freitag. Ich reise nach Paris …«
»Oha!«
»… und folge den Etappen der Rallye – von Triumph zu Triumph.«
Das ärgerliche Funkeln verwandelte sich in ein gespanntes Glitzern.
»Du hast es also geschafft.«
»Fast. Ich darf über die glanzvollen gesellschaftlichen Ereignisse berichten und erfolgreiche Automobilisten interviewen. Und Aufnahmen von gut aussehenden Männern machen. Leihst du mir eine deiner Kameras?«
Geraldine leckte sich
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