Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
oder gar nicht erst eingeschaltet worden war, hörten sie Schritte hinter sich.
»Ein passender Abschluss dieses langweiligen Abends«, raunte Mac und drehte sich abrupt um. Drei Männer standen ihnen gegenüber, unrasiert, mit groben Leinenhemden, speckige Mützen auf den Köpfen. Sie umkreisten sie augenblicklich, und ein langes Messer schimmerte in der Hand des einen auf. Ein zweiter knurrte etwas, das danach klang, als ob er um ihre Börse bat. Hans beschied ihm im Jargon der Matelots, ein unsittliches Vergehen an sich selbst auszuführen, was die Herren sichtlich überraschte, jedoch nicht vorsichtig machte. Der Messerstecher wandte seine Aufmerksamkeit Mac zu, und in ihm loderte eine plötzliche Freude auf. Es gab einen kurzen, heftigen Schlagabtausch, das Messer segelte in die Gosse, der Angreifer stieß sich heftig den Kopf an einer Hausecke und sackte zusammen. Hans beförderte eben den zweiten in die Gosse, der dritte, unerschrocken, holte zu seinem hohen Tritt aus, den er offensichtlich aus Begegnungen mit asiatischen Kumpanen erlernt hatte. Vollendet hatte er seine Technik jedoch nicht, denn Mac wich aus und hakte ihm das Standbein unter dem Leib weg. Zwei weitere Männer tauchten aus dem Nichts auf. Mac zog den Überzieher aus und verwendete ihn beinahe fachgerecht als Mantilla. Eine scharfe Klinge schnitt durch den Stoff. Er drehte ihn um, das Messer entglitt der Hand des Überraschten, und eine Faust ließ dessen Zähne klappern. Der zweite Schlag brachte ihn zu Boden. Hans aber war in Bedrängnis geraten, sein Gegner hatte ihn in den Würgegriff genommen. Mac sah sich gezwungen, das erbeutete Messer einzusetzen. Der Stich in das Gesäß des Würgers brachte Hans die nötige Luft, um sich seiner mit einem derben Griff zu entledigen. Mac hörte den Arm brechen.
»Wir sollten sehen, dass wir weiterkommen, Hans. Die Gegend hat ihren Reiz für mich verloren.«
»Wie recht du hast.«
Sie stiegen über einen Bewusstlosen und setzten sich in Trab. Sie erreichten unbehelligt die nächste, breitere Straße, die sich Avenue nannte und sie zu ihrem Hotel neben dem Gare du Nord führte.
»Nicht mehr ganz schicklich«, murmelte Mac und zog an dem halb ausgerissenen Ärmel seines Smokings. »Diese feinen Stoffe halten wirklich nichts aus.«
»Sie werden gewöhnlich auch von Herren von Welt getragen«, gluckste Hans. »Aber du bist wieder gut in Form, Mac.«
»Mhm.«
Er war zufrieden mit sich – das Bankett hatte er ohne unliebsame Zusammentreffen überstanden, ein kleiner Straßenkampf hatte seine missliche Laune vertrieben, und morgen würde er die erste Etappe zu einem möglichen Triumph antreten.
Was bedeutete da schon ein zerrissener Smokingärmel?
10. FRÜHSTÜCK MIT OBERST
Das Leben ist ein Würfelspiel.
Wir würfeln alle Tage.
Dem einen bringt das Schicksal viel,
dem and´ren Müh´ und Plage.
Volkslied
O tto von Braunlage kämpfte sich übermüdet aus dem viel zu weichen Pfühl, den das Bett in seiner Suite darstellte. Trixi schlummerte noch, die dunklen Haare zerwühlt, die Augen schwarz umschattet, das Kopfkissen von ihrem blutroten Lippenstift verschmiert. Sie hatte für das Bankett am Abend zuvor verschwenderisch die modische Maquillage aufgetragen. Und was im Kerzenschein verführerisch gewirkt hatte, sah nun verrucht und sündig aus.
Trixi schlief nackt, und das Plumeau enthüllte eine runde, feste Brust, auf der seine leidenschaftlichen Bisse Spuren hinterlassen hatten.
Der Oberst unterdrückte ein Stöhnen. Auch er trug Spuren des nächtlichen Kampfes. Himmel und Hölle – diesmal mehr Hölle – bescherte ihm sein wollüstiges Weib. Und um nicht noch einmal in diese süße Versuchung zu geraten, schlich er sich so leise wie möglich ins Badezimmer, um sich zum Aufbruch fertig zu machen. Trixi würde ohne ihn das Frühstück einnehmen müssen, er wollte pünktlich am parc fermé eintreffen und sich auf den Start vorbereiten.
Wie üblich kleidete er sich in seine graue Uniform, schnallte den Pistolengurt um die Jacke und fuhr in die blank gewienerten Stiefel. Noch einmal schweifte sein Blick über die schlafende Schöne.
Das Zimmermädchen würde gleich den Befehl erhalten, die Koffer von Madame zu packen, und ein Angestellter des Hotels hatte dafür zu sorgen, dass sie den Mittagszug nach Köln nahm. Dort würde man sie im Dom-Hotel empfangen und dafür sorgen, dass sie alles zu ihrer Bequemlichkeit vorfand. Jedoch kein Geld, um ausgedehnte Fischzüge durch die Geschäfte zu
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