Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
aufgegeben hatte.
Reisen mit dem Automobil sollte weit weniger strapaziös sein. Und dazu musste vor allem wohl der Straßenbau vorangetrieben werden. Ich beschloss, demnächst einen Artikel über dieses Thema zu verfassen und scharfe Worte zu verwenden. Bisher war ich lediglich in Berlin und Umgebung gefahren, dort waren die Straßen asphaltiert oder bestanden aus Kopfsteinpflaster. Makadam-Pisten, festgefahrener Splitt, ging auch noch, obwohl er zuzeiten staubig oder matschig war. Aber diese Feld- und Waldwege waren für Automobile unmöglich. Dafür aber war mein Fahrer so freundlich, mir unterwegs mit Begeisterung von der neuen geplanten Gebirgs-, Renn- und Prüfungsstrecke zu berichten, die hier entstehen sollte. Die Notstandsarbeiten, bei denen Arbeitslose und Kriegsversehrte eingesetzt wurden, fanden geteilte Zustimmung in der überwiegend sehr ländlichen Bevölkerung. Immerhin, am Sonntag hatte die Grundsteinlegung stattgefunden, und nun entstand eine Ringstraße, die insgesamt achtundzwanzig Kilometer lang werden würde und die Bedingungen der deutschen Landstraßen abbilden sollte.
Zurück am Lager der Arbeiter verabschiedete ich mich von meinem Chauffeur und sah mich um. Von den Automobilen noch immer keine Spur, aber einer der Mechaniker verwies mich an das Pressebüro, das auch noch leer war. Die anderen Berichterstatter fuhren vermutlich mit der Rallye mit, oder sie würden erst eintreffen, wenn auch die Wagen ankamen. In einem großen grauen Zelt werkelten vier Frauen an zwei großen Kesseln, und der Duft von Erbsensuppe wehte mir entgegen. In Weidenkörben lagerten braune Brotlaibe. Mir lief das Wasser im Mund zusammen – das Frühstück war schon eine ziemliche Weile her. Ich versuchte eine Schale Suppe von den Frauen zu erbetteln, aber entweder verstanden sie meine Sprache nicht oder waren nicht willens, einer Dahergelaufenen in Hosen ein Almosen zu geben. Eifler Service, knurrte ich für mich und ging zurück zum Pressebüro. In meiner Tasche befand sich noch ein Apfel.
Als ich ihn verspeist hatte, kündigte das Röhren der Motoren an, dass nun auch die ersten Teilnehmer sich näherten. Ich sprang auf, um die Ankunft mitzuerleben.
Der Horch des Oberst von Braunlage, völlig verdreckt, aber offenbar ohne Blessuren, rollte zu der Kontrollstelle. Ihm folgte – und hier wunderte ich mich ein wenig – der kleine Citroën mit ChiChi und ChouChou und ihrem schönen Chauffeur Gregoire. Die Mädchen winkten mir zu und sprangen aus dem Wagen. Ihnen hatte offensichtlich die anstrengende Strecke weniger zugesetzt als den Fahrerinnen des Turcat, die ich am Vormittag gesprochen hatte.
»Puh, was für eine grässliche Landschaft«, sagte ChiChi und ließ sich neben mir auf einem Stein nieder. »So viele Bäume. Und ganz wild. Morgens war unser Reifen platt, aber das Wechseln haben wir geübt, ChouChou und ich.« Sie zeigte ihre rosa lackierten Fingernägel vor. »Hat noch nicht einmal den Lack angekratzt!« Das würdigte ich mit einiger Bewunderung, denn meine Nägel hatte ich an der Rumpler schon mehrmals ramponiert. ChouChou kicherte und zeigte auch ihre hübsch manikürten Hände vor. »Schlimmer ging es dem Riley. Den hat ein Wildschwein erwischt. Oder umgekehrt. Das Wildschwein starb noch an der Unfallstelle.«
»O je.«
»Ja, und die Fahrer haben eine Tür verloren. Wird Strafpunkte geben.«
»Sonst was passiert?«
»Der Ford ist ausgerutscht, auf nassen Blättern. Ist ihnen aber nichts geschehen. Guter Fahrer, sagt Gregoire. Und der Opel hat gekocht. Schätze, der wird aussteigen. Andere haben wir nicht gesehen.«
Offenbar – denn sie gehörten zu den Ersten der Wagen. Inzwischen rollten auch weitere Fahrzeuge an, und es wurde lebhaft. Einige wurden spornstreichs zu den Wartungsplätzen gebracht, wo die Mechaniker mit Werkzeug und Ersatzteilen bereitstanden. Andere Fahrer untersuchten ihre Automobile selbst. Ich sah Hans aus dem Ford steigen und wollte mich zu ihm begeben, als ein lauter Knall mich zusammenzucken ließ. Ein Delahaye schleuderte, krachte gegen den stehenden Alfa und schrammte dann an einem Zeltpfosten vorbei. Zwei Mechaniker waren entsetzt zur Seite gehechtet, der Alfa-Fahrer sprang aus dem demolierten Wagen, die Fäuste geballt. Der Führer des Delahaye hing benommen über dem Lenkrad, sein Beifahrer war herausgeschleudert worden und lag am Boden.
»Reifen geplatzt«, kommentierte ChiChi fachkundig. »Verliert man leicht die Kontrolle über den Wagen.«
Bevor der
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