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Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)

Titel: Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Schacht
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vergessen. Nach einer halben Stunde hatten alle ihr Essen bekommen.
    Nach beinahe fünf Jahren kehrte diese tiefe Befriedigung in mir zurück. Es war mein Verdienst, dass sie hier friedlich essend zusammensaßen. Ich musste an eine Mutter denken, die oft im Gastraum gestanden und lächelnd zu den Tischen gesehen hatte, an denen ihre Gäste sich den Mahlzeiten widmeten.
    »Es ist nicht der schlechteste Beruf, Emmalou. Hunger haben die Leute immer, und sie sind dankbar, wenn sie einen gefüllten Teller vor sich stehen haben.«
    Sogar als es nur Steckrüben gab und matschige Kartoffeln, in jenem letzten Winter, hatten meine Eltern sich noch darum gekümmert, dass, wer immer zu uns kam, ein Essen erhielt. Sie hatten es sogar noch geschafft, als die Grippe um sich griff, hatten noch mit Fieber und zitternden Gliedern in der Küche gestanden.
    Bis zuerst meine Mutter zusammenbrach und zwei Tage später auch mein Vater.
    Der Kloß in meiner Kehle wurde groß und größer.
    »Denk an was Schönes, Kind!«
    Mama hatte es noch geflüstert, bevor sie ihre Augen für immer schloss.
    ChouChou schob mir einen Teller Suppe mit einem dicken Kanten Brot zu. »Du musst auch etwas essen, Emma.«
    War das nicht etwas Schönes? War diese kleine Freundlichkeit nicht etwas, wofür man dankbar sein konnte? Die Kameradschaft ließ die Formalitäten schwinden. Der Knoten aus Trauer und Wehmut löste sich, und ich war genauso erfreut über die Suppe wie über ChouChous Fürsorge. Meinen eigenen Hunger hatte ich nämlich über dieser Angelegenheit ganz vergessen. Jetzt überwältigte er mich geradezu. Mit großem Appetit löffelte ich die Schüssel leer. Mochten die Bäuerinnen auch pflichtvergessen gewesen sein, einen köstlichen Erbseneintopf hatten sie auf jeden Fall gekocht.
    Es machte auch mich satt und glücklich.
    Geraldine hatte ich darüber ganz vergessen.

25. HERR OBERST ERLIEGT
DER VERSUCHUNG
    In fremden Revieren zu pirschen,
    das lernt’ ich auf mancherlei Art.
    Die Liebe zu fremden Kirschen
    ward stärker, je älter ich war.
    Julius Freund
    O berst von Braunlage verzehrte die lauwarme Suppe ohne Genuss. Sein Adjutant hatte getrödelt und das Zeug auf dem Weg zu der Baracke des Bauleiters kalt werden lassen. Das Bier hingegen war abgestanden und ebenfalls lauwarm. Er hätte sich möglicherweise doch unters Volk mischen sollen, aber das graue Zelt erinnerte ihn an die Mannschaftsunterkünfte im Feld. Diese zugige Hütte war wenigstens noch leer bis auf zwei Pritschen, einen Ofen und einen Tisch, auf dem sich Papiere stapelten.
    Die Fahrt durch die Eifel hatte der Horch mit bewundernswerter Ausdauer bewältigt. Fast war Oberst von Braunlage geneigt, schon jetzt dem Werksvertreter seine Empfehlung zu telegrafieren.
    Es gab jedoch keinen Telegrafen. Und vielleicht sollte er auch erst noch die zweite Steigungsprüfung im Sauerland abwarten und die Ausdauer des Wagens auf der langen Strecke zwischen Hannover und Berlin testen. Darauf freute er sich schon.
    Das war die eine Sache, die andere beunruhigte ihn mehr und mehr. Dieser Beckhaus, der Deserteur und mögliche Spion – ihn hatte er vorhin beobachtet, wie er mit den zwei Engländern, den Brüdern Fitzgerald, zusammensaß. Beide waren, wenn man ihr unmelodiöses Gegröle richtig deutete, im Krieg bei der Luftwaffe gewesen. Vielleicht waren sie es noch, und Beckhaus unterrichtete sie jetzt über die Aktivitäten der Reichswehr. Verdammt, er musste herausfinden, was der Kerl war und was er wusste.
    Morgen – morgen würden sie in Köln sein, und da würde es eine Möglichkeit geben, mit Oberstleutnant Friedrich Gempp, dem Leiter der Gruppe Abwehr T3, Kontakt aufzunehmen und sich Anweisungen geben zu lassen. Es wäre nicht schlecht, wenn er selbst einem Verräter auf die Spur käme. Er war schon viel zu lange Schreibtischhengst. Diese Rallye hatte ihm gezeigt, dass er noch immer ein Mann in bestem Saft und bester Kraft war. Solche Herausforderungen belebten doch ungemein.
    Otto von Braunlage stellte das Bierglas zur Seite und zückte das Zigarrenetui. Eine Havanna an der frischen Luft, dann ein paar Stunden aufs Ohr gehauen und um Mitternacht auf nach Colonia!
    Die Dunkelheit lag bereits über dem Lager, hier und da schaukelten ein paar Laternen an den Zelten, eine Bogenlampe erleuchtete den parc fermé und ließ hier und da Lack und Chrom aufblitzen. Meist aber waren die Wagen schlammverschmutzt und staubig. Er wanderte einige Meter von den hellen Lichtern fort und fand einen Baum,

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