Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
und muffelten mich an, als ich ungefragt zur Kaffeekanne griff.
»Frauen in Hosen, das gehört sich nicht«, sagte einer der Mechaniker, der sich ebenfalls am Kaffee bediente.
»Ah, deshalb die säuerlichen Mienen.«
»Ist ein herbes Volk hier. Aber vielleicht erweitert sich ihr Horizont, wenn die Rennstrecke fertiggestellt ist.«
»Wann soll es so weit sein?«
»In zwei Jahren, schätzt man. Und dann wird es jedes Jahr mindestens drei Rennen geben, hat der ADAC versprochen.«
»Rennen? Über diese Pisten?« Mich schauderte, als ich an die kleine Rundfahrt am Vortag dachte.
»Na, na. Das werden schon ordentliche Straßen. Aber die Kurven und Gefälle, die können eine Herausforderung werden.«
Wir unterhielten uns eine Weile über das gewaltige Vorhaben, und ich machte mir einige Notizen dazu. Für die Leser des Bunten Blatts mochte es einen interessanten Bericht geben, vor allem in Verbindung mit dem Schicksal der armen Eifelbewohner, die kaum mehr als ein paar Kartoffeln aus ihrem steinigen Boden zu ziehen in der Lage waren.
Frank Tilmann kam mir in den Sinn – er war einst hier geboren und aufgewachsen und aus schierer Hungersnot nach Amerika ausgewandert. Es musste ihm dort wie das Schlaraffenland vorgekommen sein, da er die harte Arbeit kannte, mit der man hier dem Boden seinen Ertrag abringen musste. Zielstrebig und ehrgeizig hatte er sein Land beackert, und der amerikanische Boden hatte ihm seine Schätze preisgegeben. Eine schöne Geschichte, die man auch noch einflechten konnte.
Zufrieden mit meiner morgendlichen Arbeit machte ich mich daran, meine Rumpler startklar zu bekommen, eine Tätigkeit, bei der mir der nette Mechaniker ebenfalls zur Hand ging. Vielleicht drückte er sich damit vor anderen Aufgaben, aber das war nicht mein Problem.
Um halb elf schwebte die Rumpler sacht über den bewaldeten Bergen der Eifel Richtung Rhein. Glitzernd lag der Strom unter mir, und ich erfreute mich an dem malerischen Panorama des Siebengebirges. Vor mir ragte dann die Godesburg auf, ein hohler Zahn von einer Ruine. Einen kurzen Augenblick erwog ich, hier an den Rheinauen zu landen und meine Schwester aufzusuchen, und kreiste in niedriger Höhe über dem Ort.
Nein, besser nicht.
Nein, das hatte ich hinter mir gelassen.
Emma, denk an etwas Schönes!
Zum Beispiel an ein schönes Mittagessen im Dom-Hotel .
Ich zog die Nase der Rumpler hoch und trimmte sie Richtung Norden.
Der Dom wies mir den Weg, doch landen musste ich auf dem Butz, dem Butzweiler Hof, einige Kilometer weiter nördlich. Immerhin, dieser große Flughafen, derzeit noch in britischer Hand, würde in drei Monaten der Stadt Köln übergeben, und ich war mir sicher, dass man mir erlauben würde, dort zu landen und meinen Flieger bis zum Morgen in Sicherheit stehen lassen zu können.
Die Rumpler wurde bestaunt, ich auch.
Und dank meiner Englischkenntnisse erfuhr ich von einem der dort stationierten Piloten, dass ein Flugzeug dieser Bauart das erste war, das von einem Briten im Krieg zur Landung gezwungen worden war. Man feierte es damals als den ersten Luftsieg. Ich lehnte jedoch ein Nachstellen dieser Situation mit einem freundlichen Lächeln ab. Aber das Angebot, mich zur Haltestelle der Elektrischen in Bocklemünd zu chauffieren, nahm ich dankbar an. Zwei Stunden lang konnte ich die Schienenfahrt genießen, während der ich mir in meiner Kladde einige Notizen zu dem Artikel über die Rennstrecke an der Nürburg und den Straßenverhältnissen in der Eifel machte. Was mir der Mechaniker auch verraten hatte, war, dass in Köln die ersten Auswertungen und Etappenergebnisse der Rallye vorliegen würden. Ausfälle, Strafpunkte, Bestleistungen – das alles würde ich im Laufe des Nachmittags erfragen.
Die Elektrische hielt endlich am Dom, und wie schon früher immer ließ mich der filigrane Koloss vor Ehrfurcht erstarren. Dann aber nahm ich meinen Koffer und trug ihn zu dem gewaltigen Hotelgebäude, dessen Fassade sich ebenfalls prunkvoll auftürmte. Es war in den letzten Jahren von dem neuen Direktor Julius Metz völlig renoviert worden. Mein Vater kannte Julius Metz schon aus der Zeit, als er seine Lehre im Dom-Hotel absolviert hatte, und die beiden Männer hatten ihre Freundschaft auch später noch erhalten, auch wenn zwischen unserem kleinen Rheinblick und dem Dom-Hotel Welten lagen. Ich hatte Herrn Metz bereits als Kind kennengelernt, und er hatte meine Schwester und mich immer fasziniert. Denn er war ene echte Jeck. Zwei Jahre vor meiner
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