Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
wenigstens die von Paris, mussten sie inzwischen auch bekommen haben.
Als ich die Telefonzelle verließ, war von Frau Heinemann nichts mehr zu sehen, und der Gernegroß an der Rezeption war durch einen stattlicheren Herrn ausgetauscht worden. Das traurige Schicksal des anderen ließ mich kalt. Mein Vater hätte ihm einen strengen Verweis erteilt und ihn vermutlich nie wieder am Empfang eingesetzt. Nach Frau Heinemann würde ich mich später erkundigen, jetzt verlangte es mich wirklich nach einem Mittagessen.
Im Restaurant traf ich auf Vater und Sohn Waldgruber, die mich freundlich an ihren Tisch einluden. Am Nebentisch schlug sich der korpulente Thalheimer die Wampe voll, in seiner Begleitung der Oberst und die schöne, kostspielig gekleidete Dame, von der ich annahm, dass sie seine Gattin war. Bei ihnen saß, und das fuchste mich ziemlich, der Reporter, der sich als Donny Dorsch vorgestellt hatte. Ihn schien der Reifenfabrikant großzügig mit Informationen zu versorgen. Ich versuchte mich abzulenken und ließ mich von den Waldgrubers in ein Gespräch über den Unfall des Renaults bei der Nachtfahrt verwickeln. Fahrer und Beifahrer waren eingeklemmt worden, hatten sich Knochenbrüche zugezogen und waren aus dem Rennen. Seit ich gestanden hatte, einst im Lazarett Dienst getan zu haben, hielt mich der junge Doktor für eine Art Kollegin. Als unsere Gerichte kamen, trat ein Page an den Nachbartisch und flüsterte hörbar: »Herr Oberst, Ihr Gespräch nach Berlin.«
Von Braunlage verließ den Tisch, ging nahe an dem der beiden Obelis vorbei und wurde mit einem jammertraurig sinnlichen Blick der Pralinenprinzessin bedacht. Ein kühler, sehr wissender Blick aus Madame von Braunlages scharfen Augen beobachtete das Spielchen, dann ergötzte sie sich an den Komplimenten Thalheimers.
Nettes Völkchen.
»Wo kann ich denn die Wertungsresultate der Rallye erfahren?«, fragte ich Waldgrubers und erhielt den Hinweis, dass die Rennleitung am Abend die Listen veröffentlichen würde.
»Wir haben einen ordentlichen Kratzer einstecken müssen.« Papa Waldgruber verzog betrübt den Mund. »War meine Schuld, ich hatte die Spitzkehre nicht rechtzeitig angesagt.«
»Haben Sie dafür Strafpunkte bekommen?«
»Noch nicht, aber bei der Endwertung kann das negativ auffallen.«
»Aber Sie fahren doch nicht um Ruhm und Sieg, hatten Sie erwähnt.«
Waldgruber Junior sah mich grinsend an.
»Es packt einen dann doch der Ehrgeiz, wissen Sie.«
Papa hingegen rümpfte die Nase.
»Protasius, wir haben diese Fahrt unter anderen Gesichtspunkten angetreten.«
Himmel, wer nannte seinen Sohn denn Protasius? Mitleid für den Junior keimte in mir auf. Und Neugier.
»Ja, Sie sagten zu Beginn der Rallye, dass Sie sich lediglich die Spinnweben aus dem Kopf pusten wollten. Was hat Ihre Meinung denn geändert, Doktor Waldgruber?«
»Ein Mann muss sich beweisen, Fräulein Schneider. Und unser …«
»Du hast bereits bewiesen, Protasius, dass du Manns genug bist, einen Doktortitel zu erringen. Ein intellektueller Sieg bedeutet weit mehr, als sich gegen diese proletarischen Rennfahrer durchzusetzen.«
Ein missgünstiger Blick wanderte zu Gregoire Latour und seinen beiden lustig schnatternden Begleiterinnen.
»Latour, Papa. Hat die Targa Florio gewonnen.«
»Rennen, in denen brutale Motorleistung zählt.«
»Nein, Geistesgegenwart, ausgezeichnete Reflexe, Beherrschung der Maschine und des Körpers. Und eine exzellente Kenntnis der Strecke.«
Papa schoss seinem Sohn einen wütenden Blick zu.
»Du hättest dich ebenfalls mit der Karte befassen können, Protasius. Dann hättest du die Spitzkehre früh genug bemerkt.«
Waldgruber junior legte mit einer heftigen Bewegung sein Besteck nieder und sagte mit dennoch ruhiger Stimme: »Papa, das habe ich getan, aber du hast darauf bestanden, das Gebetbuch zu führen.«
Ich verhielt mich ganz ruhig und unauffällig. Zwischen Vater und Sohn schien ein heftiger Streit zu schwelen, der mit kleinen, aber schmerzhaften Nadelstichen geführt wurde. Papa Waldgruber aber bemerkte mein Schweigen und begann, sich überschwänglich dafür zu entschuldigen, dass ich Zeuge einer kleinen familiären Missstimmung sein musste.
»Wir verstehen uns ansonsten ganz ausgezeichnet, mein Sohn und ich. Und natürlich werde ich weiterhin sein Streben unterstützen, diese Rallye mit Anstand zu absolvieren.«
»Natürlich, Herr Waldgruber. Auch Ausdauer und Beständigkeit haben ihren Wert«, murmelte ich. Aber der Lorbeerkranz
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