Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Rumtreiber!«
»A… aber …«
Fritz erhob sich zwangsweise aus dem Lager aus Autoreifen, denn er hing an seinem Ohr.
»Frisst für drei und hält dann sein Mittagsschläfchen, statt zu arbeiten. Hat Charlie nüscht zu tun für dich? Steht da nich een Auto zum Abschmiern? Haste jesumpft heut Nacht? Mit dem Motorradfatzke rumkarjolt?«
»Hab ick nich!«
»Haste doch. Hab dir jehört, um dreie biste rumjepoltert!«
Je wütender Minna wurde, desto mehr verlor sie ihre vornehme Sprache, und Fritz wusste das als Warnung zu würdigen. Immerhin hatte sie sein Ohr losgelassen, aber mit den Fäusten auf die Hüften gestützt und auf den Zehen wippend, wirkte sie wie ein wütender Bullbeißer.
»Ick hab doch nur …«
»Lüg mir nich an, Freundchen. Mit dicken Klüsen biste schon runterjekommen. Und so wat kricht noch Jeld dafür!«
»Was ist los, Minna?«
Das Gezeter hatte auch Charlie aufgeschreckt, der vorne in seinem Büro gesessen hatte.
»Der junge Herr hat in der Sonne jelegen und ins Wolkenkuckucksheim jekiekt. Mit der Molle uffm Schoß hatter jeschnarcht.«
Fritz fühlte sich unter Charlies Blick ganz klein werden. Minna hatte ja recht. Er war müde gewesen. Nur zehn Minuten hatte er etwas dösen wollen. Und dann war Molle auf seine Brust gesprungen und hatte begonnen zu schnurren. Und er hatte von der Avus geträumt …
»Fritz, was ist los?«
Charlies Stimme war wie immer ruhig, und als Minna wieder zu zetern beginnen wollte, sagte er nur: »Lass den Jungen antworten.«
»Ja, ick bin einjeschlafen. Weil … ick hab doch die Nelly abjeholt. Vom Telefonamt, Charlie.«
»Und denn mit ihr rumgeschmust?«
»Nee. Nur nach Hause jebracht. Ehrlich.«
Hätte aber gerne geschmust. Hatte sich aber nicht getraut.
»Minna, das ist junge Liebe, da muss man nachsichtig sein.«
Minna brummte vor sich hin. Dann maß sie ihn noch mal mit einem strengen Blick und stapfte in ihre Küche zurück.
»Mach dir nicht unglücklich, Fritz. Die Nelly ist ein feines Mädchen.«
»Ick hab nich mit ihr rumjemacht, Charlie. Nur jeredet.«
Charlies schwere Hand legte sich auf Fritzens Schulter und drückte leicht.
»Kümmer dich um das Abschmieren. Um fünf sollste zum Sammelplatz kommen, der Hinek Henske will euch einweisen.«
»Is jut, Charlie.«
Fritz war erleichtert, dass seine Verfehlung offenbar nicht weiter bestraft wurde. Früher, in Berlin, hätte es ordentlich Senge vom Meister gegeben. Und müde war er jetzt auch nicht mehr. Später, bei den Streckenposten, da würde er vielleicht doch seine Wette machen.
Denn von Nelly hatte er einiges zu dem Ablauf der Rallye erfahren.
Der Chef der Rennleitung in einem Kaff in der Eifel hatte mit Henske telefoniert. Und Henske, das wusste er jetzt, war hier der Chef. Und die hatten sich über den Stand der Teilnehmer unterhalten. Nelly hatte es mitgeschrieben. Für ihn, für Fritz Papke. Und darum wusste er jetzt schon, dass von den fünfundsiebzig Fahrzeugen, die in Paris an den Start gegangen waren, bisher acht aufgegeben hatten. Gut dagegen hielten sich vor allem der Horch mit dem Oberst – Fritz erinnerte sich an die unhöfliche Begegnung mit dem Fahrer –, der Benz, der von einem Reifenfabrikanten gesteuert wurde, ein Citroën mit – Mann, mit Gregoire Latour am Steuer. Der Name sagte Fritz eine ganze Menge, seit er die Rennberichte in den Automobilzeitungen gelesen hatte. Der Steyr mit den Schweizer Geschwistern Obeli hatte auch noch keine Strafpunkte erhalten, ebenso wenig die Waldgrubers auf Amilcar. Ein Bugatti und ein Renault lagen auch noch ganz gut im Rennen. Aber besonders freute sich Fritz, dass er in seiner Einschätzung des Ford T richtiggelegen hatte. Der hatte nämlich bisher die drittbeste Wertung erreicht. Den Namen Alasdair MacAlan musste man sich merken.
Das Öl war in die Stutzen eingefüllt, die Zündkerzen noch einmal abgewischt, die Scheibe gereinigt. Fritz setzte sich ans Steuer des Dürkopp und startete den Motor. Brummte gleichmäßig, rollte sacht von der Rampe. Geschickt parkte er ihn ein, sodass sein Besitzer ihn später ohne zu rangieren aus dem Hof fahren konnte.
Dann räumte er die Werkzeuge zusammen und putzte den Boden.
Nelly hatte ihm noch einen Floh ins Ohr gesetzt. Weil er sich doch so über den Erfolg des Fords gefreut hatte. Angeblich hatte schon einmal ein derartiges Modell eine Rallye gewonnen. Dieses Jahr. Er musste unbedingt die älteren Ausgaben der Automobil Zeitung durchstöbern.
Zwei Fahrzeuge waren noch aufzutanken,
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