Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Geburt hatte er im Kölner Dreigestirn die Jungfrau gegeben, und einmal hatte er sich uns in seinem Kostüm präsentiert. Sein Bruder Adolf war vor ihm der erste Prinz Karneval gewesen und hatte für die roten Funken den Funkenmarsch gedichtet, der stets bei ihrem Aufmarsch in der fünften Jahreszeit gespielt wurde.
Von diesen jecken Umtrieben der Besitzer spürte man jedoch nichts an der Rezeption. Dort wurde ich höflich empfangen, bekam meine Zimmernummer genannt und den Hinweis, dass Madame Geraldine du Plessis bereits eingetroffen sei. Ich folgte dem jungen Pagen, der sich meines Gepäcks angenommen hatte, in den zweiten Stock. Keine Suite, nur ein schlichter Raum ohne Domblick. Hätte ich mich bei Julius Metz mit meinem Namen gemeldet, hätte ich vermutlich ein eleganteres Zimmer bekommen. Aber ich wollte Erinnerungen vermeiden, also hatte Geraldine du Plessis das billigste reserviert.
Wir erreichten die schimmernde Holztür mit der Messingnummer 97, und auf mein Klopfen hörte ich nur ein unwilliges »Wer da?« hinter der Tür.
Als ich antwortete, dauerte es eine Weile, bis eine mürrische Geraldine mir öffnete. Sie war im Morgenrock, ihre Haare zerwühlt, die Wangen voller Plumeau-Falten.
»Bin erst um acht ins Bett gekommen«, knurrte sie mich an, warf sich wieder auf die Matratze und zog die Decke über sich.
»Hättest mit mir fliegen können«, sagte ich leise und packte meine Sachen aus. Es würde gleich noch mehr Ärger geben, denn ich musste dringend meine Artikel verfassen. Das Klappern der Schreibmaschine störte auf jeden Fall Gerrys Schlummer.
Andererseits, das Hotel hatte sicher einen Telegrafen. Vielleicht konnte ich meinen Bericht direkt diktieren. Oder ich bekam eine Telefonverbindung mit der Redaktion. Ja, das war die beste Lösung.
Also gönnte ich mir erst einmal den Besuch des luxuriös ausgestatteten Badezimmers am Ende des Ganges. Die Hälfte der Zimmer hatten ein eigenes Bad, unseres jedoch nicht. Aber ich blieb ungestört eine halbe Stunde in der Wanne liegen und genoss das schaumige, heiße Wasser. Geraldine war aufgestanden, als ich zurückkam, aber sonniger war ihre Laune nicht geworden.
»Ich habe eine Verabredung«, sagte sie und drückte auf den Ballon ihrer Parfümsprühflasche, um sich einzunebeln. »Du kommst ja alleine klar.«
»Mit wem triffst du dich?«
»Mit ein paar Leuten.«
Also gut, sie wollte ein Geheimnis daraus machen. In der Stimmung, in der sie sich jetzt befand, hatte es keinen Sinn, weiter zu fragen. Die Laus, die ihr über die Leber gelaufen war, hatte offensichtlich Kampfstiefel an. Ich nickte deshalb nur und widmete mich meiner Frisur. Gerry, von einer Wolke My Sin umwabert, wogte aus dem Zimmer.
Auf der Frisierkommode lag ein Umschlag, aus dem einige Fotoabzüge ragten. Ich nahm sie heraus und betrachtete die Aufnahmen. Der Corso vor dem Arc de Triomphe war beeindruckend, einige andere Aufnahmen von Fahrern, siegesgewiss winkend, gefielen mir auch. Es folgten die Aufnahmen, die sie aus der Luft gemacht hatte – die lange Schlange der Automobile, die sich durch Felder und kleine Ortschaften wand, die in eine Schafherde eingepferchten Fahrzeuge brachten mich zum Lächeln, der parc fermé von Épernay war auch gut getroffen. Darunter fand ich Bilder von der zerklüfteten, trostlosen Landschaft um Verdun, dann solche, die sie auf der Fahrt durch die Eifel gemacht haben musste. Zwei Unfälle, einer mit Wildschwein, waren darunter. Aber auch ein atemberaubender Blick von einer Anhöhe, die staubbedeckte Fahrzeuge erklommen hatten. Ich legte die Fotos zurück und überlegte mir, wie ich sie später in meine Artikel mit einfügen konnte. Jetzt aber war Mittagszeit, und nachdem ich das Zimmermädchen gebeten hatte, sich meiner Wäsche anzunehmen, beschloss ich, das Telefonat anzumelden und mir einen Imbiss zu gönnen.
Der Service im Dom-Hotel war wirklich ausgezeichnet. An der Rezeption versprach man mir, augenblicklich eine Verbindung nach Berlin herzustellen. Während der Angestellte sich darum bemühte, schwang die Tür auf, und eine abgerissene Gestalt wehte in das Foyer. Eine Frau in einem schwarzen, langen Mantel, einen grauen Strickschal um Kopf und Schultern gewickelt, eine schäbige Gobelintasche in der Hand, trat an die schimmernde Holztheke, streckte die Hände aus, klammerte sich daran fest und sank in die Knie.
Ich fing sie auf, gerade bevor sie lang auf den Boden schlug.
»Vorsicht. Kommen Sie, setzen Sie sich.«
Ich bugsierte sie zu
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