Triumph des Himmels: Historischer Roman (German Edition)
Nicken mit dem Kopf, und zwei Pagen sprangen herbei, um sich um mein Gepäck zu kümmern, und willenlos ließ ich mich von ihr in den Damensalon führen. Ich sank auf das blassrosa Sofa, sie setzte sich mir gegenüber in einen Fauteuil. Jemand stellte eine Tasse Tee vor mich.
Mit beiden Händen nahm ich die Tasse hoch, noch immer zitterten sie so, dass ich Angst hatte, das Getränk zu verschütten. Süß war der Tee, und ja, er half mir. Ich nahm mein Gegenüber etwas deutlicher wahr.
Frau Heinemann trug ein graues Seidenkleid, schlicht, aber elegant geschnitten, eine Perlenkette lag um ihren Hals, und ein goldener Ring steckte an ihren manikürten Händen.
»Der Mann an der Rezeption war ein Idiot«, sagte ich heiser.
»Ich hörte, dass er inzwischen Hofdienst zu verrichten hat. Aber man muss vielleicht Verständnis haben. Ich machte keinen guten Eindruck auf ihn.«
»Gastwirte, Frau Heinemann, sollten Gastfreundschaft nicht vom Aussehen der Person abhängig machen.«
»Eine freundliche Einstellung, junge Frau. Verraten Sie mir Ihren Namen?«
»Emmalou … Emmalou Schneider.«
»Fräulein Emmalou, was für ein hübscher Name. Und nun, meine Liebe, berichten Sie mir, was Sie so tief erschüttert hat, dass Sie bleich wie der Tod im Aufzug standen.«
»Der Tod«, entfuhr es mir. »Der Tod, Vernichtung, Verrat und Betrug.«
Ich stützte meinen Kopf in die Hände. Tränen kamen nicht, aber mir war innerlich so kalt.
Das Polster neben mir sank ein, ein Arm wurde mir um die Taille gelegt. Mir war so elend zumute. Ich lehnte meinen Kopf an die Schulter der Frau. Für eine Weile wurde alles still um mich.
»Erzähl es mir, Emmalou«, hörte ich sie leise sagen. Und wie eine heiße Welle überkam mich die Erinnerung an Mama. Auch sie hatte mich immer zu trösten gewusst, auch sie hatte mir zugehört, als Welten zusammengebrochen waren. Mama war tot.
Und endlich flossen die Tränen.
Ich wurde fester umarmt, ein Spitzentaschentuch mir in die Hand gedrückt.
»Emmalou, Emmalou, armes Mädchen.«
Ich drückte das Tuch an meine Nase und hob meinen Kopf ein wenig von der Schulter.
»Ich weine Sie ganz nass.«
»Das ist nicht schlimm. Die Trauer muss aus dir herausfließen. Du hast sie viel zu lange versteckt.«
Das hatte ich, ohne Zweifel. Ich hatte es getan, weil ich sonst nicht hätte weiterleben können. Jemand legte ein großes weißes Herrentaschentuch neben meine Teetasse. Dankbar nahm ich es, um mir das Gesicht abzutupfen.
»Können Sie darüber reden?«
Ich schüttelte den Kopf, aber dann zupfte ich den zerlesenen Brief aus meiner Rocktasche und gab ihn ihr.
»Allmächtiger Gott«, flüsterte sie. »Hat man Ihnen dieses Schreiben eben zukommen lassen?«
Ich nickte.
»Page, geben Sie Herrn Maier Bescheid, dass unser Treffen anderntags stattfinden muss. Und bringen Sie das Gepäck von Fräulein Schneider in meine Suite.« Und dann sagte sie zu mir: »Darüber sollten wir nicht hier sprechen. Kommen Sie.«
Ich wurde am Ellenbogen genommen und sanft zum Aufzug geführt. Frau Heinemann schwieg, bis wir ihr Zimmer erreicht hatten. Dort bugsierte sie mich in einen Sessel am Fenster und setzte sich mir gegenüber hin.
»Wer war Titus, Emmalou?«
»Mein Verlobter.« Meine Stimme war ganz rau, aber es musste heraus. »Wir haben uns im Krieg kennengelernt. Bisher habe ich geglaubt, er sei gefallen. Man hat mich nicht benachrichtigt. Nur seine Eltern. Ich habe erst Monate später erfahren, dass er nicht mehr lebt.«
»Wer ist Geraldine?«
»Seine Schwester.«
Schweigen.
Dann: »Hölle, Tod und Verdammnis!«
»Ich hatte gedacht, sie sei meine Freundin.«
»Verrat und Betrug, ich verstehe.«
»Und noch einiges mehr.«
Ich richtete mich ein wenig auf.
»Meine Eltern starben neunzehn. Titus’ Eltern luden mich im Jahr darauf ein, nach Berlin zu kommen. Ich begrüßte den Abstand zu meinem Zuhause. Ich wollte nicht weiter in Trauer leben. Aber …«
»Aber sie war immer da. Woher stammen Sie?«
»Aus Godesberg. Meine Eltern führten ein kleines Kurhotel.«
Frau Heinemann ließ den Zimmerkellner eintreten, der einen Krug Saft und ein Körbchen Gebäck auf den Tisch zwischen uns stellte. Dankbar trank ich einen Schluck.
»Wie kommt es, dass Sie und diese Geraldine sich hier in Köln aufhalten?«
Das war leichter zu erzählen. Ich berichtete vom Bunten Blatt, der Rallye und meinem Auftrag, sie mit dem Flugzeug zu begleiten.
»Aber auch da werden mir ständig Schwierigkeiten gemacht. Oder ich mache sie
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