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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Trojaner, seit vielen Jahren immer das Finstere zur Wahrheit werde, brauche man keine bedeutenden Sehergaben. Den Tod vorhersagen, der jeden ereilt? Krankheit, die so gewiß kommt wie der nächste Sonnenuntergang? Gemetzel in einem Krieg? Wahrlich, ein Seher, der zu Beginn eines Kriegs verheißt, es werde kein Gemetzel geben, mag sich zwar einer goldenen Zunge berühmen, hat aber keine Ahnung von Kriegen…
    Einige Tage darauf kamen Männer der Leibwache von Hektor; sie brachten Kisten, die wir erst öffneten, als niemand uns beobachten konnte, und nahmen die Waffen mit sich.
    So saßen wir denn im neuen Teil der belagerten Stadt, auf einem ungeheuren Goldschatz, der wertlos war, denn in ganz Troja hätten wir nichts Wertvolles dafür kaufen können. Man könnte, sagte Tsanghar, die etwa neunzig Talente Gold auch in den Simois werfen.
    Später, nicht viel später, allzu bald darauf habe ich geweint, weil wir dies nicht getan hatten. Vor allem ein Stück aus dem Goldschatz… Damals war ich ein Jüngling, Djoser; ich habe wirklich geglaubt, ohne dieses Stück und das, was mit ihm geschah, wäre das Grauen nicht über die Stadt gekommen.
    Heute weiß ich, was Tashmetu damals schon wußte und sagte. Odysseus hätte sich etwas anderes ausgedacht; das Kunstwerk aus Gold war ein Hilfsmittel, mehr nicht, und wenn es im Simois gelegen hätte, wäre der Ithaker zweifellos mit einer anderen Sache gekommen.
    So fraß schließlich der Drache den Löwen; aber diesen Teil der Geschichte kennst du ja.

14. SCHWARZE PFEILE
    Zum ersten Mal, seit sie in der Stadt waren, regnete es nachts ein wenig; genug, um die Schläfer vom Dach zu scheuchen, aber nicht genug, um das Dach zu erproben. Kurz nach Sonnenaufgang stieg Ninurta wieder hoch, um zu sehen, was der Tag vielleicht brachte. Er kam gerade rechtzeitig, um die Lagerfeuer der Achaier, die die Ebene sprenkelten, in immer dichterem Nebel verschwinden zu sehen.
    Tashmetu mißbilligte sein Vorhaben, die Neustadt zu verlassen; sie wollte, mit den anderen, von der Mauer aus dem Zweikampf zusehen.
    »Was soll denn sein?« sagte der Assyrer. »Beide Seiten werden dafür sorgen, daß niemand sich an die Abmachungen hält. Wir sind schon rechtzeitig zurück, keine Sorge.«
    Tashmetu blies über den Napf mit heißem verdünnten Bier, in dem Körner trieben. »Hoffentlich ist Tsanghar stark genug, um dich von leichtsinnigen Wanderungen abzuhalten.«
    »Mir sind gewisse Schwächungen geschehen«, murmelte Tsanghar. »Erhebungen des Leibes, gewissermaßen, und Bedrückungen des Gemüts. Sie redet zwischendurch von Gemetzel und Untergang, als ob es ihre Lust steigerte.« Er hatte die Nacht mit Lamashtu verbracht; die Babilunierin ließ sich nicht blicken.
    »Alles dicht, draußen«, sagte Korinnos, der sich auf den Platz gewagt hatte. »Alle wollen zusehen; bis die sich verlaufen haben, ist die Sache vorbei.«
    Ninurta stand auf und nickte Tsanghar zu. »Dann gehen wir über die Dächer. Bis später, Liebste. Bleib mir gewogen, auch wenn ich deinen Rat nicht befolge.«
    Tashmetu brachte ein verunglücktes Lächeln zustande.
    Das lichte Labyrinth der Dächer entsprach dem dunkleren am Boden. Mehrmals mußten sie umkehren, weil sie in Sackgassen geraten waren: Stellen, an denen scheinbar angrenzende Dächer durch Abgründe getrennt waren, die sie nicht überspringen konnten. Einmal zogen sie sich den Zorn von Krähen zu, die zeternd aus einem Dachgarten aufflatterten; mehrfach hatten sie sich Wege durch Gerümpel, halbe Werkstätten oder übervolle Schlafräume zu bahnen.
    »Eh. Em«, sagte Tsanghar irgendwann, als sie eine gebrechliche Leiter ehrwürdigen Alters, die zwei Dächer verband, hinter sich gelassen hatten.
    »Könntest du dich genauer ausdrücken?«
    Der Kashkäer lutschte am Daumen. »Splitter«, murmelte er.
    »Lamashtu.«
    »Lamashtu ist ein Splitter?«
    »So ähnlich. Weißt du eigentlich…« Er sprach nicht weiter. Ninurta kletterte über eine halbhohe Mauer, die ohne erkennbaren Grund ein Dach halbierte. »Ich weiß, daß sie mich haßt«, sagte er dabei.
    »Ah, nein, das wäre zuviel. Sie erinnert sich durchaus mit Lust an die eine oder andere Nacht in den Bergen. Aber… sagen wir, sie versteht nicht und verachtet, was sie nicht versteht.«
    »Meine Zurückhaltung beim Umgang mit Messern?« Tsanghar gluckste. »Zurückhaltung? Ja. Sie findet, du hättest Djoser umbringen müssen.«
    »Wenn ich jeden Mann, der mit der falschen Frau schläft, töten wollte, hätte ich nicht viel

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