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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Stadt wieder aufbauten und sich mit den Einheimischen vermischten, hatten weder die Schrift abgeschafft, noch hielten sie fest an der achaischen Gepflogenheit, sich nicht zu waschen.
    Wundert es da jemanden, daß Alexandres/Paris bei Helena in gutem Ruch stand? Daß sie nicht entführt werden mußte, sondern freiwillig mit ihm ging, gefolgt von anderen Frauen ihres Hauses? Sie wäre, glaube ich, auch mit ihm gegangen, wenn Menelaos sich in Sparta aufgehalten hätte, als Paris dort erschien.
    So begann das Verhängnis, heißt es. Menelaos und Agamemnon und all die anderen achaischen Fürsten hielten sich in Knossos auf und genossen die dortigen Schwelgereien. Auch die Schwelgereien des Auges, denn Idomeneus, Herrscher von Knossos, Fürst der Kreter, konnte sich eines Vaters berühmen , der die alten Paläste und Tempel nicht niedergerissen hatte, anders als so viele Achaier. Und die Emporkömmlinge und Söhne von Emporkömmlingen staunten über all das, was geschickte Hände aus allen Ländern, vor allem aber aus Chanani-Städten wie Tyros und Sidon, dort im Lauf der Jahrzehnte geschaffen hatten.
    Was die Fürsten in Knossos taten? Ah, Freund, das ist der eigentliche Beginn der Geschichte, oder der Beginn des letzten Teils. Angeblich weilten sie dort, um das Erbe des Atreus neu zu bereden und neu aufzuteilen. Aber das Erbe des Atreus war ja längst geteilt, nicht wahr?
    Wollten sie dort feiern? Zu einem Zeitpunkt, als die Händler in den Städten schon wußten, daß Priamos, Herrscher von Ilios, seine Söhne als Botschafter ausschickte, um sich achaischer Freundlichkeit zu versichern, während er mit den Hatti Unfreundlichkeiten begann? Die Händler wußten es; Flüchtlinge von der Kupferinsel Kypros, die ihr Alashia nennt, wußten es – Flüchtlinge, deren Großeltern Mykene, Argos, Athen und andere Städte verlassen hatten, um den Achaiern zu entgehen, und die nun wieder flohen, weil die Hatti die große Insel und die Kupferstätten besetzten. Alle wußten, daß Botschafter kommen würden; und die Fürsten reisen nach Knossos, um zu feiern?
    Ob sie nicht vielleicht gereist sind, um nicht daheim zu sein, wenn Botschafter kamen? Ob sie – aber das ist eine niederträchtige Vermutung, die nur von zahllosen alten Männern in Knossos bestätigt wird – ob sie vielleicht nach Knossos reisten, um dort einen weiteren Plünderzug gegen Ilios zu beraten, die Stadt, die nach der ersten Plünderung, etwa fünfundvierzig Jahre zuvor, so schnell wieder so reich geworden war? Die Stadt des Achaiers Priamos und seiner luwischen Gemahlin Hekapa – die Stadt, in der man weder die Bildung noch das Waschen abgeschafft hatte? Die Stadt, die nun Botschafter ausschickte, die vielleicht um Beistand ersuchen sollten – Beistand von jenen, die einen Überfall planen?
    Beistand… Auch Priamos wollte Beistand leisten. Selbstlos wie alle Herrscher wollte er jenen beistehen, die durch die Hethiter von der Insel Kypros vertrieben worden waren. Selbstlos, gewiß und fürwahr; denn eine Niederlage der Hethiter hätte ihm nicht viel eingebracht, nur unermeßliche Schätze und Macht über weite Länder, und was ist das schon, verglichen mit der Wonne, vertriebene Mykeniernachkommen wieder in alte Rechte einzusetzen?
    Beistand, oder jedenfalls reglose Duldung. Beistand hatte er ja schon, oder glaubte ihn zu haben von jenem, den sie den Dunklen Alten nannten: Madduwattas, Herr des Entsetzens. Kleiner Gebietsfürst am Westrand des Hatti-Reichs, durch vielfachen Verrat aufgestiegen zum Herrscher jener Gebiete, die man Arzawa nannte, größer als Assyrien und fast so groß wie das Reich der Hatti. Madduwattas, der große furchtbare Spieler, mit allen verbündet, die ihm nützten, und frei aller Verpflichtungen, wenn es ihm nützlich schien…
    Aber nun sind wir schon weit in der Geschichte; zu weit, zu früh. Bleiben wir zunächst bei Parisiti, den sie Paris und Alexandres nannten. Bei ihm, und bei Helena der Unvergleichlichen; und bei ihrer Fahrt bis hin nach Sidon und Ugarit, wo du sie gesehen hast, Djoser.

2. GESCHMEIDE FÜR HELENA
    [1188 v. C] Das Messer glitt in Awil-Ninurtas Oberschenkel. Der kühle Händlerblick des Assyrers bemerkte, daß die Klinge aus Eisen war, zu teuer für diese Wilden. Dann kam der heiße Schmerz, der alles überdeckte.
    Sie hatten im Wald gelauert, abgezehrte struppige Männer und Frauen, die sich brüllend auf die Karawane stürzten. Treiber wehrten sich mit Knüppeln und Schwertern. Überall keilten Esel aus,

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