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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Reden und Empfindungen, sehr ungewöhnlich. Gestützt wohl auf knappe Aufzeichnungen eines assyrischen Händlers, Ninurta, und einiger anderer. Ein Mann namens Zaqarbal aus«
    – der Priester suchte offenbar einen Namen; schließlich schnipste er – »ah, Sidon, wie ihr sagt. Und von anderen aufgeschriebene Erzählungen eines weitgereisten Kriegers, Uddi-Sussu.«
    »Odysseus?« Solon schnappte nach Luft. »Kann ich sie sehen?«
    »Morgen und viele Tage danach. Diener und Schreiber des Tempels…«
    »Gib ihm doch eure schöne Schreiberin, zum Trost.« Ahiram keckerte.
    »… werden dir helfen, sie zu übersetzen und mit deinen Zeichen auf Binsenblätter zu schreiben. Aber in dieser Nacht… Soll ich fortfahren?«
    Solon nickte schwach. »Sprich, Herr des Tempels.«
    BRIEF DES KORINNOS (I)
    [1178 v. C.] Korinnos der Ilier, Zögling des Palamedes, im Frühling des neunten Jahres nach Vernichtung der Stadt – neben der Garküche des Xanthippos im Hafen von Kydonia am nordwestlichen Ende von Kreta: Katunaya auf Kefti – an den Handelsherrn Djoser, jenen derer von Yalussu, im weiß-undockerfarbenen Haus zwei Straßen nördlich des Tempels des Amun in Memphis: Men-nofer, im Schwarzen Land, Tameri, Misru.
     
    Heiles Alter, Freund, und Erfüllung aller Ruhebedürfnisse des Weitgereisten und vor der Zeit Vergreisten; Silber zur Befriedigung der unwesentlichen Gelüste, Wein und sanfte Stimmen für die wichtigen. – O Djoser:
    In wenigen Tagen wird einer deiner unerträglichen Landsleute (er hat hier den Winter verbracht, die Weinvorräte vertilgt, zwei Frauen geschwängert und meine Ohren mit zähflüssiger Rede geschändet) sein Schiff, Äsung der Bohrwürmer, nach Ersetzung etlicher Planken ins Wasser schieben und mit unredlich erworbenem Reichtum aufbrechen. Zur Minderung seines Übermuts wird er meine Flüche und dies Bündel von Binsenmark-Rollen mitnehmen.
    Ernsthaft, mein alter Freund: Willst du dich nicht dazu verstehen, deinen faltigen Arsch in Reisekleidung zu wickeln und aufzubrechen, in den Westen, wo zwar nicht die erneuerte Jugend deiner harrt, wo aber neue Dinge dein schändliches Leben in geschmeidigem Scheitern enden lassen möchten? Bis zur Mitte des Sommers wird dein Schreiben oder gar dein Leib mich hier noch antreffen; danach?
    Der geschwätzige Sidonier: im Westen, an der Küste des Libu-Landes, und später, sagte er im vergangenen Herbst, wolle er zu den großen Inseln. Der Assyrer: im Westen. So auch ich – bald, im Sommer. Nur du, seßhafter Rome, des Reisens und Handelns müde, willst dich in der Nähe eurer Tempel zu Tode öden? Segen darauf, und Hohn.
    Warte noch ein Weilchen, Djoser; die wichtigen Nachrichten, um die du gebeten hast, folgen später; ich habe im Winter zahlreiche Binsenrollen beschrieben, denen ich nun andere, minder zahlreiche, voranstelle, damit du hörst, was dir entgeht, und damit du die Aufzeichnungen über alte Dinge mit der Trauer lesen magst, die jenen befalle, der von neuen Dingen hört, ohne daran teilzuhaben.
    Im Herbst brachte ein Boot aus Ithaka Nachrichten von Odysseus, der, wie es heißt, noch immer an die Grotte denkt. Seine Herrschaft ist gefestigt, sein Gaumen dagegen locker, und die Zähne, die ihn verlassen, haben sich auf jene Reise ohne Wiederkehr begeben, die wir alle antreten müssen.
    Der Assyrer und seine Göttin werden den Winter im Haus des Langen Mannes Khanussu verbracht haben, wenn die widrigen Zufälle ihnen gewogen waren. Du erinnerst dich sicher – Khanussu der Shardanier, dessen Haus, wie er sagte, am Strand steht, in der Bucht der Hirsche, mit Blick nach Osten über das Meer zu jenem Festland Tyrsa [Italien], das angeblich die Form eines Beines samt Fuß hat? Khanussu der Bogenschütze, Seefahrer und Geschichtenerzähler von der großen Insel Sharda [Sardinien], die auch Iknusa heißt, nördlich der sehr großen dreieckigen Insel der Shekelier [Sizilien]? Shardana, Shekelet… du siehst, ich komme nicht weg von deinen Anliegen und deinem letzten Brief.
    Nun also. Die Nachrichten aus Tameri, die du mir geschickt hast, sind betrüblich; ich hatte gehofft, daß in diesen wirren Zeiten, da die alten Reiche untergegangen sind und neue sich nicht bilden wollen, wenigstens dein Land der Binsen und der Totenhäuser noch eine Weile ein Hort der zufrieden Lebenden sei. Aber die Entwertung der teuren Metalle, von der du schreibst, die zunehmende Macht der Priester, die Unzuverlässigkeit der königlichen Verwalter, der Mangel an Nahrung – Djoser,

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