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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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kamen von überall her, sobald sich herumgesprochen hatte, daß Odysseus auf Ithaka Dinge herstellt, die zum Handel taugen – feinen Wein, köstliche Schinken, Schnitzereien, Speerschäfte aus hartem Kirschholz, die nicht so schnell splittern. Achaische Fürsten kamen und suchten meinen Rat, obwohl ich noch jung war – aber ich konnte lesen und schreiben…
    Und dann hörte ich von der unvergleichlichen, der göttlichen Helena. Aber davon lieber später, nicht wahr? Zuerst… dieses. Und das auch. Später jenes.

3. DER SCHRAUBSTOCK UND DIE KIESEL
    Zaqarbal schien kaum geschlafen zu haben. Der Mann aus Sidunu stank nach eineinhalb Dutzend Duftwässern, weniger von Badern eingeknetet als bei Dirnen abgerieben; außerdem nach Wein und Bier und Gewürzen. Er hatte die Nägel der kleinen Finger dumpfrot gefärbt – ein ähnlicher Farbton wie der seiner Augäpfel und zahlreicher Flecken auf dem knielangen Leibrock aus weißem Leinen.
    »Du siehst beträchtlich erholt aus«, sagte Djoser. Er lugte über die Türme aus Tafeln – ungebrannter und gebrannter Ton, Wachs, dunkles Holz – und rieb sich die Augen. »Manche Leute verwenden ihre Kraft eben sinnvoll, wiewohl nutzlos, während andere sich nützlich machen und besinnungslos rechnen.«
    Zaqarbal gluckste. »Wie wir alle wissen, untersteht meine Vaterstadt deinen Leuten, Rome. Und wenn der Herr des Perao seine Krieger und Verwalter nach Sidunu schickt, damit sie uns das Denken abnehmen, ist es doch nur billig, wenn wir das hier genauso machen.« Mit dem Fuß schob er einen Schemel näher an Djosers Tisch und setzte sich. »Wo steckt der Herr des Unternehmens?«
    »Der Mann aus Ashur hat heute früh zahlreiche Befehle erteilt, damit die Schiffe in Hast und Hurtigkeit mit allem beladen werden, was sie fassen können. Jetzt weilt er beim edlen Rap’anu, um die Lage der Dinge zu bereden.«
    Zaqarbal gähnte. »Staatsgeschäfte am Vormittag? Widerlich. Und wieso die Eile?«
    »Später. Wenn du geschlafen hast.«
    »Ah. Hast du was zu trinken für mich?«
    Djoser musterte den anderen aus schmalen Augen. »Du siehst aus, als hättest du sämtliche Körpersäfte verloren. Ich fürchte, ich muß der Auffüllung zustimmen.« Er klatschte; als eine Sklavin erschien, wies er sie an, warmes gewürztes Bier und kaltes Wasser zu bringen.
    »Wasser?« Zaqarbal schnitt eine Grimasse. »Ich will mich nicht ertränken, sondern trinken.«
    »Weiß ich; obwohl, so wie du riechst, ertränken eine Wohltat für die Stadt und das Land wäre. Und danach? Schlafen?«
    »Schlafen, vielleicht träumen… Ah.« Mit bemerkenswert stetigen Händen nahm er den Becher, den die Sklavin ihm reichte. »Gut. – Oder liegen dringliche Dinge herum, die weggeräumt werden müssen, bevor ich schlafen darf?«
    Djoser lehnte sich in seinem Scherensessel zurück, die Hände hinter dem Kopf gefaltet, und starrte an die geschlämmten Balken der Decke.
    »Nichts Dringendes, Freund. Nur das Leben, die Geschäfte, die Lage der Welt; die Frage von Einnahmen und Ausgaben; die Ratschlüsse des Assyrers hinsichtlich dessen, was mit den Sklaven geschehen soll. Derlei Kleinigkeiten.«
    »Ich mag dich nicht.« Zaqarbal starrte ihn über den Becherrand an. »Ich kann dich überhaupt nicht leiden, Rome.«
    »Das ist nicht neu; wieso meinst du, du müßtest es jetzt erwähnen?«
    Der Sidunier rieb sich die roten Augen. »Da hat man sich nach langweiliger Reise endlich anständig ausgetobt, und was macht der Rome? Statt zu zechen oder sein Gerät in eine passende Höhlung zu schieben, hockt er da und rechnet. Lebst du, Mann?«
    »Vermutlich.« Djoser stützte die Ellenbogen auf den Tisch. Als er weitersprach, sah er den Sidunier nicht an. Aus dem großen Lagerraum nebenan hörten sie gedämpfte Stimmen, Schritte, das Quietschen verschobener Gegenstände. »Ich will dir einen Gedanken mit in den Schlaf geben, den du träumend hin und her wälzen magst.«
    »Wie viele Seiten hat dieser Gedanke, und welche sollte nach dem Wälzen oben liegen?«
    »Ein Gedanke mit vielen Seiten und Kanten – scharfen Kanten, an denen man sich schneidet, wenn man nicht vorsichtig ist.« Mit dem Kinn, dann mit einer Hand wies er auf den Durchgang zum Lager, auf Gefäße, Kisten und Ballen, die an den Wänden des kleineren Schreibraums aufgereiht waren, auf den Innenhof jenseits der drei Fensteröffnungen. »Was von alledem sollte man mitnehmen, wenn man beschlösse, soviel wie möglich mitzunehmen? Und was sollte man hier zurücklassen, wenn

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