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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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Sklaventäfelchen und sagte etwas; dann bewegte er die rechte Hand, als ob er Fliegen verscheuchen müßte.
    Tsanghar kam zu den anderen zurück. »Der Tempel des Baal , und fremde Sklaven dürfen nicht hinein.«
    »Kommt, laß uns runtergehen zum Hafen. Hier oben…« Lamashtu bewegte die Schultern, als ob sie fröstelte.
    Auf dem Weg zurück zur Unterstadt erzählte sie halblaut, was sie gehört hatte – oder glaubte, gehört zu haben. »Nur Bruchstücke, und die Sprache ist so ganz anders, aber… Es ging um einen Wunsch oder Plan, ein Gemetzel anzurichten; jemand will am Palasttor mit einer Waffe in der rechten Hand einen anderen von hinten durchbohren. So ähnlich.«
    »Und die beiden, die das gesagt haben, sind dann in den Baal-Tempel gegangen?« Adapa runzelte die Stirn. »Vielleicht gehört doch nicht alles hier dem König, oder?«
    »Bist du sicher?« sagte Tsanghar.
    »Fast. Ich habe nicht alles verstanden, aber reicht das nicht? Mir ist kalt.« Wieder bewegte sie die Schultern.
    »Bist du krank?«
    »Ein kalter Hauch«, murmelte sie. »Ich habe das schon öfter erlebt. Vielleicht ist es die Fieberdämonin, deren Namen ich trage. Immer, bevor etwas Schlimmes geschehen ist, hatte ich das.«
    Sie schwiegen, bis sie wieder in die engen Gassen der Unterstadt eingetaucht waren: Lehmgassen zwischen zweigeschossigen Häusern, viele davon mit Läden und Werkstätten im Untergeschoß; ummauerte Höfe, aus denen Kindergeschrei drang oder das Gackern von Hühnern. Auf den Gassen drängten sich bärtige Männer in langen Wollgewändern und kaum leichter bekleidete Frauen. Tsanghar, der wie Lamashtu und Adapa lediglich Sandalen und kitun trug, zupfte an seinem hellen Leibrock und sagte: »Ich komme mir fast nackt vor… Sklaventracht, scheint mir.« Mit dem Kinn wies er auf eine Gruppe ebenfalls nur mit kitun gewandeter Männer, die einen schweren Baumstamm, vermutlich als Schiffsmast gedacht, über den kleinen Markt schleppten, einen Platz am Schnittpunkt von sechs Gassen. Obst, Gemüse, Geflügel, Schafe, ein paar Ziegen – es schien der Haushaltsmarkt des Viertels zu sein, aber es gab auch Stände mit Schmuck aus Leder, Metall und geschnitzten Knochen. Neben einem Messerschleifer, der das schwere grobe Schleifrad von seinem Sohn kurbeln ließ, hatten bärtige Männer mit Ohrringen Türme aus großen Krügen errichtet und schrien unverständliche Dinge.
    »Muqannu«, sagte Adapa, nach kurzem Gespräch mit einem Ugariter. »Öl und Wein von jenseits des Meeres.«
    Es war windstill und stickig im Gedränge, aber Lamashtu fröstelte wieder. Sie überflog die Stände und Bänke mit den Augen – Männer aus dem fernen Muqannu, von der langen Insel, aus dem Pyramidenland (einer von ihnen trug eine schulterlange künstliche Mähne und schwitzte entsetzlich), Leute von Alashia, Bauern aus der Umgebung, Handwerker aus allen Vierteln – Seilmacher, Segelmacher, Gold und Silberschmiede, Tischler, Lederwerker, Spinner –, Verkäufer von Mandeln, Feigen, Datteln, Kirschen und Fischen… Wo war der Grund für die Kälte, der Anlaß des Fröstelns?
    Adapa zog die beiden zu einem langen Tisch mit wackligen Bänken. »Hunger und Durst – ich jedenfalls. Ihr könnt ja zusehen.«
    Sie tranken mit Brunnenwasser verdünnten Wein, aßen flache Brote mit gebratenem Fisch und Linsenbrei und zahlten mit Kupfersplittern, die der Herr der Schänke, zu der der Tisch gehörte, mit einer Waage und winzigen Steingewichten abwog. Einer der letzten Bissen blieb Lamashtu im Hals stecken; sie hustete, würgte und wies dann zum Nordende des Platzes.
    »Die… Kälte«, keuchte sie.
    Ein Zug Krieger, Hatti, mit Lederrüstung, schlichtem Helm, Speer und Schwert. Die Männer des fernen Großkönigs kamen offenbar aus der Oberstadt und gingen mit schweren Schritten Richtung Hafen; ein paar Atemzüge lang verstummten Geschrei, Gefeilsche, Gespräche.
    Tsanghar musterte die Frau von der Seite. »Und du bist sicher, daß du das die ganze Zeit gefühlt hast? Daß die Krieger der Grund für dein Frösteln sind?«
    Adapa gluckste. »Warum denn nicht? Hatti-Krieger… Wenn furchtbare Dinge, die in drei Monden geschehen, heute schon in der Leber eines Opfertiers zu sehen sind, warum soll dann eine, die der Fieberdämonin gehorcht, nicht Hatti von einem Ende der Stadt zum anderen spüren?«
    Lamashtu wollte sich verkriechen, aber Tsanghar und Adapa lachten nur und zogen sie weiter. Sie folgten der hochgemauerten Leitung, die Abwasser aus der Oberstadt zum Meer

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