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Troja

Troja

Titel: Troja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gisbert Haefs
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eben von mir. Aber nicht zuviel; ich nehme an, ihr wollt nicht unbedingt wissen, aus welchem Holz mein erstes Schaukelpferd gebaut war. Beginnen wir mit meiner Mutter, Antikleia, Tochter des Autolykos. Er war einer der Alten, die man heute gemeinhin Mykenier nennt, aber anders als viele hat er sehr früh begriffen, daß die Wasseruhr der alten Herrscher ausgelaufen war und nur wir kräftigen, wiewohl grobschlächtigen Achaier über die nötigen Eimer verfügten, um aus dem nimmermüden Fluß der Zeit frisches Wasser zu schöpfen und die Klepsydren aufzufüllen. Bitte? Schön gesagt? Nun ja, schön dahergesagt.
    Autolykos hatte mehrere Söhne, die nicht eben betrübt waren, als mein Vater Laertes mit den alten Bräuchen brach. Eigentlich hätte er, als Antikleias Gemahl, am Mutterort bleiben sollen – der Schwiegersohn kommt ins Haus; die Tochter geht nicht mit ihm. Aber mein Vater hielt nicht viel von alten Sitten, sondern mehr davon, neue zu ersinnen, denen seine zahlreiche Nachkommenschaft zu ehrwürdigem Alter verhelfen sollte. Also bat er Antikleia nicht, ihn zum Gemahl zu nehmen, sondern seine Gemahlin zu werden, und er nahm sie mit zu den Inseln Ithaka und Kephallenia, die sein Vater Arkeisios mit dem Speer erobert, mit dem Schwert befriedet und mit dem Pflug befruchtet hat.
    Wie? Ja, ich sagte Pflug; ich will euch aber keine Vorschriften machen. Wenn es euch gelüstet, anderes in den Mund zu nehmen, so mögt ihr das Werkzeug der Befruchtung anders nennen. Ich bleibe zunächst bei Pflug; über die kräutertragende Scholle und die lebenspendende Furche reden wir später.
    Die Inseln… Ah, grünes Ithaka, liebliches Kephallenia. Dulichion. Aber ich schwärme, statt mich zu sammeln. Mein Vater brachte also Antikleia heim, in der Hoffnung auf zahlreiche Kinder, wachsenden Wohlstand und ein Leben, in dem die Lust des Schwerts, die Wonne der Heimstatt und die Plage des Ackerbaus möglichst ungleich verteilt seien. Er erhielt, was er wollte, aber nicht so, wie er es gewünscht hatte. Das Schwert mußte ruhen, die wonnevolle Heimstatt – nennen wir sie den ersprießlichen Pfühl – trug nur zwei Früchte, so sehr Laertes und Antikleia sich auch mühen und dabei ächzen mochten: Meine Schwester Ktimene und ich waren den Eltern vergönnt, weitere Früchte trieb die Mißgunst der Götter früh ab. Und was den Acker angeht, so war er des Laertes dringlichste Muße. Ich glaube, er hat oft erwogen, das Meer nach Westen zu überqueren, um in jenem Land, das – wie es heißt – die Form eines Beins hat, kräftig aufzutreten und ohne Rücksicht auf Zehen das Schwert zu schwingen. Aber der Acker, das Vieh, die Reben… und überhaupt kein herrlicher Krieg.
    Ah, ich vergaß die Schweine, die auf Ithaka besonders gedeihen. Sie fressen die Eicheln unserer großen Bäume, und nach der Weinlese, wenn das Getrampel ein Ende hat und die Jungen und Mädchen, trunken von Jugend und Most, den Schatten der gemeinsamen Sträucher aufsuchen, naschen unsere Schweine gern von den gärenden Resten – Trestersäue, könnte man sagen. Sie singen dann bezaubernd, halten einander an den Pfoten und tanzen auf den Hinterbeinen. Zum Hüter der Schweine bestellte mein Vater seinen Freund Eumaios, und während er den Schweinen oblag, oblag ich seiner Tochter.
    Ach, die Verwegenheit der Jugend, der mannigfaltige Prunk des Suhlens!
    Außerdem, o ihr Holden, bin ich natürlich gereist. Meines Vaters Gedanken: daß ich die Furchen und grünen Hügel der rosigen Töchter von Ithakas Schweinehirten nicht mit der Welt allgemein verwechsle, daß Speerkampf und Kelter (welcher Speer? Welche Kelter!) nicht mein Dasein begrenzen. Und so zog ich hinaus… aber Schluß mit dem Singsang!
    Ich wurde an die Höfe befreundeter Fürsten geschickt. Höfe? Bauernhöfe von Ackerfürsten. Später habe ich Großvater Autolykos besucht, in seinem weißen Haus am Parnassos. Da habe ich dann begriffen, was schöner wohnen heißt. Feste Wände ohne Risse, hellgetüncht oder geschlämmt; Bodenfliesen, die nicht gleich zum Tanz abfliegen wollen, sondern in harmonischer Beschaulichkeit seßhaft sind. Beständige Tische und, ah, das Besitzen weichgepolsterter Stühle! Krüge und Becher, die weder den Trank hinterhältig absondern noch dem Trinker die Lippen zerschneiden. Männer mit sauberen Fingernägeln; Frauen, die nicht nach Stallmist duften; reine Gewänder; Wände, wie gesagt, ohne Risse – Wände, an denen statt schändlicher Lappen zur Verhehlung von Lücken

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